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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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vortrefflicher Gedanke, mein Freund, aber zur Zeit bin ich sehr beschäftigt“, sagte der Comes mit einem bedauernden Achselzucken.
    Das Gespräch erfuhr auch gleich eine längere Unterbrechung, weil ein Kürschner eintrat und mehrere Kragen für das Festgewand vorlegte. Der trübe Blick des Herrn Magnulf gewann für kurze Zeit etwas Leben, während er über Marder-, Biber- und Zobelfelle glitt. Auch wir mußten unsere Meinung äußern, und die Entscheidung fiel schließlich zugunsten des Bibers.
    Der Comes legte sich den Kragen um den Hals, trat hinkend und auf den Stock gestützt vor den kupfernen Spiegel, stellte das linke Bein vor, stemmte die rechte Faust in die Hüfte und betrachtete sich lange und aufmerksam. Dann nickte er sich mehrmals zu, rasselte befriedigt mit Ketten und Reifen und sprach selbstvergessen die Worte:
    „Ich bin noch immer der stattlichste Mann in der Grafschaft!“
    Wir blickten uns an, verbissen uns aber das Lachen, und Odo sagte ernsthaft und vorwurfsvoll:
    „Der stattlichste seid Ihr gewiß, nur leider nicht der entschlossenste.“
    „Ihr hättet mich in der Schlacht von Verona erleben sollen, mein junger Freund“, erwiderte der wurmstichige Narziß, ohne den Blick von seinem Spiegelbild zu wenden. „Dann würdet Ihr mich jetzt nicht beleidigen.“
    „Wenn Ihr Euch mit uns zu Agilhelmus begebt, bitte ich Euch sofort um Verzeihung.“
    „Ich verzeihe Euch auch so.“
    „Ihr wollt also nicht!“
    „Ich habe vor, mich zu ihm zu begeben. Doch nicht sofort.“
    „Dann gebt mir zwanzig von Euren Leuten, und ich mache den Ausflug allein. Man muß handeln, bevor sie im Kloster Maßnahmen treffen.“
    „Wie könnte ich zustimmen, daß Ihr die Immunität verletzt. Es ist nicht erlaubt, mit bewaffneter Macht auf Klostergebiet …“
    „Das verantworte ich! Vor dem König werde ich Rechenschaft ablegen! Gebt mir die Leute!“
    „Seid vernünftig …“
    „Habt Ihr nicht unsere Vollmacht gesehen? Ihr seid verpflichtet, uns jede Hilfe zu leisten, wenn wir es wünschen!“
    „Selbst wenn ich wollte, ich könnte es nicht.“
    „Zwanzig bewaffnete, kampferfahrene Männer!“
    „Die habe ich nicht. Es tut mir leid.“
    Es stellte sich heraus, daß er fast seine gesamte Streitmacht, fünfunddreißig junge Vasallen, zum Preise von ein paar hundert Solidi einem benachbarten Comes ausgeliehen hatte, der sie brauchte, um flüchtige Bauern einzufangen. Magnulf stimmte nun ein endloses Klagelied an über die Mühseligkeiten bei der Eintreibung von Steuern, Strafgeldern und Bannbußen. Nur um dem König nichts schuldig zu bleiben, habe er die Männer verliehen, nicht ein einziger Solidus gelange in seinen Beutel. Er verstieg sich sogar zu der Behauptung, das graue Gespenst der Armut klopfe an seine Tür, weil er aus eigenen Mitteln zusetze, um die Abgesandten des königlichen Kämmerers zufriedenzustellen. Wie es sich wirklich verhielt, hatten wir allerdings längst begriffen: Es ist sein übermäßiger Hang zu Pracht und Verschwendung, der seine Mittel frißt und ihn auf die sonderbarsten Einfälle kommen läßt. Er hat nämlich ein riesiges Haus voll bunter Teppiche und kostbarer Möbel, zwanzig Truhen mit Gewändern und Kleinodien, einen Stall voll edler Pferde, eine Ehefrau sowie ein gutes Dutzend Nebenfrauen und Kebsen (alle aufgeputzt wie ein Geschwader byzantinischer Schlachtschiffe) und sogar ein Gehege mit wilden Tieren. Mehr als genug für einen einfachen Comes! Die kläglichen Reste seines Verstandes und seiner Tatkraft werden von diesem Moloch aufgezehrt, und so kommt er natürlich kaum noch dazu, sich um seine Amtsgeschäfte zu kümmern. Es wunderte mich aber doch, mit welcher Gleichgültigkeit er hinnahm, daß seine Grafschaft sich aufgrund der mörderischen Erbschleicherei seiner immunen Benediktiner ständig verkleinerte. Denn wo er nichts zu gebieten hat, ist ja für ihn auch nichts zu holen. Er selber sollte mir über diesen Widerspruch noch Aufklärung geben.
    Zunächst war die Unterredung beendet, denn Odo lief wütend aus dem Zimmer, und auch ich überließ den Comes der ihm zweifellos angenehmeren Gesellschaft seines eigenen Abbilds in dem kupfernen Spiegel. Mein Amtsgefährte fluchte auf ihn die Pest und alle Übel herab – doch was nützte es! Unser Plan, die Mordbuben in der Kutte durch einen kühnen Handstreich der weltlichen Macht zu überrumpeln, war gescheitert. Ich war ja gleich der Meinung gewesen, daß er nichts taugte. Allerdings hatte ich auch keinen

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