October Daye: Nachtmahr (German Edition)
kann Jin etwas machen.«
»Lass sie gehen, Stacy. Bitte. Lass Toby sie mitnehmen.« Mitch kniete nieder und legte ihr die Hand auf die Schulter, umschloss sie fest. »Sie wird sie wieder nach Hause bringen. Sie wird sie alle wieder nach Hause bringen.«
Schluchzend setzte Stacy sich auf, schlang die Arme um Mitchs Nacken und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust.
Mitch nickte mir zu und wies mit dem Blick auf Karen. Ich trat rasch an die Couch und hob Karen in meine Arme, ohne den Schmerz in meinen Händen zu beachten. »Ich rufe euch an«, sagte ich. Cassandra hatte die ganze Zeit geschwiegen, klug genug, sich nicht einzumischen.
»Bitte.« Mitch hielt die Arme eng um Stacy, hielt sie fest und tröstete sie.
Spike saß mit geglätteten Dornen an der Haustür. Er schien sich gefasst zu haben. Ich war froh, dass das wenigstens auf einen von uns zutraf. »Lasst Anthony vorerst nicht in sein Zimmer zurück. Das ist gefährlich. Und Finger weg von den Fenstern.«
Mitch runzelte die Stirn. »Er kann fürs Erste bei uns schlafen. Es wird ihm vielleicht nicht lieb sein, aber er wird es tun, und es könnte dazu beitragen, dass Stacy sich besser fühlt.«
»Gut. Ich weiß nicht genau, was mit dem Zimmer nicht stimmt, aber ich will ihn da nicht haben.« Ich blickte auf Karen runter. »Es ist dort nicht sicher.«
»Ist irgendwer von uns sicher?«
»Ich weiß es nicht«, sagte ich.
Mitch starrte mir nach, als ich mich umwandte und ging. Es gab nichts mehr zu sagen, jeder Abschiedsgruß hätte viel zu endgültig geklungen. Spike hielt sich dicht an meinen Fersen, als ich mit Karen auf den Armen zum Auto ging. Drinnen im Haus begann Stacy laut zu heulen. Ich schrak zusammen, aber niemand kam heraus.
Ich brauchte zehn Minuten, um Karen auf dem Beifahrersitz zu verstauen und festzugurten. Die Verbände machten meine Hände ungeschickt, und der Schmerz wurde immer schlimmer. Brandwunden schmerzen lange. Es kam immer noch niemand aus dem Haus. Als sie endlich angeschnallt war, sprang Spike auf Karens Schoß, und ich stieg ein und fuhr los.
Kapitel 4
I ch musste feststellen, dass es nicht leicht ist, tagsüber im Golden Gate Park einen Parkplatz zu finden. Am Ende war ich gezwungen, direkt an einem Imbiss zu parken, indem ich den Wagen zwischen die Mülltonnen und die Rückseite der Bude quetschte. Ich versuchte möglichst behutsam zu rangieren, dennoch traf ich mindestens zweimal kräftig die Wand. Ich bin hart zu meinen Autos. Das aktuelle war ein ziemlich zerschrammter brauner VW -Käfer voller politischer Aufkleber, die schon überholt waren, bevor ich verschwand. Immerhin fielen die neuen Beulen nicht besonders auf.
Ich stieg aus und schloss die Tür ab, dann drehte ich mich schwungvoll um. Ich hatte nicht erwartet, dass dort jemand stand, deshalb stieß ich heftig mit Tybalt zusammen. Rasch packte er mich an den Schultern und stützte mich, bis er sicher war, dass ich nicht umfiel.
Ich entzog mich seinem Griff und trat einen Schritt zurück. »Tybalt.«
»October.« Sein Gesichtsausdruck war so beherrscht, dass er unergründlich wirkte. »Du treibst dich ja an interessanten Orten herum. Ich wusste gar nicht, dass du eine Vorliebe für den Geruch von ranzigem Frittierfett hast.«
»Es gab keinen anderen Parkplatz«, blaffte ich und ging an ihm vorbei zur anderen Seite des Autos. Ich öffnete die Beifahrertür und mühte mich damit ab, Karens Sicherheitsgurt zu lösen. Spike lag zusammengerollt auf ihrem Schoß. Er zwitscherte mich an, dann sprang er aufs Pflaster und baute sich dornenrasselnd vor Tybalt auf. »Was willst du?«
»Ist das Vergnügen deiner Gesellschaft nicht genug?«
Mit schmalen Augen blickte ich auf. »In letzter Zeit anscheinend nicht, oder?«
»Weißt du was, während meiner kurzen Abwesenheit habe ich fast vergessen, wie sehr du mich frustrierst.« Tybalt seufzte. »Ich hatte meine Gründe. Es tut mir leid, wenn mein Fernbleiben dir Verdruss bereitet hat.«
Angesichts des Aufwands, den ich über die Jahre getrieben hatte, um Tybalt möglichst aus dem Weg zu gehen, fiel mir darauf beim besten Willen keine gute Antwort ein. Ich begnügte mich damit, eine Hand auf Karens Schulter zu legen und ein finsteres Gesicht zu machen.
Wenn er will, kann Tybalt die nervtötendste Person sein, die ich je kennengelernt habe. Und da er eine Katze ist, will er das oft. Er war ein reinblütiger Cait Sidhe, mächtig genug, um seinen Rang als hiesiger König der Katzen zu behaupten – was in Anbetracht der
Weitere Kostenlose Bücher