October Daye: Winterfluch (German Edition)
konnte, um es zu verhindern.« Er lächelte fast und streichelte mir mit den Fingern seitlich über das Gesicht. »Ich konnte nicht zulassen, dass du mich schon wieder verlässt. Du bist gerade erst nach Hause gekommen.«
Wenn ich tatsächlich so viel Blut verloren hatte, dann hatte er wahrscheinlich recht. Es musste eines regelrecht göttlichen Eingreifens bedurft haben, mich zu retten. »Du hast dich also an die Luidaeg gewandt«, sagte ich wieder. Wenn ich es oft genug wiederholte, würde sich seine Antwort ja vielleicht doch noch ändern.
»Ja. Und ich würde es wieder tun.«
»Devin, ic h … «
»Nicht.« Zuvor waren wir zurückhaltend gewesen, da uns beiden meine Verletzungen und mein schlechter Zustand bewusst gewesen waren. Nun gab es keine Zurückhaltung mehr. Er ließ alle Bemühungen fahren, behutsam zu sein, zog mich dicht zu sich und küsste mich heftig. Als er sich von mir löste, flüsterte er: »Tu’s nicht. Du kannst mir nicht danken, und ich würde dich gar nicht lassen, wenn du es versuchtest, also belassen wir es dabei: Ich werde dich nicht sterben lassen. Ich bin noch nicht fertig mit dir. Dafür verfügst du über etwas, das ich zu sehr brauche.«
Seine Finger wanderten meine Seiten hinab tiefer und tiefer, bis sie meine Hüften erreichten. Ich legte die Hände über die seinen und schüttelte den Kopf. »Dafür ist jetzt keine Zeit, Devin«, sagte ich. Bedauern färbte meine Stimme. »Ich muss Sylvester anrufen und ihn wissen lassen, dass es mir gut geht, und dann muss ich gehen. Ich bin noch nicht fertig.«
»Du brauchst Sylvester nicht anzurufen«, gab Devin mit einem verhaltenen Lächeln zurück. »Ich bin ja nicht völlig gedankenlos. Während du dich erholt hast, habe ich ihn angerufen.«
Ich blinzelte. »Wirklich?«
»Ja. Was prompt damit belohnt wurde, dass er mich beschuldigte, derjenige zu sein, durch den du überhaupt erst verletzt wurdest.« Devins Lächeln wurde sarkastisch. »Er ist wohl nicht so gut auf mich zu sprechen, wie?«
Das hörte sich ganz nach Sylvester an. Ich entspannte mich und zuckte mit den Schultern. »Er denkt, du willst mich von ihm weglocken.«
Devin zog eine Augenbraue hoch. »Und werde ich das?«
»Die Möglichkeit besteht schon. Aber vorers t … wo genau sind meine Kleider?«
»In deinem Kleiderschrank vielleicht? Das erschiene mir ein vernünftiger Ort dafür zu sein.«
»Du hast mich ohne etwas zum Anziehen hierherbringen lassen?«
»Die Kinder waren etwas zu beschäftigt damit, dich am Leben zu erhalten, um sich mit solchen Nebensächlichkeiten aufzuhalten, Toby. Außerdem steht dir dieses Nachthemd hervorragend.«
»Darin sehe ich wie eine unterbezahlte Nutte aus.«
Grinsend meinte Devin: »Nun, wie ich schon sagt e … «
»Devin!« Ich wich aus der Reichweite seiner Hände zurück und schüttelte den Kopf. »Gibt es hier noch irgendetwas anderes, das ich anziehen kann? So gehe ich nicht hinaus.«
»Da es mir nicht gelingt, dich davon zu überzeugen, überhaupt nicht rauszugehen, werde ich dir wohl noch einmal zur Hand gehen müssen.« Devin trat zu seinem Schreibtisch und drückte den Knopf der Gegensprechanlage. »Dare, hol Ms. Dayes Sachen und bring sie in mein Büro.« Er sah zu mir hin, als er den Knopf losließ. »Ich fürchte, damit ist unsere Zweisamkeit zu Ende. Sie wird gleich hier sein. Kinder haben es immer so eilig.«
»Na ja, du bringst uns schließlich bei, es nie ruhig anzugehen, wenn es sich vermeiden lässt.«
»Kannst du mir daraus einen Vorwurf machen? Wechselbalgjahre sind kurz.« Er breitete die Hände aus. »Wir müssen sie weise nutzen, solange wir können.«
»Möglich.« Ich verstummte und musterte ihn. »Ich fand immer, es sei viel Zeit. Ich glaube, wir können sogar mehrere Jahrhunderte leben. Zumindest, wenn wir uns nicht erschießen lassen.«
»Es mag viel Zeit sein, trotzdem ist sie kurz.« Er lehnte sich gegen den Schreibtisch und reichte mir seinen Arm. Ich ging zu ihm, schmiegte mich an ihn und ließ ihn den Arm um meine Mitte schlingen. »Die Zeit ist sehr kurz. Sie läuft schon ab.«
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, neigte ich den Kopf zurück. »Also bringst du uns bei, wie man sie bestmöglich nutzt?«
»Das ist besser, als nur dabei zuzusehen, wie sie verrinnt. Wir müssen strahlend hell brennen, wenn wir nicht ewig brennen können.«
Ich runzelte die Stirn. »Allmählich bereitest du mir Kopfzerbrechen.«
»Mach dir keine Sorgen; dafür besteht kein Grund.« Er drückte mir einen Kuss
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