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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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macht man heutzutage fast nichts anderes mehr als Telefone abhören. Filme drehen ist zweitrangig.«
    »Hör zu, ich hab den Eindruck, dass dieses Zeug wirklich auf dem allerneuesten Stand der Technik ist. Hast du Kontakte zu irgendjemandem, der sich das ansehen kann? Jemand, der da so richtig up to date ist?«
    »Ich geb dir gleich ›richtig up to date‹, du Wichser. Du weißt schon, mit welchen Psychotricks du mich kriegen kannst. Ich geb’s ja zu, du hast mein Interesse geweckt. Ich meine, wenn das wirklich so ist, wie du es beschreibst, sollte ich mir das mal ansehen. Kann nie schaden, wenn man weiß, was so Neues im Umlauf ist.«
    »Du kommst also?«
    »Wenn du mir
versprichst …
«, bedeutungsvolle Pause, »… dass du nie wieder in die Nähe des Studios kommst.«
    Ich atmete erleichtert aus und lehnte die Stirn gegen die Wand. »Versprochen. Aber pass auf, es kann gut sein, dass sie das Haus beobachten.«
    »Du hast doch grade deine halbe Wohnung zerlegt, oder? Da wär’s doch ganz passend, wenn dich am Morgen ein Bauunternehmer besucht, oder?«
     
    Eine Stunde später klingelte es bereits. Hinter Jerry, der in seiner Jeans und dem langärmligen T-Shirt wirklich überzeugend aussah, sah ich einen weißen Lieferwagen am Straßenrand. Mit Magneten angebrachte Werbetafeln an den Seiten verkündeten:
Sendlenski Bros. Hoch- und Tiefbau.
Er drückte mir einen der zwei riesigen Werkzeugkoffer in die Hand und stellte sich kurz angebunden vor, als Ariana dazukam. Dann ließ er die Schlösser aufschnappen, entnahm eine Fernbedienung, die er auf die geschlossene Tür hielt, und drückte einen Knopf.
    »Im Van hab ich einen extrem starken Radarstörsender. Eure Handys, W- LAN und sämtliche Wanzen und Kameras können gerade überhaupt nichts mehr ausrichten.«
    »
Sendlenski
Brothers?«, sagte ich nur.
    »Wer würde einem so einen Namen nicht abnehmen?« Er zog eine Richtfunkantenne aus der Fernbedienung und koppelte sie an ein Gerät, das aussah wie ein Laptop mit besonders dickem Boden. Ein elektronischer Wasserfall lief über den Bildschirm, in der Mitte verlief ein roter Streifen. »Jetzt mal schön der Reihe nach. Mal sehen, ob hier noch irgendwelche
anderen
Geräte sind. Du kümmerst dich jetzt mal schön um deinen Kram und lässt mich hier in Ruhe machen. Und ich muss den Radarstörsender abstellen, wenn ich irgendwelche Signale empfangen will. Das ist sowieso nicht das Verkehrteste, denn das Ding hat mindestens vier Straßen Reichweite, und deine Nachbarn laufen wahrscheinlich schon Sturm bei ihren Support-Hotlines.« Er fischte einen iPod Nano unter seinem Hemd hervor, den er an einem Band um den Hals trug. Ein kleines Gerät – vielleicht ein Mini-Lautsprecher? – war an den Kopfhörern befestigt. »Die meisten wirklich guten Abhörgeräte arbeiten nur, wenn es überhaupt ein Geräusch gibt, das sie aufzeichnen können. So sparen sie Strom. Deswegen haben die Leute einfach angefangen, Van Halen zu spielen, wenn sie sich in verwanzten Räumen bewegten. Daraufhin wurden die Geräte aber verbessert, und jetzt übertragen sie nur noch Sprechstimmen. Also …« Er legte einen Finger an die Lippen, drückte noch einmal auf die Fernbedienung, um den Störsender auszuschalten, dann drehte er seinen iPod auf. Eine Stimme ertönte:
»Die Philosophie im Boudoir von Marquis de Sade.«
    Ariana fing meinen Blick auf und bewegte lautlos die Lippen.
Marquis de Sade? Nicht im Ernst.
    Während Jerry im Flur herumlief, setzte ich mich aufs Sofa und blätterte in der
Entertainment Weekly,
aber ich merkte, dass ich fünfmal hintereinander denselben Abschnitt las, ohne irgendetwas davon aufnehmen zu können. In der Küche räumte Ariana sämtliche Tassen aus den Schränken und stellte sie anschließend wieder hinein, offensichtlich genauso wie vorher. Dann zog sie den Deckel von einem Fertignudeltopf ab und ließ die Makkaroni auf die Arbeitsplatte regnen. Kein Werbegeschenk in Form eines Abhörgeräts. Sie reihte sämtliche Brotscheiben neben der Spüle auf. Wühlte in den Tüten von der Reinigung. Zog eine Haarspange aus dem Haar und musterte sie. Ihre Angst war ansteckend, und ich erwischte mich, wie ich unseren banalen Krempel über den Rand meiner Zeitschrift beäugte und überlegte, wie gut sich jeder dieser Gegenstände als trojanisches Pferd eignete. Ein Ninja-Blasrohr im Philodendron-Blumentopf?
    Jerry arbeitete sich sorgfältig von Zimmer zu Zimmer, nur sein Hörbuch durchbrach die Stille. De Sades Figuren

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