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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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bekommst einen anderen. Ja, du verdienst einen besseren. Der dort …“ Er deutete auf unseren Heiko, der etwas abseits auf einem Holzstoß hockte. „… das ist mein neuer Waffengefährte. Er hat mir im Kampf geholfen, ohne ihn wäre es mir schlecht ergangen. Er hat mehrere Wunden. Bitte kümmere dich um ihn! Wir müssen jetzt fort …“
    „Ja“, sagte Irmo. „Es wird Zeit für uns.“
    „Mit dieser Verletzung?“ wandte Odo ein.
    „Es wird gehen. Weit ist es ja nicht. Für Eure Hilfe danke ich Euch. Meinen Auftrag habe ich überbracht. Schließt Euch uns an, wenn Ihr wollt. Warten können wir jetzt nicht mehr …“
    Er legte die Hand auf die Schulter seines jungen Gefährten, und langsamen Schrittes gingen die beiden auf das Palisadentor zu. Draußen, vor dem Haupttor, wartete ihr Gefolge, das man nicht eingelassen hatte.
    „Öffnet ihnen und laßt sie hinaus!“ befahl Herr Garibald einem Knecht. Und als wir so standen und ihnen nachblickten, fügte er zwischen den Zähnen hinzu:
    „Besser wäre es, sie in Eisen zu legen!“
    Die Suche nach Allard – oder nach dem, was von ihm übrig war – blieb zunächst erfolglos. Er mußte sehr tief hinab in ein Gehölz gestürzt sein, das sich unterhalb des Rabennests am Berghang ausbreitete. Dort in der Nacht nach ihm zu fahnden, war ein sinnloses Unterfangen, und die ausgesandten Knechte kehrten bald unverrichteter Dinge zurück. Herr Garibald beschimpfte und schlug sie, nannte sie feige und niederträchtig, weil sie den Unglücklichen, ob tot oder noch lebendig, dem umherstreifenden Raubgetier auslieferten. Aber er schickte sie kein zweites Mal aus, sondern beschloß, den Morgen abzuwarten. Aus den Schlafhäusern des Herrenhofs waren die ganze Nacht lang, mal heftig, dann wieder gedämpft, das Gejammer der Frauen und die dumpfen Reden der Männer zu hören.
    Es bedarf kaum der Erwähnung, daß auch wir wenig Ruhe fanden. Im Salhaus schütteten uns die Mägde Stroh auf, und wir breiteten unsere Felle und Decken aus, doch wurden die Waffen bereitgelegt, und je zwei von uns hielten am Eingang Wache. Daß vom Burgherrn keine Gefahr ausging, glaubten wir weiterhin. Unberechenbar aber war die Bande des Hug, dem Odo zwei heimtückische Anschläge vereitelt hatte. Wer konnte ahnen, was diese gewalttätigen und gewissenlosen jungen Hitzköpfe ausheckten?
    Ich war zufrieden, gleich das Los für die erste Wache zu ziehen. Nach allem, was sich ereignet hatte, war mein Geist viel zu aufgeregt, um sich dem Bedürfnis des Körpers nach Schlaf zu ergeben. Vor dem Salhaus auf den Stufen hockend, das Messer wieder zwischen den Falten der Kutte, lauschte ich auf die Stimmen und spähte argwöhnisch nach den Gestalten, die noch von Zeit zu Zeit zwischen den Häusern hin- und herhuschten. Allerdings kam ich nicht dazu, über einige Verdachte und Vermutungen nachzusinnen, die mir im Laufe des Abends gekommen waren. Daran hinderte mich Heiko, der Gefährte meiner Wache, der als einziger von uns allen nicht mißgestimmt war. Im Gegenteil, obwohl er den Kopf und den Oberschenkel mit blutgetränkten Binden umwickelt trug, war er vergnügt wie ein Zeisig. Er sang sogar leise vor sich hin, irgendwelche Lieder aus seiner sächsischen Heimat. Dazwischen unterhielt er mich mit Jagderlebnissen. Ich ahnte schon, was mit ihm los war, und er gestand es mir schließlich auch. Er hatte sich in das Engelsgesicht verliebt, und da die Verlobung der Jungfrau nun gekündigt war, machte er sich gewisse Hoffnungen. Ich wußte nicht, ob ich ihn beneiden oder bedauern sollte. Es ist schon ein kleines Wunder, wie das Lächeln und die Tränen einer pausbäckigen Jungfrau einen jungen Mann verwandeln können, so daß er nicht einmal die Schmerzen spürt, die ihm seine Wunden verursachen. Die Liebe zu Gott, ich gestehe es aufrichtig, hat bei mir nie eine so betäubende Wirkung gehabt. Dennoch seufzte ich insgeheim über die Einfalt des armen Jungen. Konnte er, der verwaiste und mittellose Sohn eines kleinen sächsischen Edelings, Garibalds Tochter je zur Frau gewinnen?
    Noch einen anderen hatte ein Weib in Unrast versetzt, doch es war keine fröhliche wie bei Heiko. Auch Odo konnte nicht schlafen. Er erhob sich nach einer Weile und trat vor die Tür. Barfuß, nur mit Hose und Tunika bekleidet, schritt er ziellos auf und ab. Als ich ihn ansprach, knurrte er abweisend. Lange stand er an der Mauer und blickte auf das mondbeschienene Tal und die Hügelkette am Horizont. Doch immer wieder schielte er auch

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