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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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einziger Adaling sollte angeklagt werden. Herr Garibald saß gleich in der ersten Reihe der Dingteilnehmer, die Ellbogen auf die Knie, das kugelige Haupt auf die Hände gestützt, wie immer mit halbgeschlossenen Lidern, was ihm trotz der kindhaft aufgeworfenen Nase ein mürrisches, finsteres Aussehen gab. Die Augen jedoch huschten flink und wachsam umher. Da sein Fall auch der einzige von Bedeutung war, hatte er Anspruch auf den ersten Rang in der Reihenfolge.
    Es war Odo zweifellos nicht unrecht gewesen, daß ich mich an der Vorbereitung des Gerichtstags nicht beteiligen konnte. Sonderlich in bezug auf die Mordfälle hatte er mir ja Trägheit des Geistes und falsche Parteinahme vorgeworfen. Es paßte ihm, daß ich, noch bis zuletzt an das Lager gefesselt, seine Maßnahmen nicht behindern konnte. Nur durch Rouhfaz erfuhr ich dieses und jenes.
    So war von Odo Weisung ergangen, auch den Tod der Meinrade geheimzuhalten. Er selbst hatte sich noch einmal zum Rabennest begeben, um Frau Bathilda mitzuteilen, man habe die Jungfrau, die vor der abgebrannten Hütte aus Gram über das Schicksal ihres Vetters zusammengebrochen sei, vorübergehend der Obhut von Nonnen anvertraut. Er hatte dann auch mit der Frau Luitgard gesprochen und sie anscheinend ermuntert, gegen Garibald Klage zu führen. Mit ihrer Hilfe war es ihm schließlich gelungen, zwei entfernte Vettern des Meginfred ausfindig zu machen. Diese beiden hatte er aufgesucht und ebenfalls zur Klage gedrängt. Offenbar war das nicht ganz leicht gewesen, weil der närrische alte Sonderling mit allen seinen Verwandten verfeindet war. Odo war aber Erfolg beschieden, vermutlich hatte er mit der Aussicht auf Wergeld gelockt.
    Als er jetzt die Partei der Kläger aufrief, traten nicht weniger als acht Männer in den Ring – die beiden Alten und deren Söhne und Enkel, alle gerüstet und bereit zum Verschreien des Mörders. Zwei von ihnen trugen auf einem Stuhl ihre Base, die Witwe Luitgard herein. Zwei andere aber setzten vor uns, den Richtern, einen Sargkasten nieder und nahmen den Deckel ab.
    Mit Fassung blickten wir auf den Leichnam des Meginfred.
    „Ja, es ist wahr. Wozu es leugnen? Ich habe diesen Mann hingerichtet. Viele, die hier sind, waren dabei. Ich hatte nicht nötig, es heimlich zu tun. Mein Schwert hat ausgeführt, was meine Ehre befahl. Und ich bin stolz darauf!“
    Wuchtig und finster stand Herr Garibald vor dem Sargkasten mit dem Leichnam. Seine Worte fielen wie Hammerschläge. Als er jetzt schwieg, erhob sich Beifallsgeschrei.
    Es wurde wieder ein heißer Tag, am Himmel zeigte sich keine Wolke. Unter den Dingteilnehmern kreisten bereits die mitgebrachten Wasserkannen. Herr Rothari und andere, die in der Nähe saßen, drückten die Zipfel ihrer Gewänder vor die Nasen, weil sie der Leichengeruch belästigte. Odo winkte der Klägerpartei und ordnete an, den Deckel zu schließen und den Sargkasten aus dem Ring zu schaffen. Der Mordbeweis per Augenschein war ja erbracht.
    „Ist das alles, Herr Garibald, was Ihr zu Eurer Verteidigung vorbringen könnt?“
    Der Herr des Rabennests wandte sich mehr an die Versammlung als an die Kläger und uns Richter.
    „Alle, die hier anwesend sind“, sagte er, „wissen, daß die Sippe des Meginfred versucht hat, uns nach und nach auszulöschen. Zuerst brachte Irmo meinen Bruder Bardo um. Dann warf er meinen Neffen Allard in den Abgrund. Darauf entschloß sich mein Neffe Hug zu tun, was notwendig und gerecht war: den zweifachen Mörder, unseren geschworenen Feind zu bestrafen. Er durfte nicht die Freuden des Brautbetts genießen, den großen Herrn spielen und über unsere Tränen lachen! So wurde seine Untat vergolten. Kaum aber war dies geschehen, tat schon der Vater des Bestraften den Schwur, sich blutig an uns zu rächen. Ich war nicht dabei, als das geschah. Aber er schwor es am Abend der Hochzeit, vor aller Ohren. Und jeder, der es gehört hat, wird es uns hier bestätigen können!“
    Sofort sprangen acht, zehn Männer auf und schrien, sie seien dabei gewesen.
    „Er wollte mit euch ein Ende machen“, rief einer, „ehe dreimal die Sonne unterging!“
    „Den ersten Schritt dazu tat er“, antwortete Garibald dem Rufer, „aber es war auch ein Schritt in sein eigenes Verderben. Die Sonne ging dreimal unter, dann war es auch mit ihm selbst zu Ende! Denn was sollte ich denken, Thüringer, Dinggenossen, als ich die Nachricht erhielt, mein Neffe Hug sei ermordet und der Meginfred prahle in der Schenke, er habe seinen Schwur

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