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Odd Thomas 4: Meer der Finsternis

Titel: Odd Thomas 4: Meer der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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schimmerte im Halogenlicht silbern
und über meinem Kopf weiß. Jenseits des Bootes war er nur noch grau. Die Lichter der Jacht waren längst verschwunden.
    Meine Magengrube fühlte sich kälter an als die feuchte Luft auf meinem Gesicht, und selbst der aus meinem Mund strömende Atem schien kalt zu sein.
    Utgard hatte den Rand des Decks erreicht. Er hievte die Leiche über Bord, doch deren Füße verhakten sich in der Reling. Einen makabren Moment lang hing sie da, bis Utgard sie mit einem letzten Stoß ins Meer beförderte.
    Obwohl ich Angst hatte, auszugleiten, marschierte ich wie ein geborener Seemann über das nasse, leicht schaukelnde Deck. Ich fasste die Pistole mit beiden Händen und hob sie, um zu zielen.
    Der andere Mann hatte seine Last erst halb über die Reling gewuchtet. Utgard packte die Leiche an einem Arm, um ihm behilflich zu sein.
    Da die beiden mir eine offenkundig schwierige Aufgabe abnahmen, wartete ich, bis sie fertig waren.
    Ein Held schießt seinen Gegnern nicht in den Rücken. Aber Held ist ein Titel, den andere mir fälschlich verliehen habe. Ich selbst habe ihn nie für mich in Anspruch genommen.
    Während auch die zweite Leiche in Nacht und Nebel verschwand, schoss ich Utgard aus einer Distanz von kaum zweieinhalb Metern zweimal in den Rücken. Er taumelte vorwärts gegen die Reling, ohne über Bord zu fallen.
    Sein Begleiter zuckte vor Schreck zusammen, griff jedoch schon im selben Augenblick nach der Waffe, die in seinem Gürtelholster steckte, und fuhr herum.
    Ich drückte wieder zweimal ab und zielte dabei auf Bauch und Brust, hielt die Pistole aber viel zu hoch. Der erste Schuss erwischte ihn im Gesicht, der zweite teilte nur sein Haar.

    Doch der Kopfschuss reichte aus, und er fiel tot zu Boden.
    Utgard hingegen lebte noch. Übel zugerichtet, klammerte er sich an die Reling und drehte sich langsam zu mir um. Seine im Halogenlicht glitzernden Kojotenaugen waren voller Hass.
    Blutergüsse bedeckten sein Gesicht, ein Auge war halb zugeschwollen und ein Ohr mit Blut verkrustet. Das mussten die fliegenden Möbel im Verhörraum angerichtet haben.
    Als ich auf ihn zutrat, griff er ebenfalls zu seiner Waffe, und ich drückte noch zweimal ab.
    Er rutschte an der Reling entlang und kam auf seiner Seite auf. Sein Kopf krachte so hart ans Deck, dass er nach oben hüpfte.
    Eine Weile holte ich tief Luft und blies sie langsam aus, um die Spannung zu lösen, die meine Hände mit einem Mal so zittern ließ wie die eines klapprigen alten Mannes.
    Da ich gesehen hatte, welche Mühe die beiden beim Beseitigen der Leichen gehabt hatten, entschloss ich mich, so etwas gar nicht zu versuchen. Die beiden über Bord zu hieven, war sinnlos, wenn ich Joey tot im Funkraum liegen ließ, und den konnte ich wohl kaum die Treppe heraufzerren, um ihn ins Meer zu werfen.
    Vielleicht ergab sich eine Möglichkeit, das Schiff samt Bomben in die Hände einer verantwortungsvollen Behörde zu übergeben, ohne mich dabei zu exponieren. Wenn ich anonym blieb und mich nicht zeigte, musste ich auch nicht erklären, was ich getan hatte.
    Ich wandte den Toten den Rücken zu und ging übers Deck auf die sargähnlichen Kisten zu, die an Steuerbord verstaut waren.
    Von Kinofilmen her sind wir gewöhnt, dass ein mehrfach von Schüssen getroffener Schurke, der mausetot aussieht,
sich im allerletzten Augenblick noch einmal erhebt, von kreischenden Geigen begleitet. Die Realität hat jedoch keinen symphonischen Soundtrack, und die Toten bleiben tot. Nur der Geist erhebt sich.
    Ich war allein an Bord des Schleppers, und ich bezweifelte, dass derjenige, dem Utgards Geist gehörte, ihm erlauben würde, noch eine Weile als Poltergeist sein Unwesen zu treiben.
    Mit der Absicht zu töten hatte ich das Deck sicheren Schritts überquert, doch nun, nachdem ich getötet hatte, fand ich es wesentlich schwerer, mich aufrecht zu halten. Ständig stolperten meine Füße über Hindernisse, die nicht existierten, und ich griff nach Stützen, die nicht bei der Hand waren.
    Der endlose Nebel, der mich umgab, die gewaltige Wasserfläche, die sich in jeder Himmelsrichtung ausbreitete, und die Meerestiefe unter mir versetzten mich in eine Einsamkeit, die fast unerträglich war - ihrer Intensität wegen und wegen allem, was sich mit mir auf dem Schiff befand. Damit meine ich die Toten, aber nicht nur sie, sondern vor allem die Bomben, die vier Großstädten den Tod bringen sollten. Ihre Behälter kamen mir wie symbolische Urnen mit der Asche der gesamten

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