Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
Vom Netzwerk:
schätzen.«
    »Besser er als ich.«
    Luna lachte, trat heran und reichte mir die Hand. »Komm mit, Sylvester wird mit dir sprechen wollen.«
    »Ich liebe es, meinem Lehnsherrn gegenüberzutreten, wenn ich angezogen bin wie eine Vollidiotin und mir gerade auf seinem Fußboden den Schädel angeschlagen habe«, grummelte ich und ließ mich von ihr hochziehen. »Aber es ist trotzdem gut, denn ich will auch mit ihm reden.«
    Ihr Lachen erstarb und nahm das Licht in ihren Augen mit. »Ich dachte mir schon so etwas«, sagte sie leise. »Ich hatte gehofft, jemand anders würde … aber es spielt keine Rolle. Komm mit.«
    Mit Spike an der Brust drehte sie sich um und schritt durch den Korridor davon, völlig sicher, dass ich ihr folgte. Verdutzt von ihrem Stimmungswechsel tat ich es. Sylvester musste erfahren, was los war.

Kapitel 7
    S chattenhügel ist der größte Mugel, den ich je gesehen habe, und es ist leicht, hier verloren zu gehen. Ich bin nicht sicher, ob er sich ständig verwandelt, wenn gerade niemand hinsieht, aber ich wäre nicht überrascht. Immerhin reden wir hier von einem weitläufigen Herrensitz in den Sommerlanden, groß genug, um Sylvester, Luna, ihre Tochter und deren Mann zu beherbergen sowie sämtliche Ziehkinder, die Dienerschaft, den ganzen Hofstaat und Lunas gesamte Gärten. Eigentlich ist es ein Wunder, dass das Anwesen nicht noch größer ist.
    Luna führte mich den Korridor hinab und in einen Saal, dessen Wände aus herabfallendem Wasser bestanden. Sie sagte kein Wort, drückte Spike an ihre Brust und sah starr geradeaus, als hätte sie Angst, ihr Kopf könnte abfallen, wenn sie ihn bewegte. Sogar Spike wirkte kleinlaut. Er lag völlig passiv in ihren Armen, den Kopf unten und die Stacheln flach an den Rücken gelegt. Das schien mir kein gutes Zeichen.
    »Luna … ?«
    »Bitte, October.« Sie blickte mit schmerzerfüllter Miene über die Schulter zurück. »Gib mir nur einen Moment. Bitte. Es wird alles erklärt werden.«
    Diese Antwort beunruhigte mich noch mehr. Dennoch verhielt ich mich ruhig und folgte ihr aus dem Wasserfallsaal in eine weite Halle, die mit Dunkelheit gefüllt war. Hier gab es keinen sichtbaren Boden. Türen schwebten hier und dort in der Luft, ohne Rücksicht darauf, wo sich die Wände des Raums logischerweise befinden müssten. Luna schritt auf die nächste Tür zu, öffnete sie, trat hindurch und verschwand auf der anderen Seite im Nichts. Na herrlich. Ich fluchte. Wenn es etwas gibt, was Faerie dazu verdammt, eines Tages nur noch aus Kitsch und Fantasy-Klischees zu bestehen, dann ist es die Schwäche der Reinblüter für solche Spezialeffekte. Ich raffte mein Gewand und folgte ihr.
    Die Dunkelheit zerbarst in gelbe und türkise Scherben, bevor sie sich in das saftige Grün eines englischen Landgartens verwandelte. Luna und ich standen auf einem schmalen Kopfsteinpflasterweg, der sich in unendlich viele Richtungen verzweigte und um Bäume und Bildhauerkunst herumwand. Hohe Farne überwuchsen den Weg und warfen spitze Schatten auf die Steine unter unseren Füßen. Wie in einem richtigen englischen Garten war alles so kunstvoll gepflegt, dass es wirkte, als müsse gar nichts gepflegt werden. Dicke Gardenien und Gladiolen nickten mit ihren Köpfen im Schatten des kletternden Efeus und der Geißblattranken, während Trichterwinden sich um eine Liebesschaukel schlängelten. Marmorne Statuen ragten aus den Ecken, halb begraben unter dem schweren Grün.
    »Der ist neu«, sagte ich und sah mich um.
    »Er ist sehr, sehr alt«, berichtigte sie. »Ich hatte ihn für eine gewisse Zeit versiegelt, um die Bäume wachsen zu lassen. Er schien mir angemessen für den heutigen Tag.«
    Ich bedachte sie mit einem Seitenblick. »Luna, was ist los?«
    »Komm einfach mit«, sagte sie und begab sich auf die nächste Abzweigung des Wegs. Spike blickte mich in deutlicher Erwartung über ihre Schulter zurück an. Mit einem Seufzer folgte ich ihnen.
    Die Chancen stehen schlecht, dass ich jemals einen eigenen Mugel haben werde – Wechselbälger bringen es gewöhnlich nicht zu dieser Art von Anwesen – , aber sollte es doch dazu kommen, dann platziere ich in allen Ecken Landkarten mit »Sie befinden sich hier«-Pfeilen. Wenn ich Luna aus den Augen verlor, war ich hoffnungslos aufgeschmissen. Angesichts der aktuellen Herausforderung schien mir das ganz und gar nicht ratsam.
    Wir gingen nicht weit. Nachdem wir ein von Rosenbüschen umgebenes ornamentreiches Vogelbad umrundet hatten, standen wir auf

Weitere Kostenlose Bücher