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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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seiner religiösen Bestimmung zuzuführen. Zwei Säulen des Pronaos wurden erneuert, die Wände und das Dach ausgebessert. Ein schöner Mosaikfußboden konnte zum Teil erhalten werden. Als Nachfolger Jupiters zog nun nach einem barbarischen Zwischenspiel Jesus Christus hier ein.
    Schon vom Vorraum aus sah ich durch die offene Tür unseren Herrn, aus Holz geschnitzt, auf einem kleinen Podest stehen, die Hände mit den Wundmalen segnend erhoben. Der Künstler wollte wohl Jesus' Kummer über den Zustand der Welt ausdrücken, und so hatte er dem Gesicht des Erlösers einen verächtlichen, ja angewiderten Ausdruck gegeben. Der Gottessohn sah auf zwei Mönche herab, die zu seinen Füßen hantierten und deren Anblick seine Miene vollkommen rechtfertigte. Der eine, der damit beschäftigt war, Geräte zu putzen, ähnelte einem schmutzigen kleinen Gauner. Der andere, der auf dem Altar ein paar armdicke Kerzen zu einem Bündel zusammenschnürte, konnte einem der sieben Köpfe des apokalyptischen Drachens sein Gesicht leihen. Das Riesenmaul, die winzigen, eng zusammenstehenden Augen, die über und über von Narben zerstörte Haut paßten eher zu einem Verwandten des Teufels als zu einem Gottesmann. Dazu hatte der fromme Bruder die kraftvolle, plumpe Gestalt eines Bären und Fäuste wie Mühlsteine. Die beiden Mönche unterhielten sich lebhaft und brachen jeden Augenblick in ein rohes Gelächter aus. Mir ging es wie Christus, ich fühlte mich unbehaglich. So blieb ich zögernd an der Tür stehen.
    In diesem Augenblick sah ich zwei Männer auf die Kapelle zukommen. Im Dämmerlicht erkannte ich sie nicht gleich. Erst als sie in kurzer Entfernung stehen blieben und zu mir herübersahen, bemerkte ich, daß es Rocco und Cleph waren. Der dicke Gutsbesitzer redete eine Weile leise auf den Vilicus ein und machte dann eine aufmunternde Geste in meine Richtung. Cleph stieg allein die Stufen herauf. Er zögerte kurz, und es schien, als wolle er sich den lärmenden Mönchen zuwenden. Doch dann trat er entschlossen auf mich zu. Es kostete ihn nicht wenig Mühe, seiner verdrießlichen Miene einen höflichen, wenn nicht freundlichen Ausdruck zu geben.
    „Ich suchte Euch schon“, sagte er. „Das war vorhin unrecht von mir, ich verlor die Beherrschung. Ich kannte Euch nicht und beleidigte Euch. Verzeiht mir! Wenn ich etwas für Euch zu tun vermag …“
    Zweifellos hatte ihn Herr Rocco gedrängt, mich vollkommen zu besänftigen. Ich sagte ihm etwa dasselbe wie zuvor schon Herrn Ebrachar: daß ich seine Entschuldigung annähme, weil er mich offenbar nicht persönlich, sondern ganz allgemein Leute gemeint habe, welche das Ordenskleid trügen, dem Mönchtum jedoch wenig Ehre machten.
    „So ist es, die meinte ich!“ sagte er heftig. Mit einer knappen Kopfbewegung deutete er nach den Männern unter der Christusfigur: „Solche wie die dort!“ Die beiden Mönche brachen gerade wieder in ihr wüstes Gelächter aus, und der Große mit der apokalyptischen Fratze sagte:
    „Mach Schluß, Subulcus, tu das Zeug da ins Tabernakel. Verschwinden wir. Es wird sonst zu spät.“
    Er lud sich ächzend das Bündel Kerzen auf die Schulter und bewegte sich auf die Tür zu.
    Cleph hatte kein Auge von ihm gelassen. Als der Mönch jetzt herauskam, trat er ihm in den Weg und sagte mit schneidender Stimme:
    „Wohin damit? Wer hat euch erlaubt, die Kerzen zu nehmen?“
    Der Riese schob ihn mit seiner Pranke beiseite.
    „Herr Ebrachar hat es erlaubt“, knurrte er. „Wer sonst?“
    „Das kann nicht wahr sein. Davon weiß ich nichts!“
    „Aber es ist so, glaubt mir's! Er sagte: ‚Nehmt die Kerzen und tut sie in eure Kirche zum Lobe Gottes. Die Bauern liefern mir Wachs zur Genüge!‘“
    „Ihr habt selber Bauern, die euch Wachs liefern. Dreimal so viele wie wir!“
    „Aber es gibt bei uns zehnmal so viele, die den Herrn loben!“
    Er lachte dröhnend, wobei er sein Drachengebiß entblößte. Dann drehte er sich noch einmal um und rief:
    „Wo bleibst du, Subulcus? Dein Hintern ist mir heute zu träge, ich gehe schon!“
    In diesem Augenblick sah er mich.
    „Der Herr sei gelobt!“ brummte er.
    „In Ewigkeit!“ antwortete ich.
    Der Koloß war schon die Treppe hinunter. Er schlug einen Weg ein, der von Hütten gesäumt war und offenbar zu einem Nebentor führte.
    Cleph hatte mich vergessen und setzte ihm nach.
    „Ich erlaube es nicht!“ schrie er. „Ihr habt vor zwei Wochen erst Kerzen bekommen. Das sind dreißig Denare, die du fortschleppst! Was sage

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