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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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mit einer alltäglichen Angelegenheit zu tun zu haben. Hinter den Kulissen, wo man die Fäden zog und die Rechnungen auch mal mit Gewalt beglich, kam ich mir unendlich naiv vor, aber gleichzeitig war ich auch angewidert. Während ich beobachtete, wie sich seine rosa Lippen bewegten, musste ich gegen meinen Ekel ankämpfen, um mich auf seine Worte konzentrieren zu können.
    »Deswegen achtet Festman Gruber sehr darauf, seine Geschäfte mit Firmen wie Ridgeline auf einige wenige Aufträge zu beschränken, zum Beispiel auf den Personenschutz. Manchmal braucht man einen scharfen Hund, aber man muss auch sichergehen, dass man die Leine gut festhält.«
    »Wäre natürlich ziemlich dumm, wenn der scharfe Hund sämtliche Transaktionen zwischen sich und Festman Gruber dokumentiert hätte.« Ich hielt den Umschlag in die Höhe.
    Ich sah ihn an. Er sah den Umschlag an. Sein Griff nach dem Kuvert war etwas hastiger, als zu seinem Auftreten passte. Er öffnete es, und der Stapel mit den Kopien glitt ihm in die Hand. Eine komplette Ausgabe der Dokumente, die ich von der Festplatte des Ridgeline-Kopierers geholt hatte – Zahlungen, Konten, Anrufe, die die Verbindung zwischen Ridgeline und Festman Gruber illustrierten.
    Sein Schlips, der nah am Adamsapfel säuberlich zu einem festen halben Windsor-Knoten gebunden war, schien ihm auf einmal zu eng zu werden. Er verfärbte sich, wodurch die kleinen nachgewachsenen Stoppeln seines ehemals glattrasierten Gesichts noch deutlicher hervortraten. Doch Sekunden später hatte er seine Überraschung verwunden und gewann die Fassung zurück. Als er aufsah, hatte er sich schon wieder im Griff. »Die Firma Ridgeline wird sich für alles verantworten müssen, was sie auf eigene Faust unternommen hat.«
    Ich schaute auf den Korridor hinaus, um ihm mehr Spielraum zu geben. Dort draußen gab es jede Menge zu sehen, eine ganze Welt hinter diesen Glaswänden – diese ganze respektable Industrie in konstanter, effizienter Bewegung. Die Reporter hatte man inzwischen in einen Konferenzraum gegenüber geführt, wo sie die riesige Kamera mit dem CNBC -Logo auf den Tisch gelegt hatten und nun ihren Kaffee schlürften.
    »Wir machen viele Geschäfte auf dem internationalen Markt, Mr. Davis«, fuhr Reimer fort. »Wenn ich auf dem neuesten Stand bin, haben wir es dabei mit mehr als zweihunderttausend Einzelpersonen zu tun. Viele von ihnen sind in aggressiven Branchen tätig. Man kann uns unmöglich für die Eskapaden einzelner Partner verantwortlich machen.«
    »Aber diese Einzelpersonen sind Ihnen verantwortlich«, erwiderte ich. »Oder waren es zumindest. Sie stehen an oberster Stelle, jedenfalls bei diesem kleinen Plan. Und weiter dringt die Sache auch nicht, damit jeder, der in der Hierarchie über Ihnen steht, schön von der Wahrheit verschont bleibt.«
    Er bestritt meine Aussage nicht, was ich als Bestätigung auffasste.
    »Sie können mit Ridgeline Kontakt aufnehmen«, fuhr ich fort. »Sie können sie stoppen.«
    Seine Unterlippe verzog sich leicht, als hätte er irgendetwas Ekliges geschmeckt. »Ich kann wohl mit Sicherheit behaupten, dass der Kontakt – und die Loyalitäten – zwischen unseren Firmen stark nachgelassen hat.«
    »Sie stehen also überhaupt nicht mehr in Kontakt?«, hakte ich nach. Nach allem, was Kazakov mir über solche Arrangements erzählt hatte, war ich schon davon ausgegangen. Und nach den aggressiven Maßnahmen, die Ridgeline gegen seinen allwissenden Auftraggeber ergriffen hatte, mussten sie sich genauso in Acht nehmen wie ich. Aber ich wollte den Abbruch der Kommunikation bestätigt haben und musste Reimer irgendwie aus der Reserve locken.
    »Regelmäßige Kommunikation kann von Nachteil sein, wenn es um Angelegenheiten geht, bei denen beide Seiten …«, er suchte nach einem angemessenen Wort, »… Besonnenheit walten lassen müssen. Umso mehr, wenn die Abmachungen sich immer weiter verkompliziert haben. Und jetzt das.« Er seufzte enttäuscht. »Diese Dokumente zeigen, dass Ridgeline kein Interesse daran hat, unsere Abmachungen einzuhalten. Aber das gilt dann eben beiderseitig. Wir fühlen uns ihnen gegenüber auch nicht mehr verpflichtet.«
    Ich deutete mit einem Kopfnicken auf die Papiere in seiner Hand. »Sieht so aus, als hätte Ridgeline das durchaus kommen sehen.«
    »Das hier …«, er hob ein Blatt hoch, »… lässt sich mit ein paar Anrufen klären.«
    »Falls Ihre Chefs bereit sind, diese Anrufe für Sie zu machen. Ridgeline ist verzichtbar. Ich

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