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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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gelockerten Zähne und die gespaltene Lippe. In der Hauptsache mußte ich allerdings jede Auskunft verweigern. Wie ich herausgefunden hatte, daß Thankmar der Mörder des Hug war, sollte ja vorerst zwischen Odo und mir ein Geheimnis bleiben.
    Ich erkundigte mich auch besorgt, ob unsere Leute nicht etwa geplaudert hätten. Zwar war die Schuld des jungen Mannes in meinen Augen erwiesen, doch gab es keinen Beweis für die vollendete Tat. Ich war ja leider zu spät gekommen. Es hatte also niemand das Recht, mit Fingern auf den Sohn des Grafen zu zeigen.
    „Seid unbesorgt“, sagte Rouhfaz, „von uns hat niemand etwas erfahren. Es ist ja auch nicht nötig, daß noch einer dafür büßt. Sonst bleiben in diesem verfluchten Mördertal überhaupt keine Menschen übrig. Wenn wir hier nur erst heil heraus sind, Vater! Aus Dankbarkeit werde ich zehnmal alle hundertfünfzig Psalmen beten!“
    „Ich werde dich daran erinnern, Rouhfaz. Aber was sagtest du da eben? ‚Daß noch einer büßt … ‘? Noch einer? Soll das heißen …?“
    „Ja, wißt Ihr das etwa nicht?“
    „Was? Wovon sprichst du?“
    „Hat es Herr Odo Euch nicht gesagt?“
    „Nein …“
    „Ihr regt Euch auf. Das ist nicht gut.“
    „Wer hat gebüßt … für den Mord an Hug?“
    „Nun, dieser lustige alte Saufaus. Der von der Mühle.“
    „Herr Meginfred?“
    Ich fuhr heftig auf, aber Rouhfaz drückte mich wieder auf die Matratze. „Beruhigt Euch, Vater, beruhigt Euch! Ihr könnt ihn nicht wieder lebendig machen. Vielleicht wäre ihm das auch gar nicht recht. Er soll zwar ein großer Sünder gewesen sein, weil er aber unschuldig starb, wird ihm vielleicht vergeben, und er genießt schon die ewige Seligkeit. Ich habe für ihn gebetet …“
    „Wer war es?“
    „Ihr meint, wer ihn …? Na, erratet Ihr's nicht?“
    „Etwa Garibald?“
    „Ja, dieser Unhold vom Rabennest war es! Ich konnte ihn von Anfang an nicht leiden. Ist es nicht schauderhaft, wie sich hier alle gegenseitig umbringen?“
    „Erzähle mir, wie es passierte!“
    „Nein, Vater, nein … Eure Lippe blutet schon wieder. Wenn Ihr Euch weiter so aufregt und hin- und herwerft …“
    „Ich befehle es dir!“
    „Ja, wenn Ihr befehlt … das ist etwas anderes.“ Der Seufzer, den Rouhfaz ausstieß, erschien mir ein wenig übertrieben. In Wirklichkeit war er natürlich begierig darauf, mir Neuigkeiten mitzuteilen. „Ihr müßt mir aber versprechen, ruhig zu bleiben, sonst war meine ganze Mühe mit Euch vergebens.“
    „Ich weiß ja schon, was geschehen ist. Erzähle mir, wie es dazu kam!“
    Rouhfaz setzte sich auf einen Hocker, schlug die Beine übereinander, faltete die Hände vor der mageren Brust und räusperte sich.
    „Hört also! Gestern saßen wir alle gemütlich oben in der Veranda … auch ein paar Thüringer waren dabei, von der Gefolgschaft des Herrn Grafen … Herr Odo erzählt ein Kriegsabenteuer … und zwar das von dem Rückzug aus Spanien und dem Verlust der Nachhut bei Ros…“
    „Roseida vallis.“
    „Dort also, wo ja auch der berühmte bretonische Edle Graf Roland sein Leben ließ, nachdem er tapferen Widerstand gegen die übermächtigen Feinde …“
    „Rouhfaz! Ich kenne Odos Geschichten. Sprich weiter … zur Sache!“
    „Ihr regt Euch schon wieder auf. Dabei habt Ihr mir …“
    „Ihr wart also beisammen. Und was geschah nun?“
    „Da kommt auf einmal ein Bauer herauf … oder besser: er schwankt, er torkelt herauf … er war nämlich betrunken …“
    „Was wollte der Bauer?“
    „Er rief: ‚Wo ist der Herr Graf? Ich muß zum Herrn Grafen!‘ Wir lachten alle, weil der Kerl dabei wirklich sehr komisch aussah. Einer von der Gefolgschaft tat ihm nun gleich Bescheid und sagte, daß der Herr Graf nicht anwesend sei, denn er ist ja, wie Ihr wohl wißt, unterwegs mit dem Fräulein Eddila, die ja eigentlich Witwe ist und die demnächst, was Ihr vielleicht noch nicht wißt, in ein Kloster eintreten soll, und zwar …“
    „Rouhfaz!“ sagte ich. „Quäle mich nicht! Wolltest du mir nicht erzählen …?“
    „Ihr seid wirklich ein undankbarer Zuhörer, Vater!“ sagte er eingeschnappt. „Habt Ihr mich nicht selber gelehrt, daß eine Geschichte einen Anfang, eine Mitte und ein Ende haben muß?“
    „Gewiß, nur das Ende ist mir ja schon bekannt. Beginne ausnahmsweise mal in der Mitte.“
    „Ich denke, Ihr wollt die ganze Geschichte hören!“
    „Erzähle mir, wie es kam, daß Herr Garibald den Herrn Meginfred …“
    „Ich bin ja

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