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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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dass ich dein Haus nach Abhöranlagen durchsucht habe. Dabei hab ich dir damals schon gesagt, dass das Studio auf keinen Fall davon erfahren darf, und was ist? Ich steh
so
kurz vor meiner Kündigung!«
    »Du hast doch gesagt, du würdest sowieso lieber wieder in einer richtigen Sicherheitsabteilung arbeiten. Ich habe einen Job für dich bei North Vector.«
    »Alle sind sie hinter dir her, Patrick. Polizei, Presse, ganz zu schweigen von den Typen, mit denen du da im Clinch liegst. Da wäre eine Kündigung noch das geringste Übel für mich. Wie wär’s mit Beihilfe zu einem Verbrechen?«
    »Du hast die Nachrichten heute doch noch gar nicht gesehen«, meinte ich. »Du weißt doch gar nicht, dass ich auf der Flucht bin.«
    Hinter der geschlossenen Schiebetür saß Kazakov in seinem weichen weißen Bademantel, den Hörer zwischen Ohr und Schulter geklemmt, wobei er aggressiv und präzise gestikulierte. Ich legte eine Hand aufs Balkongeländer und blickte in das dichte Geäst. Ich schloss die Augen, sog den Geruch nach Regen und aufgeweichtem Boden ein, und wartete, wie Jerry über das Schicksal meiner Frau entscheiden würde.
    »Nein«, sagte er langsam. »Weiß ich wohl nicht. Was für ein Job wär das denn bei North Vector?«
    »Du kannst dich mit dem Geschäftsführer zusammensetzen und dir einen aussuchen.«
    »Mit dem Geschäftsführer?« Er schnaufte hörbar. »Ich sag dir eins, mach hier keine blöden Scherze.«
    »Sie haben meine Frau«, sagte ich. »Sie haben Ariana.«
    Er schwieg. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Lange konnte ich das Handy nicht mehr ungefährdet anlassen.
    »Sag mir, was du brauchst.«
    Wir besprachen die Einzelheiten, trafen unsere Vereinbarungen und legten auf.
    Kaum hatte ich aufgelegt, hörte ich den Ton, der den Eingang einer SMS verkündete.
    MORGEN MITTAG LIEFERN SIE DIE CD BEIM PARKWÄCHTER AN DER STARBRIGHT PLAZA AB.
    Dann erschien auf dem Bildschirm ein kurzes Video von Ariana. Sie war an einen Stuhl gefesselt. Obwohl der Hintergrund nur verschwommen zu sehen war, konnte man erkennen, dass sie sich in einem kleinen Raum befand. Ihr Haar war offen und zerzaust, ihr eines Auge war blau, und von ihrem Mundwinkel sickerte Blut übers Kinn. Der Clip war ohne Ton, aber ich sah, dass sie meinen Namen schrie.
    Das Bild verschwand und machte zwei Wörtern Platz: ZWÖLF STUNDEN .
    Dann wurde das Display schwarz.
    Ich stellte das Handy ab. Mein Mund war knochentrocken, und ich musste mich ans Geländer klammern, weil meine Beine unter mir nachgeben wollten.
    Mir schoss eine Erinnerung durch den Kopf – wie ich Ariana zum ersten Mal auf der Party an der UCLA getroffen hatte. Ihre lebhaften, klugen Augen. Wie ich mich ihr mit weichen Knien genähert hatte und mich dabei an mein Bier vom Fass klammerte. Mein lahmer Anmachspruch: »Du siehst so gelangweilt aus.« Und wie sie mich fragte, ob das ein Angebot sein sollte, ihr die Langeweile zu vertreiben.
    Ich hatte geantwortet: »Sieht so aus, als könnte das die Herausforderung meines Lebens werden.«
    »Und? Bist du dabei?«, hatte sie gefragt.
    Ja.
    Auf der Terrasse kroch mir die mitternächtliche Kälte unter die Kleider. Ich zitterte heftig. In der Suite legte Kazakov gerade den Hörer aus der Hand und winkte mich herein.
    Ich löste die Hände vom Geländer und ging hinein.
    Zwölf Stunden.

[home]
    56
    D ie Eingangshalle war blitzsauber und makellos. Sogar die Marmoraschenbecher vor den Fahrstühlen, in denen keine einzige Kippe lag, sahen aus, als wären sie mit einem Seidentuch poliert worden. Ich hätte in einem Hotel oder einem exklusiven Club oder dem Wartezimmer eines Zahnarztes in Beverly Hills stehen können. Tat ich aber nicht.
    Ich stand in der Niederlassung Long Beach von Festman Gruber.
    Der Fahrstuhl summte freundlich fünfzehn Stockwerke nach oben. Eine Wand aus dickem Glas, die vom Boden bis zur Decke reichte – höchstwahrscheinlich auch kugelsicher –, lief in der Halle einmal rundum und lenkte Besucher direkt zu dem bankschalterartigen Fenster an der Rezeption. Der Wachmann hinter der Scheibe hatte eine Dienstwaffe und trug für acht Uhr morgens schon eine bemerkenswert finstere Miene zur Schau. Hinter ihm schwärmte ein ganzer Bienenstock aus Büros und Konferenzräumen, die ebenfalls durch Glaswände abgeteilt waren. Geschäftig eilten Assistenten und Mitarbeiter hierhin und dorthin. Abgesehen von der ungewohnten Perspektive, die Einblicke in sämtliche Geschäftsräume gewährte, sah es hier aus wie in

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