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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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kräftig ich konnte.
    Der Doppelgänger streckte eine Hand aus und fing den Schläger mitten im Schwung ab, mühelos wie ein Kind, das Gänseblümchen pflückt. Er spannte die Hand an, und das Holz zerbarst in Splitter. Mir blieb nur das untere Drittel meines einstigen Baseballschlägers.
    »Oh, Mist«, entfuhr es mir, als ich zurückwich. Aluminium. Nächstes Mal würde ich einen Schläger aus Aluminium kaufen. Oder vielleicht einen Montierhebel.
    Der Doppelgänger bewegte sich zu schnell, um ihm auszuweichen, als er vorsprang, mein Kinn packte und die Klauen in meine Wange grub. »Du bist eine dumme Diebin, aber mittlerweile hast du genug Angst«, erklärte er, nach wie vor lächelnd. »Du wirst mir alles sagen, was ich wissen muss.« Er ließ die Splitter meines Baseballschlägers fallen, bohrte die Finger unter meine Achselhöhle und hob mich vom Boden. Mein Herz hämmerte so heftig, dass es beinah so schlimm schmerzte wie meine Verletzungen. Ich hatte dem Tod schon öfter ins Auge geblickt, unter anderem in letzter Zeit, aber noch nie aus solcher Nähe.
    Das wäre vielleicht das Ende gewesen, hätte der Doppelgänger nicht einen winzigen, aber fatalen Fehler begangen: Er hatte Dare den Rücken zugekehrt. Ich kannte sie nicht besonders gut, dennoch hätte ich zu sagen vermocht, dass es keine gute Idee wäre, ihr den Rücken zuzukehren. Das Mädchen hatte Zeit genug gehabt, alle möglichen Reaktionen auf jemanden durchzugehen, der ihren Bruder wie einen räudigen Hund beiseitegefegt hatte, und sie entschied sich für die natürlichste: Wut.
    »He, Missgeburt!«, brüllte sie. Der Doppelgänger drehte sich aber nicht um. Wahrscheinlich war er deshalb so überrascht, als die Messer in seinen Rücken einschlugen. Er heulte auf und ließ mich fallen. Wie durch ein Wunder landete ich auf einem Teil meines Körpers, der zuvor noch keine Schmerzen gehabt hatte: meinem Hintern.
    Knurrend wandte sich die Kreatur Dare zu. Das musste ich dem Mädchen lassen: Sie mochte ein arrogantes Gör sein, aber sie blickte dem Antlitz des Todes entgegen und zeigte sich aufrichtig unbeeindruckt. »Ich habe bei Blind Dates schon Erschreckenderes gesehen«, sagte sie. Was ihre Sprüche anging, brauchte sie noch Übung, aber ich war gerade jetzt nicht in der Position, sie zu kritisieren. »Willst du etwas von mir?«
    Offensichtlich war dem so, denn das Ungetüm stapfte ungebrochen knurrend auf sie zu. Dare zeigte keine Furcht, sondern schleuderte ein weiteres Messer. Diesmal zielte sie auf die Kehle. Die Kreatur schlug es beiseite, ohne innezuhalten. Ich glaube, an der Stelle begriff Dare, dass es vielleicht doch keine gute Idee gewesen war, etwas so Großes aus solcher Nähe zu beleidigen, denn sie wich mit geweiteten Augen zurück.
    Aus meiner Schulter rann das Blut nicht mehr, es schoss vielmehr daraus hervor, durchtränkte meinen Morgenmantel und strömte meinen Arm hinab. Ich zwang mich aufzustehen und biss angesichts der Schmerzen, die mich zurück auf den Hintern zu befördern drohten, die Zähne zusammen. Vier von Dares Messern steckten hinten in dem Ding; zwei im Kreuz, eines seitlich im Arm, das vierte jedoch in einem Winkel, der es unter Umständen durch den Brustkorb lenken würde, wenn jemand den Griff packte und nach oben stieß.
    Ich habe schon immer einen ziemlich guten Jemand abgegeben. Ich bewegte mich so schnell ich noch konnte und legte die Hände um den vom fast schwarzen Blut rutschigen Griff des Messers. Meine linke Hand wollte sich nicht schließen, aber ich zwang sie doch dazu und biss die Zähne zusammen, als das Blut des Doppelgängers auf meiner Haut zu brennen begann. Dare wimmerte irgendwo vor mir. Die Masse des Wesens versperrte mir die Sicht auf sie.
    Das reichte. Meine Hand fand schließlich einen sicheren Halt, und ich stieß zu, so kräftig ich konnte. Der Doppelgänger heulte auf und wirbelte halb herum, doch ich konnte mich am Messer festhalten, drehte es und stieß es dann noch tiefer hinein. Eine klauenbewehrte Faust traf meinen rechten Arm, als die Kreatur versuchte, mich von ihrem Rücken zu reißen. Mühelos durchschnitt sie meinen Bizeps. Das spielte nun auch keine Rolle mehr. Ich konnte nicht anders: Selbst wenn ich gewollt hätte, ich hätte das Messer nicht mehr loslassen können.
    »Dare, die Vorderseite!«, brüllte ich.
    Sie erwiderte nichts, aber ich hörte, wie ihre hohen Absätze über den Boden klickten, als sie das Monster angriff. Der Doppelgänger heulte weiter und schlug in alle

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