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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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und presste beide Knie auf meine Beine.
    »Tut mir leid«, sagte sie, und es klang fast vertraut, »aber ich lass dich nicht los.«
    »Ist gut«, brachte ich heraus. »Ich schätze, das solltest du auch nicht.« Das gesamte Szenario spulte sich nach wie vor hinter meinen geschlossenen Augen ab, und ich wusste nicht mal, wem ich eigentlich den Sieg wünschte. Ich wollte frei sein, doch Blind Michaels Bann war zu mächtig. Er besaß noch immer meine Loyalität.
    »Was bedeutet das hier?«, donnerte Blind Michael. Was vom Tross noch übrig war, formierte sich schaudernd hinter ihm. Irgendwo hinten wimmerte jemand auf und wurde zum Schweigen gebracht. Aller Augen waren auf ihren Herrn gerichtet, und auf seine Schwester.
    »Heute Nacht ist Halloween, und das Feenvolk reitet«, rief die Luidaeg. »Doch der Ritt hat Regeln, kleiner Bruder. Hast du das vergessen? Du kannst sie vielleicht missachten, aber selbst du kannst sie nicht völlig zunichtemachen.«
    »Du hast kein Recht dazu«, fauchte er, und jedes einzelne seiner Worte stach wie ein Messer in mein Herz. Ich warf den Kopf zurück und schrie. Ich war nicht die Einzige: Alle Kinder, die man von ihren Pferden gezogen hatte, schrien mit mir.
    »Schscht«, zischte die Frau, die auf mir lag. »Du musst den Schmerz durchdringen. Beiß die Zähne zusammen und schlag dich durch. Du schaffst das – ich weiß, dass du es kannst.«
    Die Luidaeg wartete, bis die Schreie verebbten, dann sagte sie: »Ich habe jedes Recht dazu, kleiner Bruder. Jedes Recht in beiden Welten.«
    »Du darfst dich nicht einmischen!«
    »Nicht innerhalb deines Reichs. Wir haben diese Regeln beschlossen, als wir herkamen, und ich habe sie stets eingehalten, selbst wenn es wehtat, sie zu befolgen, sogar als ich sah, wie du alles zerstörtest, was du je geliebt hast. Ich habe die Regeln befolgt. Doch jetzt bist du nicht in deinem Reich, kleiner Bruder. Du bist in meinem.«
    »Mein Wegerecht ist gültig! Ich habe nichts weggenommen, was dir gehört!« Diesmal waren seine Worte Schläge statt Dolche. Ich wimmerte.
    »Nicht?« Die Stimme der Luidaeg hingegen wirkte lindernd, sie heilte die Beulen, die ihres Bruders Worte geschlagen hatten. »Du hast dir eine geschnappt, die unter meinem Schutz stand. Du konntest nicht mal abwarten, bis ihre Kerze heruntergebrannt war. Du hast sie dir geholt, als sie noch mir gehörte.«
    »Alle Kinder sind mein! Die Kinder gehören grundsätzlich mir!«
    »Amandines Tochter aber war kein Kind, als du sie gefangen nahmst. Sie ist nicht dein.«
    »Mein!«, brüllte er. Diesmal schrien nicht nur die ins Licht gezerrten Kinder auf: Sämtliche Kinder im Tross wanden sich vor Schmerzen, und einige stürzten dabei vom Pferd.
    Der Schmerz war so grauenhaft, dass er den Bann erschütterte, unter dem ich stand, und ich errang die Kontrolle über meinen Körper zurück, nicht aber über meinen Geist. Der Drang, zu meinem Herrn und Meister zurückzukehren, wurde übermächtig. Aber ich wurde zu gut festgehalten, um mich zu rühren, und so schluchzte ich wild und schlug mit beiden Fäusten auf die Schultern meiner Wärterin ein. Doch so leicht entkam ich ihr nicht, und insgeheim war ich froh darüber.
    »Nicht dein!«, parierte die Luidaeg. Wind erhob sich und peitschte ihre Haare, bis sie aussah wie das wilde Meer selbst, das körperliche Gestalt angenommen hat und losgezogen ist, um jemanden ernstlich in den Arsch zu treten. »Niemals dein. Der Ritt hat Regeln, Michael, und du hast sie als Erster gebrochen!«
    »Das ist nicht fair!« Jetzt lag nichts Kämpferisches mehr in seinen Worten: Nur die kindische Bockigkeit eines Mannes, dem noch nie etwas verweigert worden war, in all den vielen Jahrhunderten seines langen, langen Lebens.
    »Familie, Freunde und blutgebundene Kameraden haben die Macht, einen Ritt abzubrechen. Einst brachen sie den Ritt unserer Mutter ab, als die Fährfrau ihr das Opfer stahl.« Die Luidaeg klang nicht zornig, sie klang gelassen und beinahe bedauernd, aber nicht zornig. »Sie brachen ihren Ritt ab. Sie können verdammt noch mal auch deinen abbrechen.«
    »Wer soll denn ihretwegen kommen?«, knurrte er böse und riss sich sichtlich zusammen.
    Da rief hinter mir eine kräftige Stimme: »Hier steht Tybalt, König der Katzen. Mein Anspruch ist älter als der deine.«
    »Cassandra Brown, Medizinstudentin«, rief eine andere Stimme. »Ich will meine Tante zurück!«
    »Quentin Sollys von Schattenhügel. Ihr müsst mir meine Freundin und Meisterin zurückgeben!« Ich

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