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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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bin ich? Ein Wurm! Ein Staubkorn! Was nützt es mir, daß ich gebildet bin, daß ich ganze Versepen auswendig weiß! Ich bin nur ein Narr, ich suche Streit. Ich verdächtige meinen Wohltäter! Ich … ah!“
    Bei seinem Gezeter hatte er mit der fingerlangen eisernen Nadel gefuchtelt und sich in den Oberschenkel gestochen. Er heulte auf und brach in Tränen aus.
    Er tat mir leid, umso mehr, als seine Vermutungen vielleicht richtig waren. Ja, ich zweifelte nicht, daß der Cleph in der Lage war, einen Menschen, sogar einen Bruder aus Eifersucht oder Habgier zu töten. Auch nicht, daß die Frau auf dem Turm einen starken, vielleicht verderblichen Einfluß auf ihn hatte. Ich erinnerte mich auch wieder des silberbeschlagenen Gürtels in meinem Reisesack. Sah den Gundobad träge und schlaff an der Quelle, von der Jagd schnell ermüdet. Sah den Cleph zwischen Felsen hervortreten, finster blickend, das Schwert in der Hand. Ein kurzer, ungleicher Kampf … ein tödlicher Hieb … der Gürtel, zuvor aus Bequemlichkeit abgelegt, rutscht in den Felsspalt … der Mörder wischt seine blutige Spatha im Gras ab … vergräbt die Waffen des Opfers … jagt das Pferd in den Wald … lenkt die Schuld auf Banditen …
    Und doch, was ging es uns an! Ebrachar hätte den Cleph aufgrund eines frischen Verdachts erschlagen können. Jedes Gericht, auch das des Königs oder des Pfalzgrafen, hätte ihn freigesprochen. Er unterließ es, er mußte Gründe haben. Vielleicht stärkere als eine Zwecklüge des Herrn Rocco, ganz sicher stärkere. Söhne sind ein wertvolles Gut, man vergeudet es nicht! War einer schon durch die Hand des anderen umgekommen … warum das Unglück verdoppeln? Was sollten da noch Beweisstücke, Untersuchungen, Rügegeschworene! Das alles würde nichts ändern, höchstens Unruhe stiften und eine Heirat verhindern. Und einem Jämmerling von Kostgänger etwas Genugtuung verschaffen.
    Ich kümmerte mich nicht mehr um den Drog und ging in den Garten hinaus. Schnell vergaß ich das unangenehme Gespräch über neuen, freundlichen Eindrücken. Im sanften Abendlicht schritt ich unter den Buchen und Linden, deren Zweige die Dächer der Gebäude berührten, durch ein kleines Labyrinth. Schmale Wege, die plötzlich endeten, halbhohe Hecken, hübsche, von Ziersträuchern gesäumte Nischen verwirrten den Spaziergänger schnell. Dazwischen gab es Brunnen und einen Fischteich, da und dort stand eine steinerne Bank. Der Garten mochte einmal planmäßig angelegt sein, jetzt war er vernachlässigt und verwildert. Blumen, Gräser und Kräuter wucherten üppig, von Spinnennetzen durchwoben.
    Was ich suchte, war manchmal erst auf den zweiten Blick zu entdecken. Eine marmorne Basis mit Inschrift war von Dornengestrüpp überwachsen. Meine Hände wurden blutig gestochen, als ich sie freilegte. Mit einem Stöckchen säuberte ich die noch erkennbaren Majuskeln. „MA … UBLI … ASOPROC …“ Hier hatte also das Bild des Procurators Marcus Publius Naso gestanden, dem das Gut wohl vor vielen Jahrhunderten einmal gehört hatte.
    Der Eifer packte mich, ich lief hierhin und dorthin und fand mehrere Kostbarkeiten. Zwischen Ginsterzweigen lächelte mich ein gut erhaltener steinerner Kinderkopf an. Unter der ohren- und kinnlosen Büste eines strengen Herrn las ich IUSIMP, doch welcher Kaiser, dessen Name auf -ius endete, war es? Tiberius? Claudius? Constantius?
    Weitersuchend drang ich bis zum Ende des Gartens vor. Er wurde von einer Mauer begrenzt. Irgendwo sollte dort eine Pforte sein, die man passieren mußte, um zu der Kapelle zu gelangen. Ein Wasserbecken, das ein arg beschädigter Neptun bewachte, erinnerte mich daran, daß ich mich etwas reinigen mußte. Ich beugte mich über das Becken und wollte gerade meine Hände eintauchen, als ich vor Überraschung erstarrte.
    Keine zehn Schritte von mir entfernt, auf einer Bank an der Mauer unter den tiefhängenden, früchteschweren Zweigen eines Apfelbaums saß ein Paar, das in eine lebhafte Unterhaltung vertieft war. Wenn ich ‚Paar‘ sage, ist das allerdings schon nicht richtig, doch ist es das Wort, das mir zuerst einfallt, wenn ich mich des Bildes erinnere. Denn ein Paar konnten diese beiden nicht sein. Es waren ein Mönch und eine Jungfrau.
    Ich habe noch nie einen Bruder gesehen, der unser schlichtes Ordenskleid in so anmutiger Weise zu tragen wußte. Wahrhaftig, es stand ihm besser als manchem jungen Edlen der seidene Mantel. Der Mönch mochte etwa dreißig Jahre alt sein und war von

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