Odice
seinen Arm.
Auf dem Weg vom Schloss in die Altstadt kamen sie am Ende des Place du Château an der Maison de la Magie Robert-Houdin vorbei und genau in diesem Augenblick begann das berühmte Schauspiel des Zauberei-Museums: der goldene Drache streckte seine sechs riesigen Köpfe durch die Fenster des historistischen Palais.
»Dieses Museum wollte ich schon immer mal besuchen. Los, lass uns reingehen!« entschied Odice spontan und zog Julien am Arm die Stufen zum Eingang hinauf.
Einen Moment lang schaute er sie verwundert an, öffnete den Mund, um ihn dann unverrichteter Dinge wieder zuzuklappen und folgte ihr das Portal hinauf.
»Wusstest du, dass dies das einzige offizielle Museum für Magie auf europäischem Boden ist? Viele der Exponate stammen aus dem Nachlass von Jean Eugène Robert-Houdin, dem Vater der modernen Magie und weltberühmten Automatenkonstrukteur, der 1805 hier in Blois geboren wurde.«
Julien grinste. »Warst du mal Fremdenführerin in Blois?«
»Nein. Ich denke, das gehört eher in den Bereich Allgemeinwissen«, entgegnete Odice spitz, ehe sie den ersten Ausstellungsraum betraten.
Das Museum entpuppte sich als phantastischer Mikrokosmos, der sie Raum für Raum die Geschichte der Magie erleben und in die poetische Welt der Imagination eintauchen ließ. Anhand zahlreicher Original-Exponate wurde zudem die Nähe des frühen Illusionshandwerks zur Technik und Wissenschaft seiner Zeit veranschaulicht. So beruhten viele der illusionistischen Tricks auf mechanischen Fundamenten oder bedienten sich der Elektrizität. Die Ablenkung tat Odice gut, obwohl sie noch immer mit jedem Schritt an die Perlen und das kleine Ei erinnert wurde.
Julien bestand darauf, dass sie keinen Aufzug benutzten, obwohl sich die Ausstellung auf fünf Etagen erstreckte, und so stellten sich vor allem die Treppen als echte Herausforderung dar. Jede einzelne Stufe sorgte dafür, dass sich die Perlen tief in Odice’ Schritt zogen und dabei ihre Klitoris stimulierten, während das Ei unablässig in ihr klingelte. Zwischen dem dritten und vierten Stock schließlich brach Odice der Schweiß auf der Stirn aus und sie musste sich schwer atmend am Treppengeländer festhalten.
»Ist dir nicht gut, chéri? Es sind nur noch ein paar Stufen.«
Der fürsorgliche Ton in Kombination mit seinem süffisanten Lächeln machte sie fuchsteufelswild.
»Noch ein Schritt weiter und ich komme hier im Treppenhaus!« fauchte Odice, während sie mit eisernem Griff das Geländer umschlossen hielt.
Julien reichte ihr seine Hand, die sie zögernd ergriff. Dann zog er sie weiter und es kam, wie es kommen musste. Gerade, als sie den vierten Stock erreichten und drei Kinder an ihnen vorbei die Treppe hinunter stürmten, wurde Odice von einem so heftigen Orgasmus überrollt, dass sie sich hilflos und voller Scham an Julien festkrallte.
Ohne zu zögern schloss er sie in seine Arme, hielt sie ganz fest und küsste sie sanft. Mit seinem Körper schirmte er sie zuverlässig vor den Blicken der anderen Museumsbesucher ab. Mon dieu – wie gut sich seine starken Arme anfühlten! Er löste sich erst von ihr, als sich Odice’ Atmung normalisierte, die schlimmste Röte aus ihren Wangen gewichen war und sie wieder sicher auf ihren Beinen stand. Doch ihre erhitzte Hand ließ er noch immer nicht los und so absolvierten sie den letzten Teil ihres Museumsrundgangs händchenhaltend.
Das war ein merkwürdiges Gefühl. Schließlich waren sie kein Liebespaar und überhaupt war Odice nicht der Händchenhalte-Typ. Sie fand, das war eine romantische Geste für sechzehnjährige Turteltauben, nicht aber für erwachsene Menschen. Mehrmals machte sie ihre Hand streb, um Julien zu signalisieren, dass sie genug habe, doch er ignorierte diese Andeutungen geflissentlich und streichelte mit seinem Daumen ihren Handrücken, statt loszulassen. Eine Weile fühlte sich Odice unwohl dabei, doch mit der Zeit gewöhnte sie sich an den sentimentalen Körperkontakt und wenn sie mit einer Zeigegeste auf ein interessantes Exponat hinweisen wollte, nahm sie seine Hand eben einfach mit.
Besonders fasziniert war Odice von Houdins berühmten Automaten, darunter die weltbekannten Uhren mit ihren raffiniert versteckten Mechanismen, der schwingende Trapezkünstler, der mechanische Vogel und die singende Büste.
»Ist die nicht unheimlich?« fragte sie Julien.
Er zuckte mit den Achseln.
»Erinnert sie dich nicht an die künstlichen Automatenmenschen der schwarzen Romantik? Zum Beispiel an E.T.A.
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