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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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herum und schlug meine Fangzähne in Mays Handgelenk. Sie keuchte auf, aber sie ließ nicht los. »Verdammt, Toby, nicht beißen«, sagte sie. »Das gehört sich nicht.«
    »In deinem Arm verhext er mich zu einer giftgen Viper!«, schrie die Luidaeg. Ich ließ von Mays Arm ab und wandte mich dem Klang ihrer Stimme zu, prüfte die Luft mit der Zunge. »Doch hältst du fest, so bin ich dir Kindsvater und Geliebter!«
    Wieder veränderte sich alles. Plötzlich war ich größer als May, stark, gewaltig und wütend. Sie klammerte sich an meinen Hals, die Hände unter meinem Kiefer verschränkt. Ich brüllte auf, versuchte sie abzuschütteln und schlug mit meinen Pranken nach ihr, unfähig zu irgendeinem anderen Gedanken als Freiheit. Ich musste entkommen! Gelang mir das nicht, so würde etwas Schreckliches passieren, etwas, das ich nicht verstand, aber ich wusste, dass es zum Fürchten war.
    Da stand auf einmal Tybalt vor mir und drückte mir seine Hand auf die Nase. Ich duckte mich und grollte ihn an. Er wirkte lediglich belustigt, streckte den anderen Arm aus und kraulte mich hinter dem Ohr, dabei mahnte er sanft: »Beruhige dich, kleine Löwin.« May nutzte meine Verwirrung und verstärkte rasch ihren Griff um meinen Hals. Ich wollte knurren, doch Tybalt versetzte mir einen Klaps auf den Kopf. Alle Katzen erweisen ihrem König Respekt. Für den Augenblick gehörte ich mehr ihm als Blind Michael.
    »Gute Aktion, Tybalt«, murmelte May, das Gesicht an meinem Hals.
    »Dachte ich mir«, erwiderte er. Dann kraulte er meine Kehle, und ich setzte mich hin und überlegte verwundert, ob Löwen eigentlich schnurren können.
    »In deinem Arm verhext er mich, gibt mir des Löwen Macht«, sagte die Luidaeg. Ich wandte mich in ihre Richtung und vergaß meine Lehnstreue Tybalt gegenüber. »Doch fürcht mich nicht und lass nicht los, einst endet diese Nacht.«
    Erneut vollzog sich ein Wandel, und diesmal konnte ich mich nicht bewegen. Die ganze Welt bestand nur aus May, die mich niederdrückte, und dann aus Hitze – glühender, sengender Hitze. May schrie laut auf, und mit einem Mal waren Connor und Tybalt wieder da und zwangen sie gemeinsam, mich festzuhalten.
    In der Ferne hörte ich die Schmerzensschreie von Cassandra und Quentin, vermutlich steckten sie in derselben Zwickmühle wie May, und wenn Katie eine ähnliche Hitze entwickelte wie ich, dann drückten sie sich vermutlich gegenseitig die Arme runter. Verbrennungen sind übel, aber irgendwie glaubte ich, dass Loslassen zu noch Üblerem führen würde.
    »Und macht er mich in deinem Arm zu einem glüh’nden Schwert!«, rief die Luidaeg, und ihre Worte kühlten mich. Ich konnte mich noch immer nicht rühren, doch ich spürte, wie die Arme um mich herum sich fester an mich pressten. »So halt gut fest und lass nicht los, ich bin die Schmerzen wert.«
    Die Welt veränderte sich noch ein letztes Mal, und dann war ich plötzlich ich selbst, eingeklemmt zwischen Tybalt, Connor und May. Im nächsten Moment wurde mir bewusst, dass ich nackt war. Ups, na wenn das kein Fortschritt war. »Bitte lasst mich los«, sagte ich.
    Tybalt grinste anzüglich, stand geschmeidig auf und trat zurück. Connor ließ ebenfalls los und drehte sich hastig weg, doch ich sah noch, wie er rot wurde. May schlüpfte aus ihrem Umhang und warf ihn rasch über mich. Dann stand sie auf und zog mich etwas weiter in die Mitte des Lichtkegels.
    Connor und May waren über und über mit Kratzern und Bisswunden bedeckt, und alle drei wirkten ziemlich versengt, aber niemand schien tiefere Verbrennungen abbekommen zu haben. An Mays Handgelenk sah ich zwei kleine Löcher, wo die Schlange – wo ich – sie gebissen hatte. Ich hoffte unwillkürlich, das Holinge wirklich körperlich unverwundbar waren, sonst hatten wir nämlich gleich ein neues Problem.
    Etwas entfernt weinte Katie, und ich hörte, wie Cassandra mit Quentin schimpfte. Ich gestattete mir ein kleines, müdes Lächeln. Anscheinend war ich nicht die Einzige, die wieder sie selbst war.
    »Zuletzt bin ich in deinem Arm ein Ritter ohne Kleid«, sagte die Luidaeg. Dann änderte sich ihr Tonfall, und sie hörte auf, in Reimen zu sprechen. »Das war’s, kleiner Bruder, du hast verloren, und nach deinen eigenen Regeln kannst du sie nie mehr anrühren.« Ihre Robe war schwarz geworden, und sie sah aus wie ein Loch in der Nacht. Blind Michael wirkte daneben geisterhaft, ganz weiß und voll glimmender Asche. Und Acacia stand neben ihm wie ein goldenes

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