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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Tanten lauschten mit offenen, zahnlosen Mündern, Herr Ebrachar trank und ließ seinen Günstling gütig gewähren, Sigiwald feixte wie gewöhnlich, Cleph starrte finster vor sich hin, und Bobo schob seine Hauer vor und verstand überhaupt nichts. Nur Herr Rocco rutschte unruhig auf der Bank hin und her und ärgerte sich, weil nicht sein Hauspoet Drog, der abwesend blieb, sondern ‚dieser verfluchte Diabolus‘ sich den Lorbeer des Dichters verdiente.
    Doch der hatte, wie sich bald herausstellte, mehr im Sinn. Nachdem er die Schönheit der Braut genugsam gepriesen hatte, wandte er sich ihrem traurigen Schicksal zu. Auch was jetzt kam, stammte aus Quellen, die mir nicht unbekannt waren. Fabiolus hatte das Talent des geschickten Erzählers, der wie ein guter Koch alle möglichen Zutaten, die ihm gerade zur Hand sind, in einen Topf wirft und zu einem schmackhaften Brei zusammenrührt.
    Die Geschichte ging so: Ein mächtiger Herzog warb um die Hand der schönen Valeria. Der König gab sie ihm, dazu einen Teil seines Reichs als Mitgift. Aber der Herzog erwies sich als übler Schurke. Er verstieß seine Gattin nach kurzer Zeit, weil sie nicht dulden wollte, daß er nebenbei Liebschaften mit Kebsweibern und mit Mägden hatte. Elend lag sie mitten in ihrem ererbten Land auf der Straße und bat um Almosen. Da kam ein fremder Recke vorbei, den ihre Schönheit rührte. In seiner goldenen Rüstung stieg er klirrend vom Pferd. Er hob die Verzweifelte auf und sprach tröstende Worte zu ihr, und nun erfuhr er ihr grausames Schicksal. Sofort entschloß er sich, gegen den Herzog zu Felde zu ziehen und das Erbe zurückzuerobern. Dafür schwor ihm Valeria ewige Liebe und Treue. Als sie sich gegenseitig zuschworen, flog eine Taube vom Himmel herab und setzte sich auf die Schulter des Recken. Nun sprengte er fort und zog in den Kampf und erschlug den Herzog. Valeria kehrte in ihren Palast zurück und wollte den Recken zu ihrem Gemahl machen. Doch sie fand nur noch seine goldene Rüstung, er selber war fort. Da erinnerte sie sich des Schwurs und der Taube, und jetzt erkannte sie ihren Retter. Sie hängte die Rüstung in ihre Kammer und hielt sie in Ehren. Wer immer um ihre Hand anhielt, ob Graf, Fürst oder König, wurde abgewiesen. Sie lebte nur noch in Zucht und Keuschheit, ging schließlich ins Kloster und beschloß ihr Leben als Heilige.
    „So fand sie doch noch den wahren Weg!“ schloß Fabiolus mit einem sieghaften Lächeln. „Er, der so viele Gestalten annehmen kann und so viele Herzen erobert, half ihr aus ihrer Not. Er hilft allen, wenn sie nur fest an ihn glauben!“ Ein flammender Blick traf die Ingunde, die wie getroffen zusammenzuckte. Dann schlug der Pater wieder sein schwungvolles Kreuz und setzte sich. Einen Augenblick lang herrschte unbehagliches Schweigen.
    „Und wer war nun dieser goldene Recke?“ fragte Odo spöttisch. „Dieser begnadete Herzensbrecher?“
    „Der goldene Recke war der Heilige Geist“, erwiderte Fabiolus mit entwaffnender Liebenswürdigkeit. „Habt Ihr das nicht verstanden?“
    „Dann war wohl die Taube dieselbe, die bei der Taufe unseres Herrn vom Himmel herabflog?“ fragte ich.
    „Das deutet Ihr richtig, Bruder, es war dieselbe.“
    „Die Geschichte gefällt mir nicht“, sagte Herr Rocco, der gleich die Ohren gespitzt hatte, als von Mitgift und Erbschaft die Rede war. „Nein, sie gefällt mir überhaupt nicht! Dieser Schurke von Herzog, der nur auf die Mitgift aus war … wen meinst du damit?“
    „Nun, einen Herzog, der einmal gelebt hat. Ich kann nicht einmal mehr seinen Namen nennen.“
    „Meinst du damit nicht einen anderen?“
    „Wen denn?“
    „Vielleicht meinen Bobo?“
    „Was fällt Euch ein! Wie kommt Ihr darauf?“
    „Zum Teufel, Nachbar“, grollte Herr Rocco, „ist es erlaubt, so zu reden und solche Geschichten zu erzählen, wenn die Braut mit am Tisch sitzt und wenn der Bräutigam mit Verlobungsgeschenken gekommen ist? Ist es richtig, die Braut zu erschrecken und ihr Angst vor der Ehe zu machen?“
    „Nein, das war wohl nicht recht“, sagte Herr Ebrachar verlegen. „Deine Geschichte war zwar sehr schön, Fabio, aber ich habe ja gleich gesagt, so etwas paßt heute nicht. Du hast uns richtig die Stimmung verdorben.“
    „Mein Sohn Bobo hat keine Kebsweiber, und mit Mägden treibt er es auch nicht!“ polterte Rocco, zornrot im Gesicht. Er gab dem Bobo neben ihm einen Knuff. „Los, sag dem Fräulein Ingunde, daß du keine Kebsweiber hast und es auch nicht mit

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