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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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er selbst keine Schläge austeilen konnte, war Irmo auf solchen Schutz nicht angewiesen. Ich hatte den Eindruck, daß der starke, überlegene Recke seinen jämmerlichen Widersacher nur hetzen und zur Aufgabe zwingen, nicht aber verwunden wollte. Dies entsprach dem Gebot der Klugheit und war wohl der Ausweg, den Odo gemeint hatte. Längst hätte Irmo den Schild zertrümmern und mit einem vernichtenden Hieb den ungleichen Kampf beenden können. Doch immer noch einmal trieb er den Allard über den Felsengrund, stellte ihn, zwang ihn zur Gegenwehr, ließ ihn aber wieder entkommen. Schon ging Allard nicht mehr rückwärts, sondern drehte sich schamlos um und rannte davon. Aber mit ein paar Sprüngen, raubtierhaft, elegant, mit wehendem Mantel einen Bogen beschreibend, schnitt ihm Irmo die Bahn, und wieder klirrten die Schwerter. Allard wankte bereits, gleich mußte er fallen.
    Was würde dann geschehen? In dem gespenstischen Halblicht sah ich die haßverzerrten Gesichter der jungen Adalinge, hörte ich das Geschrei für Allard und die Drohungen gegen Irmo, und ich erschrak vor den Schwertern, Dolchen und Lanzen, die ringsum bereitgehalten wurden. Da besann ich mich meiner Amtspflicht, und hinter dem Rücken der Zuschauer rannte ich hin und her, um unsere Leute zu suchen. Offen gestanden, traute ich denen im Augenblick mehr zu als dem vielbeschäftigten Weltenlenker. Ich fand sie aber nicht schnell genug – schon stieg ein Entsetzensschrei zum Nachthimmel. Das dem Allard entfallene Schwert glitt über den Felsboden und blieb liegen. Der Trunkenbold selber sank erschöpft auf die Knie. Irmo sah den Kampf für beendet an und wollte sein Schwert in die Scheide stecken. Doch da sprang plötzlich Hug in den Kreis. Seinen Helm aufgestülpt, einen Schild vorgestreckt, vom Geheul seiner Horde angetrieben, stürmte er vor.
    Im ersten Augenblick mußte der Angegriffene weichen. Natürlich war Hug genausowenig ein ebenbürtiger Gegner für ihn wie Allard, so wild er auch dreinschlug. Allerdings war es jetzt schwerer für Irmo, den Kampf zu beherrschen. Hug schrie ihm Beleidigungen zu, die erneut seinen Zorn reizten, und drohte, ihn in den Abgrund zu stürzen. Tatsächlich war Irmo unversehens bis an den Rand der kniehohen Mauer gedrängt. Nun blieb ihm doch nichts anderes übrig, als mit aller Kraft zuzuhauen. Die Stücke des zerschmetterten Schildes flogen dem toll gewordenen Milchbart um die Ohren. Erschrocken wich Hug zurück und verlor den Helm, der scheppernd über den Boden rollte.
    Inzwischen hatte sich Allard wieder aufgerafft. Jemand hatte sein Schwert aufgehoben und brachte es ihm. Jetzt sah ich auch Garibald, wie er bei ihm stand und ihm Zeichen gab. Er deutete auf die ungedeckte Flanke des Irmo. Allard packte mit beiden Händen das Schwert, schwang es hoch über seinen Kopf und stürzte mit schlingernden Schritten vorwärts. Ehe Irmo noch aufmerksam wurde, fuhr ihm die Klinge in die Schulter. Er schwankte ein wenig und drehte sich um, doch da war Allard bereits entwaffnet. Ein weiterer Kämpfer war in den Kreis gesprungen.
    Der junge Thankmar hatte dem Allard die Waffe entrissen, nun aber sah er gleich zwei Schwerter vor seinen Augen tanzen. Zwei Burschen von der Horde des Hug drangen gegen ihn vor. Der schmale Jüngling mußte nach links und rechts Schläge abwehren. Er tat es mit verzweifeltem Mut, doch ohne Hoffnung, länger als wenige Atemzüge lang durchzuhalten. Schon war er verwundet – da sah ich, wie die Meinrade sich zwischen den Schraten nach vorn drängte. Gellend schrie sie:
    „So helft ihm doch! Ist denn niemand da, der ihm beisteht?“
    Nun hielt es auch unseren Heiko nicht mehr in den Reihen der Zuschauer. Er konnte das Engelsgesicht nicht unglücklich sehen. Mit einem wilden Sachsenfluch sprang er an die Seite des Thankmar und setzte dessen Gegnern so heftig zu, daß sie zurückwichen und, sich gegenseitig behindernd, übereinander stürzten. Das rief aber gleich die nächsten herbei. Eine mehrfache Übermacht bedrängte Thankmar und Heiko, neben dem ich plötzlich auch Fulk bemerkte. Er wollte die Verteidigung der Waffenehre einer königlichen Abordnung wohl nicht unserm Sachsen allein überlassen. Schon war er mitten im Getümmel und schaffte sich Platz nach Art der Franken, so wie sie das seit Jahrhunderten überall tun, wo gerauft und gefochten wird.
    Jeder Versuch, die Leidenschaften jetzt noch zu zügeln, war zum Scheitern verurteilt. Als Garibald unsere Männer im Kampfgewühl sah, schwante

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