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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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hat etwas Ungewöhnliches bemerkt, abgesehen davon, dass einige der Weltuntergangsprophetengruppen in der Nähe waren.«

    »In diesen Tagen, in denen Bombenexplosionen, Brandstiftung, gewalttätige Demonstrationen und phantastische Aufzüge in Karnevalskostümen alltäglich geworden sind, gibt es wohl kaum einen, der irgendetwas bemerkt.« Der Staatsminister sah plötzlich müde aus. Er setzte sich und knackte sorgfältig die Finger, einen nach dem andern, bis alle zehn eingeknickt waren. »Wie in aller Welt konnte es so weit kommen?«
    »Ja, das ist äußerst bedauernswert.«
    »Bedauernswert! Was kümmert mich das, heben Sie sich das Bedauern für die Presse auf. Das ist eine Katastrophe, das hier!« Der Staatsminister schlug mit der geballten Faust auf den Tisch, und der Justizminister zuckte zusammen. »Dauernd bin ich von vier Sicherheitsbeamten umgeben. Im letzten Jahr bin ich mit dem Fahrrad herumgefahren, und jetzt sprechen die Sicherheitsbeamten von gepanzerten Autos. Im Frühjahr sind Wahlen. Versuchen Sie sich vorzustellen, wie die Wähler auf das Ganze reagieren werden.«
    Die Augen des Justizministers flackerten unruhig; nicht nur das Außenressort lag jetzt weit außerhalb seiner Reichweite, er merkte auch, wie sein eigener Stuhl zu wackeln begann. Er fluchte stumm. Gäbe es den kleinen alten Mann nur nicht und … nein, es nützte nichts, daran zu denken.
    »Es gibt ein kleines Problem, das die Arbeit der Polizei erschwert«, sagte er nervös. »Die nordnordische Polizei, ja, wie soll ich das ausdrücken … aber sie, eh, sie arbeitet nicht mit uns zusammen.«
    »Was soll das heißen, sie arbeitet nicht mit uns zusammen ?« Der Staatsminister sprang auf und ging hin und her.
    »Offiziell heißt es, dass die nordnordische Polizei aufgebracht ist, weil unsere Polizei nichts unternommen hat, um die Brandstiftung an der nordnordischen Botschaft aufzuklären«, sagte der Justizminister schnell. »Inoffiziell bin ich darüber informiert worden, dass die Polizei Befehle von höchster Stelle hat. Offensichtlich glaubt die nordnordische Regierung noch immer, dass wir den kleinen alten Mann versteckt halten, damit die Insel uns zugesprochen wird.«
    »Aber das ist doch vollkommen lächerlich.«

    Der Justizminister antwortete nicht, und einen Augenblick war es still im Büro des Staatsministers. Dann ließ der Staatsminister sich in seinen Stuhl fallen und rief mit einem Kopfschütteln: »Einen Beamten auf dem Nachhauseweg von der Arbeit zu entführen! Ich weiß nicht, da hört sich doch alles auf.« Sein Mund verzog sich. »Aber warum eigentlich Bramsentorpf? «
    »Er leitet unsere Delegation in den Verhandlungen um die Insel. «
    »Das klingt, als nähmen Sie es für gegeben, dass die nordnordischen so genannten Wahren Christen ihn haben?«
    Der Justizminister nickte vorsichtig.
    »Den Fehler in dem Text würde doch kein Südnordländer machen«, sagte er. »Und wenn ein Südnordländer den Eindruck hätte erwecken wollen, dass ein Nordnordländer den Brief geschrieben hat, hätte er sich wohl die Mühe gemacht, den gesamten Text auf Nordnordisch abzufassen.«
    »Da könnten Sie Recht haben«, sagte der Staatsminister fast freundlich, fuhr dann jedoch in sarkastischem Tonfall fort. »Sie werden mir jedoch erklären müssen, warum die Wahren Christen die Freigabe von Herrn Odin Odin fordern sollten, da sie die Einzigen sind, denen er gleichgültig ist?«
    »Sie betrachten ihn doch als falschen Messias. Und außerdem ist er der Schlüssel zu der Insel.«
    Der Staatsminister zog an seinem linken kleinen Finger, sagte jedoch keinen Ton.
    »Wenn sie so darauf versessen sind, ihn zu bekommen, kann es einen nur wundern, dass sie nicht Sie oder mich entführen.«
    »Angesichts der Sicherheitsbeamten, die uns in diesen Tagen umgeben, dürfte das nicht so einfach sein.« Der Justizminister massierte seinen Nasenrücken. »Der arme Mann, ich bin sicher, dass es ihm jetzt Leid tut, dass er je einen Fuß ins Justizministerium gesetzt hat.«
    »Und uns tut es Leid, dass dieser Herr Odin Odin je einen Fuß auf südnordischen Boden gesetzt hat!«
    Die Minister saßen einen Augenblick schweigend da, dann sagte der Justizminister leise:

    »Es wird nicht lange dauern. Die Polizei setzt alle Mittel ein, um Herrn Bramsentorpf zu finden.«
    »Hm«, schnaubte der Staatsminister. »Sie sollten sich besser beeilen. Und wir«, er lachte kalt, »wir sollten besser unseren kleinen alten Freund wiederfinden.«
     
    Sigbrit Holland

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