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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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erfüllt? Was mußte ich tun? Drei von uns waren tot – gegen einen von denen! Durfte ich eine solche Schmach auf uns sitzen lassen, einem alten Geschlecht, das schon im Rabennest saß und herrschte, als die Ahnen des Meginfred und des Irmo keine Könige, sondern Bauern waren? Ich mußte handeln, und wer mich dafür verurteilt, hat selber keine Ehre im Leib!“
    Wieder wurde von vielen Beifall geschrien. Einige schlugen ihre Lanzen gegeneinander.
    „Nun behaupten die fränkischen Herren“, fuhr Garibald fort, „die uns der König Karl als Richter geschickt hat und denen ich meine Achtung bezeuge trotz der üblen und ungerechten Behandlung … sie behaupten, daß andere den Hug ermordet hätten. Und die Ankläger, die nicht dabei waren, plappern es ihnen nach. Ich soll einen Unschuldigen getötet, ein abscheuliches Verbrechen begangen haben! Wie kommen sie zu dieser Behauptung? Zunächst durch den Bericht eines Unfreien, den die meisten von uns für schwachsinnig halten. Der will drei junge Adalinge belauscht haben, die seinem Herrn, der sich an nichts mehr erinnern kann, eine Geschichte erzählten: Der Hug sei umgebracht, doch nicht von Meginfred, sondern von dem christlichen Herrn Lupus, demselben, den wir hier auf dem Richterstuhl sehen, noch immer leidend und verletzt, in einem beklagenswerten Zustand. Nun, daß dieser edle Herr, ein Diener Gottes und hoher Würdenträger, die Tat nicht begangen haben kann, steht außer Frage. Indessen … Herr Lupus war am Ort des Geschehens. Er fand die Spur meines Neffen – auf welche Weise kann ich nicht sagen – und wollte ihn ohne Zweifel bewegen, herunterzukommen und vor Gericht zu erscheinen. Als er die Hütte erreichte, war Hug bereits tot. Er aber wurde von den jungen Männern ergriffen und niedergeschlagen. Später legten sie ihn zu dem Leichnam in die Hütte und setzten ihn den schlimmsten Gefahren aus. Das war roh, das war grausam, und man möge sie suchen und dafür bestrafen. Mit all dem ist aber nicht erwiesen, daß diese drei jungen Adalinge die Mörder des Hug waren! Es waren ja seine besten Freunde, die ihn hinaufgebracht hatten, weil er verletzt war und weil sie sein Leben schützen wollten. Hier vor der Versammlung frage ich den edlen Herrn Lupus, und er möge mir antworten, wenn er kann: Habt Ihr gesehen, wie die drei jungen Männer den Hug ermordeten?“
    Ich verneinte die Frage.
    „Es ist also möglich, daß jemand anders der Täter war. Daß diese drei aber Euch für den Mörder hielten und deshalb so zurichteten!“
    Dies bejahte ich.
    „Wenn sie nun Euch für den Mörder hielten, waren sie es doch vermutlich nicht selber.“
    Auch dieser Folgerung mußte ich zustimmen.
    „Könnte es Meginfred gewesen sein?“
    Abermals blieb mir nichts anderes übrig als zu nicken.
    „Herr Lupus hält also für möglich, daß er es war!“ rief Garibald. „Und ich will euch sagen, wie es gewesen ist. Er schlich hinauf und lauerte so lange im Schutz des Waldes, bis Hugs Gefährten die Hütte verließen, um Nahrung zu besorgen. Dann ging er hinein, erschlug meinen hilflosen Neffen und floh. Zu Hause in seiner Mühle angekommen, trank er sich im Gefühl des Triumphs einen Rausch an. Als er dann aber von dem Unfreien hörte, daß die jungen Männer einen anderen Verdacht verbreiteten, packte ihn törichter Stolz, und er ging in die Schenke und schrie seine Untat heraus. So und nicht anders verhielt es sich! Ich habe den richtigen Mörder getötet, wie es mir nach dem Recht unserer Väter zukam! Möge seine schwarze Seele zur Hölle fahren!“
    Ich mußte dem Garibald im stillen Respekt zollen. Er vertrat seine Sache mit Geschick. Man merkte, daß er gewohnt war, Verhöre zu führen und Tatsachen, die ihm bekannt waren, bündig aneinanderzureihen. Dies tat er freilich sonst auf der anderen Seite, als Richter über sein Gutsgesinde. Was er von Odo oder wohl auch von Rothari erfahren hatte, deutete er überzeugend zu seinen Gunsten, so daß er wieder die allgemeine Zustimmung fand. Die alten Rechtskundigen nickten bedächtig. Die Klägerpartei stand hilflos und stumm. Von der Wiese ertönte es im Chor: „Sprecht Garibald frei! Sprecht Garibald frei!“
    Odo ließ den Richterstab durch die Luft sausen und gebot Ruhe.
    „Mein Amtsgefährte räumt nur die Möglichkeit ein, daß es Meginfred war. Aus einem einfachen Grunde: Er hat im Augenblick der Tat dem Mörder nicht über die Schulter gesehen. Wir glauben aber, daß es ein anderer war.“
    „Das erklärt,

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