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Odessa Star: Roman (German Edition)

Odessa Star: Roman (German Edition)

Titel: Odessa Star: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch
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fiel mir sofort ein, und ich dachte an ihren widerwärtigen Hintern, der sich mir aus der Tür des Schuppens entgegengestreckt hatte. Jedenfalls hatte Titia noch keinen Alarm geschlagen, was im Zusammenhang mit der Zahl der Hundehaufen bedeutete, dass sie schon seit mindestens drei Tagen keinen Kontakt mehr zu ihrer alten Mutter gehabt hatte.
    Der Polizist fragte mich nicht, ob ich vielleicht wisse, wie er sich mit der Tochter in Verbindung setzen könne, er drehte sich um und stützte sich mit beiden Händen auf die Fensterbank.
    »Und wie war Ihr Verhältnis zu Ihrer Nachbarin?«, fragte er.
    Nur mühsam konnte ich ein Lächeln unterdrücken; wenn er nachts nicht einschlafen konnte, sah er sich bestimmt auch Wiederholungen von Columbo an.
    »Ach …« Ich hob die Schultern und grinste beide freimütig an, als rechnete ich mit ihrem Verständnis. »Sie hatte immer was zu nörgeln. Das eine Mal machte mein Sohn zu viel Krach, dann wieder leckten ein paar Wassertropfen von oben in ihr Badezimmer. Und ich habe sie manchmal sehr freundlich gebeten, sich etwas mehr um ihre Tiere zu kümmern, weil es so stank. Der Geruch hier, der zog bis nach oben.«
    Der Molukker machte einen Schritt auf mich zu und kniff die Augen zusammen, wie er es wahrscheinlich Kriminalbeamte in TV -Serien hatte tun sehen – aber das waren Schauspieler, die ihr Fach verstanden. »Sie sind also froh, sie los zu sein?«
    Es war an der Zeit, wieder eine ernsthafte Miene aufzusetzen. »Schauen Sie, ich weiß nicht, was Frau de Bilde zugestoßen ist. Vielleicht ist ihr schlecht geworden, und sie liegt in diesem Moment hinter irgendwelchen Sträuchern, wo man sie nicht sehen kann. Das wünsche ich niemandem. Aber das hat nichts damit zu tun, dass ich mir ab und zu eine angenehmere Nachbarin gewünscht hätte.«
    Als wir auf dem Weg zur Haustür am Badezimmer vorbeikamen, sah ich Unterwäsche an einem Trockengestell hängen, trotz des Schummerlichts waren die braunen Flecken an der Decke und der abgeblätterte Putz deutlich zu erkennen.
    »Wir halten Sie auf dem Laufenden«, sagte der unter Schlaflosigkeit leidende Columbo. Sie gaben mir nicht die Hand, aber das hatte ich auch nicht erwartet.
    Oben informierte ich in aller Kürze die Mitglieder meiner Familie; Nathalie hatte mich seit dem frühen Morgen keines Blickes gewürdigt, sie hatte sich des Hundes angenommen, sogar unten in der Wohnung das Wasser im Vogelkäfig aufgefüllt und den Hamstern (oder Meerschweinchen) etwas zu fressen gegeben.
    »Sie meinen, sie liegt irgendwo im Gestrüpp«, beendete ich meinen Bericht. »Unsichtbar für Passanten.«
    Ich öffnete den Kühlschrank und tat, als würde ich nach etwas Essbarem suchen; wir hatten noch nicht eingekauft, und die Schmelzkäse-Dreiecke und die anderen Produkte mit langem Haltbarkeitsdatum boten einen traurigen Anblick. »Ich werde mal ein paar Sachen einkaufen«, sagte ich. »Wer hat Lust auf Hering?«
    »Hering?«, rief meine Frau. »Weißt du, wie spät es ist?«
    Ich grinste so dämlich wie möglich. »Ich war gerade zwei Wochen in Spanien. Und habe oft an Hering gedacht.«
    An der Ecke Pythagorasstraat und Copernicusstraat nahm ich mein Handy aus der Hosentasche. Ich sah mich nach allen Seiten um, aber niemand war zu sehen, nur am Ende der Pythagorasstraat versuchte jemand vergeblich, sein Mofa zu starten.
    Ich bog nach links in die Copernicusstraat ein und wählte Max’ Nummer, ich tat es ganz beiläufig, damit jemand, der gerade hinter den Gardinen seiner Wohnung stand und hinausschaute, sich nicht darüber wunderte, dass ich so nah bei meinem Haus mit dem Handy anrief. Aber eigentlich rief ich ja nur meine Frau an, um zu fragen, ob sie nun jungen oder alten Käse haben wollte.
    »Hallo …« Max hörte sich nicht verschlafen an, eher wachsam.
    »Hallo«, sagte ich und hoffte, er würde meine Stimme erkennen; meinen Namen zu nennen, schien mir nicht ratsam, heutzutage konnte man ein Handy genauso leicht abhören wie ein normales Telefon.
    »Hallo wer?«
    Vielleicht war es Einbildung, aber ich hätte schwören können, ich würde im Hintergrund Wasser laufen hören. »Fred«, sagte ich leise, als würde die Lautstärke etwas ändern.
    »Ja …«
    »Ja.«
    »Fred wer?«, fragte Max jetzt etwas verärgert.
    »Fred. Ich komme gerade aus dem Urlaub zurück. Aus Menorca«, fügte ich im letzten Moment noch hinzu.
    »Oh, Fred.« Ich glaubte, eine leise Spur von Enttäuschung in seiner Stimme zu hören.

    »Was ist?«
    »Was ist?«
    »Weswegen

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