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Odice

Odice

Titel: Odice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anais Goutier
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ein Funke submissiven Gehorsams in dir?«
    Da war er wieder, dieser leicht spöttische Beiklang in seiner herrlichen Stimme, während Julien sie mit den langen, geschmeidigen Schritten eines Raubtiers umkreiste, um schließlich vor ihr in die Hocke zu gehen und ihren Kopf leicht zu sich emporzuheben.
    »Ehrlich gesagt hatte ich mit einem dunklen Kellerverließ mit Streckbank und Andreaskreuz gerechnet. Ich dachte, das gehört in dieser Szene zur Grundausstattung, mon seigneur .«
    Odice versuchte abgeklärt zu wirken, doch das Beben in ihrer Stimme sprach eine andere Sprache. Sie war nervös und sie hatte auch ein bisschen Angst.
    »Wir verkehren in keiner Szene , Odice.«
    Der herablassende Ton, mit dem er jetzt sprach, verletzte sie.
    »Diese Clubs, die schmuddeligen Hinterzimmer, rot-schwarze Kerker mit Kunstleder und alberne Kostüme aus Lack und Latex, das entspricht nicht unserem Stil. Wir wollen nichts zu tun haben mit diesen Freizeit-Sadisten und ihren bemitleidenswerten, exhibitionistisch veranlagten Anhängseln.«
    Er klang gereizt. Das war vermutlich keine gute Voraussetzung für das, was ihr bevorstand.
    Dann stand er abrupt auf und wandte sich der Kommode zu. Aus unsichtbaren Boxen erklangen nun sanfte Instrumentalklänge. David Bowies Crystal Japan , ging es Odice durch den Kopf.
    Julien öffnete die gleiche lange Schublade, aus der Sada die Manschetten genommen hatte und hielt Odice im nächsten Moment ein Objekt vor die Nase, das aus einem Kiefernholz-Stiel mit zwölf dünnen Glatt- und Wildlederriemen bestand.
    »Kennst du das hier, Odice?«
    »Sie wollen mich mit dem Martinet züchtigen?« fragte sie ungläubig.
    »Hast du ihn als Kind zu spüren bekommen?« Juliens eisblauen Augen funkelten.
    Odice schüttelte den Kopf. »Nein. Meine Eltern haben mich antiautoritär erzogen. Alt-68er, die sich bei der Demonstration gegen die Absetzung von Henri Langlois als Leiter der Cinémathèque kennen- und im Mai 68 lieben gelernt haben. Den Martinet kenne ich nur aus den Erzählungen meiner Großmutter.«
    Julien nickte. »Das dachte ich mir fast.«
    »Und Sie? Sind Sie als Kind damit geschlagen worden?«
    »Ja.« Seine Stimme klang kühl, fast unbeteiligt.
    Die Antwort erstaunte sie. »Von wem?«
    »Schluss jetzt mit den Fragen, Odice.«
    Er trat erneut an die Kommode und förderte eine Reitgerte zutage, die der vom Vortag erschreckend ähnlich sah, obwohl sie etwas kürzer war als Erics Modell.
    Julien ließ das Leder ein paar Mal durch seine Hände gleiten, ehe er sie zusammen mit dem Martinet auf das Daybed legte.
    Als er Odice’ Blick auffing, lächelte er sie an und sagte mit sanfter Stimme: »Du brauchst keine Angst zu haben. Die Gerte kann sehr viel erotischer sein, als du sie bisher kennengelernt hast.«
    Als letztes nahm er weitere Manschetten, eine Metallstange und ein Seil, das sorgfältig zu einem dicken Knäuel gewickelt war, aus der Kommode und legte auch diese Utensilien auf dem Daybed ab.
    »Ich werde dir jetzt einen schönen Hofknicks beibringen, Odice«, erklärte er grinsend, während er ihr seine Hand reichte, um ihr aufzuhelfen.
    Odice verstand kein Wort. Auf ihren fragenden Blick hin, erklärte er geduldig: »Der Hofknicks ist eine sehr ansprechende Körperhaltung, die es mir gestattet, dich auf bequeme und ebenso effektive Weise zu züchtigen. Wenn du möchtest, kannst du dich einen Moment hinsetzen oder dir die Füße vertreten, bevor wir beginnen. Ich möchte nicht, dass dir schon alle Glieder wehtun, ehe wir überhaupt angefangen haben.«
    Mit diesen Worten dirigierte er sie zu der freien Seite des Daybeds und begann, ihre verspannten Schultern zu massieren. Anschließend kniete er vor ihr nieder und wandte sich ihren schmerzenden Füßen zu, um auch diese sanft zu kneten.
    »Du hast wunderschöne Füße, Odice. Wie können so zarte, zierliche Füße nur derart fest im Leben stehen?«
    Odice blickte auf Julien herab und wieder einmal verfluchte sie ihre auf den Rücken gefesselten Hände. Er sah so verdammt gut aus in dem seidigen grauen Rollkragenpullover, der seine perfekt modellierte Brust erahnen ließ und in der schmalen schwarzen Hedi-Slimane-Jeans. Warum war er so zärtlich, wenn es doch sein eigentliches Anliegen war, ihr wehzutun? Und warum um alles in der Welt war ihm überhaupt daran gelegen? Er war Mitte dreißig, ausgesprochen attraktiv, gebildet und höchst erfolgreich in einem kreativen Beruf. Wie kam jemand wie er zu dieser abnormen Art der Sexualität? Warum musste

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