Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus
Mägden treibst! Rede! Na los! Sprich laut und klar!“
„Ich treibe es nicht mit Mägden“, stieß Bobo schüchtern hervor, wobei er nicht wagte, das Mädchen anzusehen. „Und Kebsweiber habe ich auch nicht.“
„Immer werde ich meiner Gemahlin die Ehre erweisen, die sie verdient! Sag ihr das!“
„Immer werde ich meiner Gemahlin erweisen, was sie verdient“, stotterte Bobo.
„Die Ehre, Dummkopf!“ zischte Herr Rocco.
„Die Ehre …“
„Und niemals werde ich sie ins Unglück stoßen, sondern ihr hundert Jahre treu sein!“
„Und niemals werde ich ihr im Unglück treu sein, sondern sie hundert Jahre – – –“
Bobo verstummte und errötete heftig.
Einen Augenblick später erhob sich krachend ein allgemeines Gelächter. Herr Ebrachar kicherte kurzatmig und hielt sich vor Vergnügen die Seiten. Ich, der ich, wie fast immer, als letzter Tischgenosse noch aß, verschluckte mich und erlitt einen Hustenanfall. Als ich mich davon etwas erholte, herrschte noch immer dröhnende Heiterkeit. Einige wieherten wie Pferde, andere stießen Grunzlaute aus. Herr Rocco, der schon die Fäuste erhoben hatte, um auf den Bobo einzuprügeln, erkannte den Wert dieses Stimmungsumschwungs und packte mit beiden Händen seinen wackelnden Bauch, als könne der aus dem Gürtel springen und fortrollen. Auch Bobo lachte nun, stolz sein Gebiß fletschend. Es gelang ihm sicher nicht oft, mit einem Scherz die Aufmerksamkeit einer Gesellschaft zu erringen.
Sogar die alten Tanten hatten lüstern aufgekreischt, wenn auch nur kurz. Die Ingunde war heftig erschrocken und warf einen hilfesuchenden Blick auf Fabiolus. Der sah aber ganz zufrieden aus. Die grobe, wenn auch gerade noch unausgesprochene Anzüglichkeit des Bobo schien nur vollendet zu haben, was er begonnen hatte. Er lachte mit der Miene eines heiligen Mannes, den ein besonders tölpelhafter Gesandter Satans versucht, wie im Vorgefühl eines frommen Triumphs.
Diesen schien sich jetzt auch die Ingunde vorzustellen. Während unser Gelächter sie umtoste, richtete sie ihre blauen Augen, rund wie Denare, starr und beseligt auf Pater Fabiolus. Dabei stieß sie kleine rhythmische Schreie aus.
Die fröhliche Stimmung war also an die Tafel zurückgekehrt. Ingunde und ihre Tanten mußten sich nun auf Befehl Herrn Ebrachars zur Ruhe begeben, damit die Rücksicht auf sie die Gespräche der Männer nicht länger behinderte. Die Metbank {12} unserer Vorfahren, der Germanen, lebte auf. Wo früher die schlaffen römischen Provinzialen, hingelagert auf Speisesofas, in überfeinerten Genüssen geschwelgt hatten, floß kannenweise der Wein in die Kehlen, hämmerten Fäuste auf den Eichentisch, flogen deftige Worte hin und her, und brüllendes Lachen schlug gegen die alten, rissigen Wände.
Jetzt wurde dem Hausherrn auch endlich Dank für die Bewirtung zuteil. Das Mahl war zwar, wie erwähnt, nicht allzu üppig, aber auch das, was gereicht wurde, Hammel, Geflügel, Kohl und Erbsen, mit einer vortrefflichen Knoblauchsoße angerichtet, hatte die Bäuche bis zum Platzen gespannt. Knatternde Winde und berstende Rülpser brachten Entspannung und befreiende Heiterkeit. Herr Ebrachar, glücklich, weil seine Gäste zufrieden waren, ließ noch mehr Wein kommen. Er fand auch, daß unser Kreis zu klein war. Am Tisch war noch Platz, und so wurden aus einem anderen Saal, wo die weniger Vornehmen speisten, zehn, zwölf Männer herbeigeholt. Auch Heiko, Fulk und die Recken waren darunter. „Trinkt, Leute!“ rief Herr Ebrachar, dessen brokatenes Wams schon über und über vom Wein gefleckt war. „Zu lange zu trauern ist nicht weise! Ich befürchtete schon, daß unser Geschlecht zugrunde gehen könnte. Der Verlust war zu schwer. Aber jetzt, da ich Odo, meinen prächtigen Vetter, hier an meiner Seite sehe, habe ich keine Sorge mehr!“
„Ihr habt ein Wunder vollbracht, Herr Odo!“ schrie Rocco. „Dagegen sind die Wunder des heiligen Martin nur Kindereien!“
„Bei Gott, du bist die Hoffnung unseres Geschlechts, lieber Vetter!“ fuhr Herr Ebrachar fort. „Deshalb solltest du auch nicht mehr zögern und heiraten. Nun, wie steht es damit? Hast du schon eine Jungfrau im Auge, die unserer Familie Ehre macht? Eine, die viele kleine Merowinger zur Welt bringt?“
„Merowinger und Karolinger!“ erwiderte Odo und strich sich den Schnurrbart.
„Was? Woher kommen die Karolinger?“
„Von einer Karolingerin.“
„Heißt das, die Mutter deiner Kinder …“
„Die künftige Mutter meiner
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