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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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sicher wie Eisenketten oder Taue aus Menschenhaar, und Evening hatte mich mit den alten Formeln gebunden, jenen, die jeder mit einem Tropfen Fae-Blut verwenden kann. Dennoch verwendet niemand mehr diese alten Bindungen, es sei denn, die Dinge liegen so trostlos, dass nicht einmal unser vermisster König und seine Jagdgesellschaft sie zu richten vermögen. Sie sind zu stark und zu tödlich.
    Fae schwören niemals auf etwas, woran sie nicht glauben. Wir verlangen keinen Dank und bieten auch keinen an; keine Versprechen, kein Bedauern, keine Ketten. Keine Lügen. Wenn Evening sagte, ein Versagen würde mich töten, dann würde es auch so sein. Ich hoffte nur, sie hatte einen guten Grund dafür, andernfalls würde ich sieeigenhändig umbringen müssen.
    »Oh Toby, es tut mir leid«, sagte sie und legte den Hörer beiseite, aber nicht auf die Gabel, denn die Verbindung blieb aufrecht. Ich bin nicht sicher, ob es ein Versehen war, doch ich glaube es nicht. Sie wollte, dass ich zuhörte. Sie wusste, wenn ich hörte, was als Nächstes folgte, würde ich nicht einmal versuchen, die Bindung abzuschütteln, die sie über mich ausgesprochen hatte.
    Es spielt auch keine Rolle. Ich werde ihr trotzdem nie verzeihen.
    Die Geschichte, wie sie mir die Nachricht nun weiter erzählte, war eine, die ich niemals hatte hören wollen, nicht einmal an den schlimmsten meiner schlimmen Tage. Eine Tür, die geräuschvoll aufgerissen wurde; das Geräusch von Schritten. Evening brüllte etwas, das ich nicht ganz verstan d … dann ertönte ein Schuss. Ihre Stimme schwoll zu einem gellenden Schrei an und wurde von einem weiteren Schuss zum Verstummen gebracht.
    Ich sprang auf die Beine; Galle stieg mir in die Kehle, als ich dem Anrufbeantworter unwillkürlich zubrüllte: »Nein!« Dann schrie wieder Evening. Die Waffe feuerte ein drittes Ma l – und die Nachricht endete. Das Gerät knisterte noch einige Sekunden, bevor es mit einem endgültigen Klicken anhielt.
    Aus irgendeinem Grund ließ gerade dies alles real erscheinen. Ich starrte das Gerät einen Augenblick lang an, während mir der Atem in der Kehle stockte, dann preschte ich ins Badezimmer. Ich schaffte es gerade noch mit Müh und Not zum Waschbecken, bevor ich mich übergab.
    Die Zeit läuft nie rückwärts, wenn ich es mal gebrauchen könnte. Nicht für mich oder für sonst jemanden.

Kapitel 4
    I ch übergab mich drei Mal, bevor ich das Bad wieder verlassen konnte. Bevor ich in mein Zimmer zurückkehrte, spritzte ich mir eiskaltes Wasser ins Gesicht. Unterwegs spielte ich benommen das Band des Anrufbeantworters noch einmal ab. Zum Duschen blieb keine Zeit. Ich war ohnehin nicht sicher, ob ich die Wasserhähne hätte bedienen können, ohne mich zu verbrennen. Sogar mit dem Anziehen hatte ich Mühe. Evenings Worte waren bei der zweiten Wiedergabe nicht barmherziger gewese n – sie flehte mich an, den Hörer abzuheben, ihr zu antworten und alle s – wirklich alle s – zu tun, um sie zu retten. Von wann stammte dieser letzte Anruf? Eiche und Esche, von wann ?
    Begleitet von Evenings aufgezeichneten Schreien zog ich meinen Mantel an, als mich plötzlich eine Erkenntnis ereilte: Sie bekam, was sie wollte. Ich hatte mich von Faerie abgewandt und abgelehnt, meine Lizenz erneuern zu lasse n … und dennoch übernahm ich nun den Fall, und ich würde so lange dranbleiben, bis ich die Antworten hätte, die ich brauchte.
    Evening war meine schlechteste Freundin und zugleich die beste Feindin, die ich hatte. Und sie hat mich nie wirklich gekannt, denn selbst am Ende verstand sie noch nicht, dass ich es auch ohne den Fluch getan hätte. Sie hätte mir nur zu sagen brauchen, dass so viel auf dem Spiel stand, wie es offenbar der Fall war. Sie war meine Freundin. Ich hätte es getan.
    Die Wirklichkeit der Lage war mir immer noch nicht vollständig bewusst geworden, als ich die Schutzbanne wieder anbrachte und dem Betonpfad zur Garage folgte. Evening konnte nicht tot sein. Sie war die frostige, rücksichtslos zielstrebige Gräfin von Goldengrün, die Frau, die herumgebrüllt hatte, bis man Sylvester gestattete, mich zum Ritter zu schlagen, eine reinblütige Daoine Sidhe, die ewig leben würde. So machten das Leute wie sie.
    Man denkt nie über den eigenen Tod oder den von Freunden nach, bis er zu nahe kommt, um ihn zu ignorieren. Von wann stammte der letzte Anruf? War ich schon zu Hause? Wenn ich nicht eine so selbstsüchtige Zicke gewesen wäre und meine Nachrichten abgehört hätte, wäre es dann

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