Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus
Dankbarkeit sicher sein, weil er bei der Messe für meinen Sohn so aufmerksam ministriert hat.“
„Da kann man wohl sagen, daß er Euch mehr genommen hat als nur beim Wort!“
„Beruhigt Euch doch, mein Teurer!“ Mit einem liebenswürdigen Lächeln mischte Fabiolus sich ins Gespräch. „Es handelt sich wohl um einen Irrtum. Der Bruder hat Euern Vater mißverstanden. Ich werde ihn bitten, daß er die Kerzen zurückbringt.“
„Zurückbringt?“ wiederholte Cleph höhnisch. „Daß etwas zurückgebracht wurde, ist noch nicht vorgekommen. Es wurde nur immer fortgetragen.“
„Aber glaubt mir, es geschah reinen Herzens. Das muß ich Euch immer wieder versichern. Unsere einfachen Brüder sind arglos und unwissend. Was Hab und Gut bedeutet, ist ihnen unbekannt. Da sie selbst arm sind, wie es die Regel vorschreibt, betrachten sie alles, was Gott geschaffen hat, als Gottes Eigentum. So sind sie natürlich auch der Ansicht, daß es gleichgültig sei, ob die Kerzen nun hier oder in der Kirche des Klosters brennen. Nur daß sie zur Ehre Gottes brennen, ist ihnen wichtig … egal, an welchem seiner Altäre. Ich bitte Euch, habt deshalb Nachsicht mit ihnen. Ich werde sie auf ihren Fehler aufmerksam machen.“
„Nein, Fabio, das wirst du nicht tun!“ sagte Ebrachar. „Auch ich bin der Meinung, daß es gleichgültig ist. Es ist sogar besser, wenn diese Kerzen im Kloster brennen, an einem heiligen Ort. So wird Gottes Auge sie auch bemerken. Behaltet sie also, kein Wort mehr davon!“
„Wenn Ihr darauf besteht …“
„Ja, ich will es so.“
„Vater!“ rief Cleph.
„Und mit dir, mein Sohn, bin ich heute sehr unzufrieden!“ sagte Ebrachar streng. „Zuerst beleidigst du den ehrwürdigen Vater Lupus. Dann ziehst du gegen deinen Onkel Odo das Schwert. Und jetzt legst du dich wieder mal mit Fabio an. Unbeherrscht bist du und grob. Aus dir könnte nie ein Edelmann werden, so gern du auch einer sein würdest!“
„Warum steckst du ihn nicht in die Küche, Vater?“ rief Sigiwald. „Als Hammelschlächter!“
Unter den Gefolgsleuten gab es Heiterkeit. Cleph warf seinem Bruder einen wütenden Blick zu, verzichtete aber auf eine Entgegnung. An solche Niederlagen und Demütigungen schien er gewöhnt zu sein. Er ließ sich den Becher füllen und hüllte sich in Schweigen.
Inzwischen liefen Knechte und Mägde hin und her, wechselten die Schüsseln und brachten neue Krüge mit Wein. Fröhlicher Lärm erhob sich, die Unterhaltungen wurden lebhaft. Es war ja seit langem das erste Mal, daß an der Tafel des Ebrachar wieder heiter geschmaust wurde. Der Hausherr selbst ging mit gutem Beispiel voran und trank weiter, obwohl er eigentlich schon genug hatte. Immer wieder versicherte er, seinem unverhofft aufgetauchten Vetter diesen glücklichen Tag zu verdanken.
Herr Rocco fand es nun an der Zeit, auch von der Verlobung zu sprechen. „Morgen zeige ich Euch die Geschenke, Nachbar, das wird Euer Herz erfreuen. Heute aber wollen wir Euch etwas bieten, das die Seele erhebt. Wie Ihr wißt, habe ich einen Dichter im Hause, meinen Schwager, den Drogdulf. Er hat ein Preislied gemacht, in dem er die Schönheit der Braut besingt. Ich selbst und meine Gemahlin haben es schon gehört, auch mein Sohn Bobo, der daraufhin ganz begierig war, die Braut endlich kennenzulernen. Es ist etwas lang, aber recht gelungen. Auch Eurer Tochter wird es gefallen. Wollt Ihr es hören? Drog, fang an! Wo ist denn der Kerl geblieben? Er war doch eben noch da …“
In der Tat, der Platz, wo der Drog gesessen hatte, war leer. Herr Rocco drehte den feisten Hals nach allen Seiten und beugte sich sogar ächzend vor, um unter den Tisch zu blicken. Doch der Dichter des Preislieds blieb verschwunden. Eben hatte er noch, in seinen togaähnlichen Mantel verkrochen, auf der Bank gekauert. Wie er den Raum verließ, hatte niemand gesehen. Beiläufig war mir nur aufgefallen, daß er dem Knecht, der mit dem Weinkrug herumging, mehrmals den Becher hingehalten und hastig getrunken hatte.
„Mußte wohl mal hinaus“, brummte Rocco. „Aber er hätte mich vorher fragen sollen. Verflucht! Wenn er schon einmal nützlich sein kann, verdrückt er sich!“
„An seiner Stelle könnte ja ich etwas vortragen“, sagte Fabiolus, „entsprechend unserer lieben Gewohnheit.“
„Weißt du, Fabio“, erwiderte Ebrachar, dessen Zunge schon etwas schwer wurde, „vielleicht ist es heute nicht mehr passend … ich meine, verstehst du, es so zu halten wie ihr Mönche im
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