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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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genauer hin. Ein Stück hinter uns auf dem Freeway fuhr ein halbes Dutzend Motorräder, wechselte die Spur, fiel zurück, schloss auf, aber ließ uns nie aus den Augen. Die Biker an sich hätten mich nicht aus der Ruhe gebracht – es gab jede Menge Motorradgangs in der Gegend um San Francisco – , aber sie hatten sich eindeutig an uns drangehängt. Und das war doch unmöglich. Ehe wir die Luidaeg verließen, hatte sie einen Sieh-nicht-her-Zauber über das Auto gelegt. Sie ist Maeves Tochter. Wir hätten so schwer zu erkennen sein müssen, dass wir einen Unfall bauen konnten, ohne dass jemandem unsere Anwesenheit auffiel. Und wir wurden verfolgt? Das konnte nur bedeuten, dass irgendetwas ganz, ganz falsch lief.
    Ohne wegzusehen, flüsterte ich die Anfangszeilen von Romeo und Julia . Connor warf mir einen besorgten Blick zu. Ich hob eine Hand, damit er still blieb, und konzentrierte mich auf die Biker. Der Geruch von Kupfer und geschnittenem Gras stieg auf, dann waberten die Umrisse der Biker im Rückspiegel und deuteten die Form von Hörnern und Äxten an. Wo eben noch Motorräder dahingebraust waren, ließen sich jetzt galoppierende Pferde erahnen. Ich zischte die nächste Zeile, und das Spiegelbild wechselte vollends zu einer Reihe dunkler Reiter, die ihre Rösser mit unnatürlicher Geschwindigkeit den Interstate 80 entlangtrieben. Kalifornien hat sicherlich seine schrägen Seiten, aber mörderische Fae-Reiter gehören normalerweise nicht dazu. Dies war ganz klar Blind Michaels Jagdtruppe.
    Ich riskierte einen Blick über die Schulter und sah eine Formation ganz normaler Motorräder hinter uns. Mein Zauber erstreckte sich nur auf das Spiegelbild. »Connor?«
    Spike hob den Kopf und folgte meinem Blick. Dann fauchte er scharf, sprang auf die Sitzlehne und rasselte heftig mit seinen Dornen. Das war der Beweis: Ich bildete mir nichts ein.
    »Was?«, fragte Connor.
    »Guck mal bitte in den Rückspiegel.«
    Er sah auf und erstarrte. »Ach du liebe Güte.«
    »Ja.« Ich prüfte die Lage. Die Kinder schliefen größtenteils, ausgestreckt auf Sitzen, deren Ausdehnung eher in einen Schulbus gepasst hätte. Wenigstens war dem Wagen von außen nichts anzumerken. »Achte du auf die Straße. Ich lass mir was einfallen.«
    »Gut«, sagte er und konzentrierte sich aufs Fahren. Seine Schultern waren steif vor Anspannung, aber er verließ sich auf mich. Guter Mann.
    May, die Jessicas Haare flocht, sah auf und runzelte die Stirn. »Was ist los?«
    »Sei still, ich muss nachdenken.«
    »Meinetwegen.« Sie zuckte die Achseln und wandte sich wieder Jessica zu, die zwischen ihre Knie gekuschelt tief und fest schlief. Andrew sah ihnen zu, den Daumen im Mund, an den dösenden Raj gelehnt. Ein wirklich niedlicher Anblick, wären da nicht die rasch aufrückenden Biker gewesen. Sie waren zu siebt, und jetzt, wo ich wusste, wie sie wirklich aussahen, bemerkte ich auch das zunehmende Flackern ihrer Tarnung, weil ihr Schutzbann durch die Eisenträger der Brücke und das fließende Wasser unter uns geschwächt wurde. Bis wir die andere Seite erreichten, würde ihre Tarnung vermutlich zusammenbrechen, aber dann würde das nichts mehr ausmachen – bis dahin hatten sie uns sicher eingeholt und konnten uns kassieren. Ich bezweifelte irgendwie, dass sie aufgeben würden, nur weil sie sichtbar waren. Blind Michael war es vermutlich ziemlich schnurz, was die Sterblichen zu sehen bekamen. Die Ära der Scheiterhaufen hatte durchaus ihre Gründe gehabt. Sollte sie sich je wiederholen, so wird es auch dafür gute Gründe geben.
    »Sind wir schon an der Ausfahrt Yerba Buena vorbei?« Ich musste unbedingt Ruhe bewahren. Es hatte keinen Sinn, Panik zu verbreiten, ehe es absolut unerlässlich war.
    »Schon vor einer Weile«, erwiderte Connor.
    Na, toll. Wenn man an Yerba Buena vorbei ist, gibt es bis zum Stadtzentrum keine Abfahrtmöglichkeit mehr. Wir mussten also über die Brücke, ob wir wollten oder nicht. »Allmählich hab ich den Eindruck, es wächst sich zur Mode aus, dass mich Leute auf dieser Brücke attackieren.«
    »Was?«
    »Schon gut. Ich muss nachdenken.« Wie konnte ich uns aus dieser Lage rausmanövrieren? Das letzte Mal, als jemand mich im Auto umzubringen versuchte, war ich wie eine Irre durch das Straßenlabyrinth der Innenstadt gejagt, bis die Gegenseite jede Orientierung verlor. Zugegeben, ich wurde angeschossen, aber ich überlebte immerhin. Leider fiel diese Strategie diesmal flach: Ich war zu klein, um die Pedale zu erreichen, und

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