October Daye: Winterfluch (German Edition)
Du bist nach Hause gekommen.« Die Finger nach wie vor an seinem Kinn, beugte sich Devin vor und küsste mich.
Ich hatte jahrelang für Devin gearbeitet. Seine Hände hatten schon jeden Zoll meines Körpers berührt, sowohl aus sexuellen als auch aus praktischen Gründen, angefangen damit, mir die Kleider auszuziehen, um eine Wunde zu verbinden. In all den Jahren hatte er mich nie mit solcher Innigkeit oder einem solchen Verlangen geküsst. Ich ertappte mich dabei, dass ich trotz meiner Verletzungen darauf reagierte, zuerst, indem ich den Kuss erwiderte, und dann, indem ich von der Couch glitt, um mich neben ihn zu knien. Seine Stiche waren gut. Sie zogen nicht einmal, als ich auf den Boden sank.
Es war Devin, der sich von mir löste. Er ließ die Hand los, die er festgehalten hatte, und sagte: »Ich muss mir deine Schulter ansehen.«
»Wow«, stieß ich hervor, schwindlig aus Gründen, die nichts mit Blutverlust zu tun hatten. »Auch ’ne Möglichkeit, die Stimmung zu verderben.«
Er grinste. »Nein, mein Schatz. Die Menge an Blut, mit der du dich verziert hast, schafft das auch ohne meine Hilfe recht bewundernswert.«
Ich blickte an mir hinab, als ich zurück auf die Couch kletterte. Das Gewand, das mir Lily geliehen hatte, war nicht mehr rosa. Geronnenes Blut hatte es in einen gesprenkelten Braunton verwandelt. Über der linken Schulter, wo die Schussverletzung durch die Anstrengung wieder aufgebrochen war, prangten hellere Streifen.
»Ich brauche eine Dusche«, stellte ich fest.
»Dazu kommen wir in etwa einer Minute«, gab Devin zurück und hob die Hände, um mich des Seidengewands zu entledigen.
Lilys sorgsam angefertigter Wickel hatte sich während des Kampfes gelöst und baumelte lose gegen mein Schlüsselbein. Devin zupfte die letzten Verbindungsstellen frei und warf den Verband auf den Boden. »Sie leistet gute Arbeit«, räumte er beinah widerwillig ein. »Sieht so aus, als wäre es ihr sogar gelungen, einen Großteil des Eisens auszuwaschen, bevor es sich richtig in deinen Körper vorarbeiten konnte. Das erklärt vermutlich auch, weshalb du noch bei Bewusstsein bist.«
»Du bist heute wirklich ein glücklicher Sonnenstrahl, was?« Ich betrachtete die Austrittswunde. Der sichtbare Schaden wirkte etwa halb so schlimm wie jener an meinem Oberschenkel, obwohl er mit einer Kugel desselben Kalibers angerichtet worden war. »Brauche ich Stiche?«
»Um ganz sicherzugehe n – ja.« Devin ergriff das Tuch, das er verwendet hatte, um das Blut von meinem Bein zu wischen. »Ich glaube, bei dieser Wunde kann ich mir die Mühe schenken, sie zu desinfizieren.« Etwas leiser fügte er hinzu: »Weißt du, da wird eine Narbe zurückbleiben.«
»Das ist bei Eisen immer so.« Ich beobachtete, wie er das Blut abwusch, und dachte über die Schwere des Schadens nach. Lily hatte in der Tat Erstaunliches vollbracht. Der Arm würde zwar für eine Weile nicht voll einsatzfähig sei n – wahrscheinlich mehrere Wochen, sofern er sich überhaupt vollständig erholt e – , aber er würde nicht nutzlos sein, solange ich ruhig bliebe.
Als ob das je in Frage gekommen wäre.
Devin vernähte die Vorderseite mit drei Stichen, die Rückseite mit nur zwei. »So.« Er legte die Nadel und den chirurgischen Faden in den Erste-Hilfe-Kasten zurück, dann streckte er mir die Hände entgegen. Ich zog die Augenbrauen hoch. Er nickte in Richtung des Badezimmers. »Wolltest du nicht duschen?«
»Ja«, bestätigte ich. »Aber ich bin da drunte r … ein wenig nackt.«
Ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Ist das nicht der geeignete Zustand zum Duschen? Ich glaube, nackt zu sein ist sogar eine Grundvoraussetzung dafür.«
»Wenn du darauf bestehst.« Ich ergriff seine Hände und ließ mich von ihm von der Couch hieven. Leicht wacklig verlagerte ich das Gewicht auf das verletzte Bein und verspürte Erleichterung, als es nicht einknickte. Wahrscheinlich könnte ich zwar vorerst nicht laufen, aber zumindest gehen. Je nachdem, wie sich die Infektion entwickelte, blieb abzuwarten, von welcher Dauer dieser Zustand sein würde.
Devin ließ keine Bemerkung darüber fallen, wie ich mich auf dem Weg zum Badezimmer auf ihn stützte, wofür ich ihm fast genauso dankbar war wie für seinen Arm um meine Mitte. »Du duschst doch immer noch gerne heiß, oder?«, fragte er und ließ mich an der Badezimmertür los.
»Je heißer, desto besser«, bestätigte ich, bevor der Spiegel meine Aufmerksamkeit erregte. »Oh.«
»Ja«, meinte Devin ernst.
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