Oder sie stirbt
wie gesagt, ich hab wahrscheinlich einfach vergessen, die Tür abzuschließen.«
»Sie sind aber nicht sicher«, kam es zurück.
»Nein.«
»Haben Sie eine Alarmanlage? Sie haben die Aufkleber im Fenster.«
»Die Aufkleber sind bloß Überbleibsel vom Vorbesitzer. Zur Abschreckung haben wir sie dran gelassen, aber wir sind bei keiner Wachgesellschaft.«
Valentine gab ein kehliges Geräusch von sich.
»Warum nicht?«, erkundigte sich Sally Richards.
»Zu teuer.«
Valentine sah sich mit geschürzten Lippen um. Wahrscheinlich bewunderte er unsere schönen Möbel.
»Okay«, meinte ich. »Wir rufen die Gesellschaft an und lassen uns registrieren.«
»Funktioniert das Türschloss mit einem Code oder mit Schlüsseln?«
»Beides.«
»Und wie viele Schlüssel gibt es?«
»Zwei.«
»Haben Sie die noch?«
Ich ging zur Besteckschublade und holte die Schlüssel heraus. »Ja.«
»Weiß sonst noch jemand, wo die aufbewahrt werden?«
»Nein.«
Valentine nahm sie mir aus der Hand und ließ sie in den Abfalleimer fallen. »Besorgen Sie sich neue. Ändern Sie den Code. Und sagen Sie niemandem was davon – weder der Putzfrau noch Ihrer Tante Hilda, keiner Menschenseele.« Er starrte mich undurchdringlich an. »Nur Sie zwei dürfen davon wissen.«
Sally Richards stand auf und zwinkerte mir zu. »Kommen Sie, Patrick, wir schauen uns draußen mal um.« Ariana wollte auch aufstehen, doch Richards meinte nur: »Es ist doch so kalt draußen – warum warten Sie nicht einfach mit Detective Valentine im Haus?«
Ariana starrte sie eine Sekunde zu lange an, bevor sie nachgab.
»Okay. Ich hol schnell die Schlüssel vom Plastikfelsen.«
Sally Richards machte eine ausholende »Nach Ihnen«-Handbewegung, und wir traten durch die Hintertür hinaus. Draußen ging sie vor der Tür in die Hocke und musterte den Knauf.
»Detective Richards …«
»Sally genügt.«
»Okay, Sally. Warum hat er Latexhandschuhe getragen?«
»Lederhandschuhe hinterlassen individuelle Abdrücke, genauso wie Fingerabdrücke.«
»Wenn der Kerl also zweimal dieselben Lederhandschuhe angehabt hätte, könnten Sie die Abdrücke identifizieren?«
Sie legte den Kopf schräg und fragte: »Sie schreiben Filmdrehbücher, stimmt’s?«
Ich grinste. Ihre Sherlock-Holmes-Nummer in der Küche war vielleicht auch nur Show gewesen, denn sie hätte uns genauso gut googeln können. »Eigentlich bin ich Lehrer.«
»Sie haben ihn als ›Kerl‹ bezeichnet«, stellte sie fest.
»Irgendwie gehe ich bei einem Einbrecher eher davon aus, dass es ein Mann ist. Außerdem sah die Hand männlich aus.«
»Na ja, eigentlich war sie nur ein bisschen größer als normal. Vielleicht war es ja eine Frau mit Wassereinlagerungen.«
Ich kauerte mich neben sie. »Er hat die Tür mit der Rechten aufgemacht. Ich schätze, er ist Linkshänder, oder?«
Sie hielt für den Bruchteil einer Sekunde bei ihrer Untersuchung des Türrahmens inne, doch ich merkte, dass ich sie überrascht hatte.
»Ach so«, sagte sie, »Sie meinen, dass er seine dominante Hand für den Camcorder benutzt hat.« Sie warf mir einen Blick von der Seite zu. »Es freut mich, dass Sie sich über diese Vorfälle noch nicht das Hirn zermartert haben.«
Ihr Auge fiel auf eine schwache Spur in der dünnen Schmutzschicht auf der obersten Treppenstufe. Der Teil eines Schuhabdrucks. Sie schob mich beiseite, stützte die Fäuste auf die Knie und beugte sich über die Stufe.
Mein Puls ging sofort schneller. »Was können Sie daraus ersehen?«
»Dieser Abdruck stammt von einem mexikanischen Mann, 1 , 88 Meter groß, 96 Kilo schwer, mit einem Rucksack auf der rechten Schulter.«
»Im Ernst?«
»Nein. Das ist einfach bloß ein blöder Schuhabdruck.«
Ich lachte, und in ihren Augenwinkeln bildeten sich ein paar kleine Fältchen. Anscheinend fand sie mich genauso amüsant wie ich sie.
Aber wir hatten keine Zeit, uns länger mit unseren gegenseitigen Sympathien zu befassen. »Zeigen Sie mal Ihren Schuh her«, bat sie. »Nein, ziehen Sie ihn aus.«
Ich zog meinen Sportschuh vom Fuß, und sie hielt ihn über den Abdruck. Er passte genau. »Okay, das bringt uns keinen Schritt weiter.«
»Interessant.«
Sie stand auf und streckte ihren Rücken durch. Es knackte zwar nicht, aber sie stöhnte zufrieden. Dann knipste sie ihre Taschenlampe an und leuchtete damit zunächst auf die Wand, um den Weg nachzuvollziehen, den die Kamera genommen hatte. »Haben Sie Probleme mit Ihrer linkshändigen Ehefrau?«
Bei Don und
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