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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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Blick.« Der Kaufmann hustete und sah zu der Uhr an der Wand. Die Zeit zum Schließen war lange vorbei, und die Essenszeit war bereits unangenehm nahe gerückt, und er hatte noch nicht einmal die Kasse gemacht. »Langer Rede kurzer Sinn«, sagte er schnell,
»es ist so, dass niemand mehr zur Insel Grinde fährt. Nein, niemand hat etwas davon, seinen Fuß dorthin zu setzen, man sagt ja, dass er gefährlich ist, und man kann nicht wissen, was passiert. Also segelt niemand zur Insel Grinde, und ich bezweifle sehr, dass sich das je ändern wird.« Der Kaufmann schüttelte den Kopf. »Nein, ich kann Ihnen nur abraten, dorthin zu segeln, das sage ich Ihnen. Dort hat niemand etwas verloren. Und obwohl das Versorgungsschiff gerade dort gewesen ist und es ganze vier Wochen dauert, bis es wieder hinsegelt, wäre es trotzdem am besten, den Bescheid an Harald Adelstensfostre dem Skipper mitzugeben, sodass Harald ihn zwischen seinen Waren findet. Ja, das Beste wäre es, den Bescheid mit dem Proviantboot des Skippers zu schicken.«
    Sigbrit Holland bedankte sich für den Rat und versuchte so zu tun, als würde sie ihn befolgen. Wenigstens wusste sie jetzt, dass er noch lebte.
    »Nein, auf der Insel Grinde hat niemand etwas verloren, niemand hat das«, wiederholte der Kaufmann und schloss die Tür hinter ihr.
     
    Die Insel erhob sich wie ein grau-grüner windgepeitschter Hügel aus dem Wasser. Der Fischer Ambrosius fand die kleine Holzbrücke auf der Südseite der Insel, die einmal Teil eines lebhaften Fährhafens gewesen war, ohne größere Probleme. Sigbrit Holland vertäute das Boot an den halb verfaulten Pfeilern, so gut sie konnte, dann richtete sie sich auf und sah sich um. Es gab nichts als Steine, Moos, vereinzelte Büschel kurzen Grases und hier und da ein paar niedrige Bäume; kein besonders ansprechender Ort.
    Brynhild Sigurdskaer war nicht mitgekommen. Ohne nähere Erklärungen hatte sie ihnen mitgeteilt, dass sie etwas in Karlsund zu erledigen hatte und sie bei ihrer Rückkehr wieder treffen würde. Dann war sie mit ihrem Rucksack von Bord gegangen. Sigbrit Holland fragte sich, ob die durchsichtige Frau wohl Angst hatte. Wieder sah sie zu der wenig gastfreundlichen Insel hinüber. Vielleicht bestand guter Grund, Angst zu haben?
    Der Fischer Ambrosius und Odin traten zu Sigbrit Holland
auf die Brücke, und gemeinsam gelangten sie über die verfaulenden Planken zu der Insel und folgten einem schmalen, fast zugewachsenen Pfad den Hügel hinauf. Sie hatten gehört, dass Harald Adelstensfostres Hütte auf der Westseite der Insel lag, nicht weit von dem Leuchtturm, und sobald sie die Spitze des Hügels erreicht hatten, konnten sie sie sehen. Die Hütte war aus großen Feldsteinen gebaut und von einem kleinen gut gepflegten Garten umgeben. Sie gingen schneller, doch lange bevor sie in Hörweite waren, öffnete sich die Tür, und ein kräftiger Mann mit einem wilden Vollbart kam ihnen mit einem goldenen, über dem Kopf erhobenen Schwert entgegen. Der Mann schwang das Schwert in der Luft und rief viele wütende Worte, die sie nicht verstanden. Es bestand kein Zweifel, dass sie Harald Adelstensfostre vor sich hatten. Und es bestand auch kein Zweifel, dass Harald Adelstensfostre der Auffassung war, dass diese Begegnung bereits zu lange dauerte.
    Sie warteten nicht, um zu sehen, ob der Eremit Gebrauch von seinem Schwert machen würde, sondern liefen, so schnell sie konnten – der Fischer Ambrosius mit Odin auf dem Arm – über den Hügel zurück.
    Erst als sie die halb verfaulte Badebrücke erreicht hatten, stellte Harald Adelstensfostre die Verfolgung ein. Aber er blieb am Ende der Brücke stehen, um sich zu vergewissern, dass sie nicht wieder versuchten, an Land zu kommen.
    »Das ist wahrlich ein unhöflicher Empfang, der einem auf dieser Insel bereitet wird«, sagte Odin und wickelte sich den Bart um die Finger.
    »Wir sind wohl nicht besonders willkommen.« Der Fischer Ambrosius war noch immer von dem schnellen Lauf außer Atem. Er ging zum Ruder hinüber.
    »Aber wir lassen uns doch nicht vertreiben?« Sigbrit Holland setzte sich auf die Bank und sah den Fischer fragend an. Sie konnten doch nicht so leicht aufgeben, nachdem sie endlich angekommen waren.
    »Es dürfte besser sein, ein andermal wiederzukommen und zu sehen, ob er dann bessere Laune hat.« Der Fischer kniff die Augen zusammen. »Nun liegt es an dir, holde Frau, Kapitän Adelstensfostre
ist dein Gebiet.«
    Sigbrit Holland sah aus dem Fenster. Der Eremit stand

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