Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache
begrüßte sie, wie es sich gehört. Trotz der Sorge um Chrodelind kümmerte ich mich um ihr Wohlbefinden und ließ auftragen. Nebenan begann meine Tochter wieder zu fiebern und ich malte mir aus, wie sie leiden würde, wenn ich die Gäste im Saal ihr Nachtlager aufschlagen ließe. Ich besprach mich mit Hauk, dem Bruder meines Gemahls. Er erklärte sich bereit, sie drüben bei sich im Castell zu beherbergen.“
„Natürlich war ich nicht vorbereitet!“, rief Hauk dazwischen. „Ich hatte zuletzt nicht viel Zeit, mich um mein Anwesen zu kümmern!“
„Vielleicht sind die Herren nun beleidigt“, sagte Frau Begga. „Vielleicht werfen sie mir mangelnde Gastfreundschaft vor und sind mir deshalb nicht wohlgesinnt. Aber ich konnte nicht anders handeln.“
„Wir sind nicht beleidigt“, sagte Odo. „Aber warum machtet Ihr eine Ausnahme? Wenn Euch das Betragen des Herrn Siegram gegen Eure Tochter so missfiel … warum habt Ihr sie allein mit ihm im Saalhaus gelassen?“
„Ich bemerkte zu spät, dass er geblieben war“, sagte sie, wiederum ohne lange nachzudenken. „Ich hatte Euch, wie Ihr Euch wohl erinnert, ans Tor begleitet. In der Dunkelheit übersah ich, dass er Euch nicht gefolgt war. Später konnte ich ihn ja nicht mehr wegschicken.“
„Sie hatte mich eingeladen zu bleiben!“, rief Siegram, der mit dem lebhaftesten Mienenspiel seine Empörung zeigte.
„Geduldet Euch doch!“, ermahnte ihn Hrotbert.
„Ich hatte ihn vorher eingeladen, bevor die Herren Königsboten kamen!“, widersprach Frau Begga.
„Nein!“, entgegnete Siegram. „Ihr wolltet ausdrücklich, dass ich blieb, während sie aufbrachen!“
Es gab ein heftiges Gemurmel und einige Zwischenrufe. Der Graf musste mehrmals Ruhe anmahnen.
„Kommt nun zum Schluss, Frau Begga!“
„Was sollte ich tun? Ich musste ihn unterbringen. Er hatte sich ja auch schon eingerichtet. So vertraute ich auf seinen Anstand als Edelmann. Der König hatte ihn ausgezeichnet – konnte er denn ein schlechter Mensch sein? Natürlich hätte ich Chrodelind auf die Arme nehmen und ins Schlafhaus hinüber tragen können. Doch sie war endlich eingeschlummert und ich wollte nicht, dass sie noch einmal erwachte. Also deckte ich sie mit Pelzen zu und ging leise hinaus. Ich überlegte auch, ob ich die Tür zur Kammer verschließen oder offen lassen sollte. Aber dann dachte ich, sie könnte sich fürchten, wenn sie vielleicht in der Nacht wach würde. Es könnte ja auch ein Feuer ausbrechen … Wir hatten schon Gäste im Seli, die nach Mitternacht noch ein Schwein brieten. Außerdem hatte ich die Absicht, später noch einmal nach ihr zu sehen. Dies unterblieb, das gebe ich zu. In der Nacht zuvor, als mein Gemahl zum Heer aufbrach, hatte ich kein Auge zugetan. Ich war todmüde. So verließ ich also das Saalhaus. Der Fremde lag schon auf der Bank, in seine Decken und Felle gewickelt, und schien zu schlafen. Das beruhigte mich. Ich ging hinaus und legte mich im Schlafhaus nieder. Eine Magd war es, die mich am Morgen weckte, nachdem sie die schreckliche Tat entdeckt hatte.“
Frau Begga machte eine Pause und ließ einen langen, ernsten Blick über unsere Richterbank gleiten.
„Das ist alles, meine Herren, mehr kann ich nicht sagen. Wahrscheinlich hatte er sich nur schlafend gestellt. Er war allein im Saal, sein Diener übernachtete draußen bei den Pferden. Er hatte die ganze Nacht Zeit, um sein Verbrechen zu begehen und sich dann heimlich davonzumachen. Wie wir sie morgens fanden, ist Euch bekannt. Nur eines noch: Das goldene Kreuz, das sie am Hals trug, ist verschwunden. Wer könnte es haben, wenn nicht der Mörder? Sucht es bei ihm! Und dann fällt Euer Urteil!“
„Erlaubt, edle Frau, dass ich Euch noch eine Frage stelle!“, sagte ich, indem ich rasch aufstand.. „So wie Ihr das Saalhaus verlassen habt, während Herr Siegram schon schlief, so konnte doch auch jeder hinein und durch die unverschlossene Außentür durch den Saal in die Kammer gelangen. Könnte es also nicht ein anderer gewesen sein, der den Mord beging? Jemand vom Hof, vom Dorf oder vom Castell?“
„Das könnte wohl sein“, entgegnete sie. „Nur ist er uns unbekannt und wir haben auch keinen Verdacht. Habt Ihr einen, so bringt uns Beweise. Ich wiederhole: Findet das Kreuz bei ihm!“
Frau Begga trat auf die Seite.
Hrotbert neigte sich uns zu und raunte: „Wollen wir ihn durchsuchen lassen?“
„Wozu?“, erwiderte Odo. „Wir werden nichts finden.“
„Es wäre auch demütigend für
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