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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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ihm, daß daraus Unannehmlichkeiten für ihn entstehen konnten. Er bemühte sich nun, die Kämpfer zu trennen, und drängte die Schrate, seine Gefolgschaft, zum Eingreifen. Sie rückten aber nur zögernd vor, um sofort wieder kehrtzumachen, sobald eine scharf geschlagene Klinge die Luft vor ihren Nasen erzittern ließ. Ich selbst gab nicht auf und versuchte es doch noch mit einem Gebet. Ich flehte zum Herrn, er möge die Glieder der Händelsuchenden ermüden, auf daß alle friedsam würden und voneinander abließen. Doch mein Gebet hatte nicht die nötige Kraft. Ich wurde dabei auch von einem Kämpfer, welcher zurücksprang, umgerissen und schlug hart mit dem Kopf auf den Fels. Dies erzeugte ein gewaltiges Dröhnen, aber selbst davon wurde Gottes Ohr nicht erreicht.
    Als ich mich – etwas benommen – wieder erhob, sah ich, wie Irmo, dessen rechte Schulter von dem heimtückischen Hieb des Allard getroffen war, sich eines neuen Angriffs des Hug erwehrte. Nun führte er das Schwert mit der Linken – viel weniger kraftvoll, wie sich denken läßt. Mit Mühe parierte er die wütenden Schläge, die Wunde schien ihn arg zu behindern. Hug drängte ihn jetzt gegen den schmalen Felsen, der sich inmitten der Plattform erhob. Um nicht zu straucheln, mußte Irmo auf die unterste der dort eingeschlagenen Stufen springen. Im selben Augenblick näherte sich auf ein Zeichen des Hug einer der jungen Adalinge. Zu zweit griffen sie den Verwundeten an und nötigten ihn, noch eine weitere Stufe hinaufzusteigen. Da hörte er plötzlich über sich die Stimme des Allard.
    „Wo bleibst du denn, Hurenbräutigam? Ist dir der Weg zu steil … für die Ehre deiner lüsternen Betschwester?“
    Wahrhaftig, ganz oben auf dem Felsen lauerte Allard, kniend, mit beiden Händen das zum Schlag erhobene Schwert haltend. Arglistig hatten die Brüder ihren Widersacher auf der steilen Treppe zwischen sich gebracht. Unten drohten ihm mittlerweile vier, fünf Schwertspitzen – oben jedoch ein einziger wuchtiger Hieb auf den ungeschützten Schädel, den er hinaufsteigend nicht parieren konnte. Aber er mußte ja hinauf, mußte die neue Schmähung vergelten! Und so sahen wir, wie er begann, den bizarren Fels, der einem gekrümmten Finger glich, zu erklimmen. Langsam stieg er Stufe um Stufe hinauf, deren jede mindestens eineinhalb Fuß hoch war. Dabei hielt er den Körper so, daß die linke, die gesunde Seite den Stufen zugekehrt war, damit er sich ab und zu anlehnen konnte. Die verwundete Seite aber war nach außen gekehrt und vom Mantel verdeckt.
    Unten erstarb jetzt alle Kampfeslust. Kein Auge wollte eine Bewegung des einsamen Kletterers verpassen. Fünfzehn Stufen ging es hinauf. Und nur eine Handbreit fehlte noch, um den Kopf in den Schlagbereich des Schwertes zu bringen.
    Irmo erkannte dies und hielt im Aufsteigen inne. Als grauer Schatten hob seine Gestalt sich kaum von dem Felsen ab, während über ihm sein Widersacher mit dem zum Schlag erhobenen Schwert wartete – scharf gezeichnet vor dem vom Mondlicht überstrahlten Himmel.
    Eine Hand berührte mich an der Schulter. Odo stand neben mir. Er sah mich an und deutete mit dem Kopf hinter sich. Ich drehte mich um und bemerkte die Frau Luitgard, wie sie, weit hinter den Gruppen der Gaffer einsam auf ihrem Stuhl sitzend, die Hände mit seltsamen Schlangenbewegungen umeinander wand und dazu die Lippen bewegte. Zweifellos raunte sie eine Beschwörung.
    Dann ging alles sehr schnell. Unter dem Mantel des Irmo zuckte es, und gleich darauf blinkte über ihm etwas im Mondschein. Allard heulte auf und ließ das Schwert los, das herabfiel und klirrend über die Stufen herunterpurzelte. Gleich darauf hatte Irmo die letzten Stufen erklommen. Wie ein Bär warf er sich auf den Allard, der immer noch heulte. Es gab einen kurzen Kampf, das Geheul verstummte. Irmo erhob sich zur vollen Größe. Allard blieb neben ihm liegen, und wir dachten natürlich, daß er tot war.
    Unterdessen war niemand aufgefallen, daß Hug sich entfernt hatte. Jetzt sahen wir ihn aus einem der Häuser auftauchen, einen Bogen in Händen, einen Köcher mit Pfeilen umgehängt. Odo begriff als erster, was der Bursche im Schilde führte. Beinahe wäre ich abermals niedergeworfen worden, als er mich und ein paar andere zur Seite stieß und auf Hug losrannte. Zu spät – der Bogen war schon gespannt, das Ziel auf der Kuppe des Felsens fast unverfehlbar. Der Pfeil schnellte von der Sehne und hätte wohl auf die kurze Entfernung sicher getötet,

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