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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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euch etwa mit Blut besudeln? Wenn dieser Kerl ein Bandit ist, soll man ihn vor Gericht stellen! Bringen wir ihn zum Vater Bertram, dem würdigen Abt! Laßt diesen heiligen Mann entscheiden, was mit ihm geschehen soll!“
    Zustimmendes Gebrüll erhob sich. Ich konnte Heiko unbemerkt zuraunen:
    „Schwing dich aufs Pferd und mach dich davon! Ich folge dir!“ Laut aber fügte ich hinzu: „Her mit der Fibel, das ist das Beweisstück! Ich will, daß Vater Bertram es prüft!“
    Heiko öffnete seine Faust und gab mir die kleine goldene Scheibe.
    „Ich komme mit, ich bin Zeuge!“ sagte der junge Edelmann wichtig. „Gehen wir!“
    „Ja, gehen wir!“ schrien alle. „Vorwärts!“
    Wir setzten uns in Bewegung. Ich hielt Heiko am Arm gepackt, als führte ich ihn gefangen fort. Wohl an die dreißig Männer folgten uns, bahnten sich zwischen Buden und Zelten, Schafen und Schweinen eine Gasse. Ein Karren mit Fässern wurde umgestoßen, braunes Bier floß in den Sand. Der Händler stürzte sich auf den Schuldigen.
    Eine kurze Verwirrung entstand, die wir nutzen mußten.
    „Jetzt!“
    „Aber Ihr, Vater …“
    „Ich befehle es!“
    Da gab Heiko mir einen leichten Ellbogenstoß. Ich wankte, als sei ich hart getroffen. Schon war er fort. Ein Geheul aus dreißig Kehlen erhob sich. Sechzig Beine machten sich an die Verfolgung. Heikos Vorsprung genügte aber. Er band sein Pferd los und saß auf.
    „Furi!“ rief er dem Braunen zu. „Furi!“
    Der Brave trug ihn mit wehender Mähne davon. Lachend winkte Heiko zurück. Auch die Männer setzten sich in scharfen Galopp. Da aber nach Gottes Schöpfungsplan das Pferd dem Menschen in dieser Gangart weit überlegen ist, vergrößerte sich der Abstand schnell. Die Verfolger gaben nach und nach auf. Immerhin reichte die Zeit für mich, zu meinem Grisel zu rennen und aufzusitzen.
    „Seht mal den Kuttenbock! Haltet ihn!“
    Dieser Kriegsruf verursachte eine allgemeine Kehrtwendung, und nun stürzte mir alles entgegen. Ich riß heftig am Zügel, stieß Grisel die Knie in die Flanken. Doch er rührte sich nicht, blieb ruhig stehen. Schneller als ich hatte er begriffen, daß es für eine Flucht längst zu spät war. Arme streckten sich nach mir aus, ich wurde gepackt und aus dem Sattel gerissen. Eine Faust traf mich so auf die Nase, daß Blitze vor meinen Augen sprühten. Erschrocken öffnete ich die Hand. Die goldene Fibel fiel auf die Erde. Dort blieb sie liegen, im Sonnenlicht glänzend, unmittelbar unter Grisels wolliger Schwanzquaste.
    Was aber tat mein kluger Esel? Er ließ ohne Zögern einen Dreck fallen. So entzog er die Fibel lüsternen Blicken und verhinderte, daß im Gewühl eine diebische Hand mein Beweisstück entführte.
    Denn unmöglich war es, daß ich es selber aufhob. Ich wurde hin und her gezerrt, geschüttelt, gewalkt, geknufft und gepufft. Aus schimpfenden Mäulern schlug mir ein Dunst von Knoblauch und Bier entgegen.
    „Verfluchter Schwarzrock!“
    „Mönchsfurz!“
    „Kuttenbrunzer!“
    Indessen kam plötzlich Uneinigkeit zwischen meinen Peinigern auf.
    Einige schrien: „Der Mönch hat recht getan! Laßt ihn in Ruhe!“
    Die anderen: „Recht getan? Indem er den Mann von Corbus Ohnelippe entkommen ließ?“
    „Corbus Ohnelippe ist unser Freund! Er läßt nur die Herren bluten!“
    „Nun hört euch das freche Bäuerlein an!“
    „Gebt es lieber dem Aristokratenbengel, der Corbus entgangen ist!“
    „Erst geben wir's dir, du Aufwiegler!“
    „Du Haufen Hundedreck!“
    „Stinkende Wanze!“
    „Herrenarschlecker!“
    „Gottloses Schwein!“
    Nun waren Kräfte entfesselt, die nicht mehr gebändigt werden konnten. Es gab auch niemand, der es versuchte. Kein Markt ohne wilde Schlägerei! Weit schwangen Fäuste aus, um feindliche Mäuler zu stopfen. Zähne wurden entwurzelt, Nasenbeine eingedrückt. Zornig funkelnde Augen verschwanden unter bläulichen Schwellungen. Die Wut der Parteien kannte kein Halten und keine Scham. Mancher Kittel zerriß, manche Hose gab unter Fußtritten preis, was zu bedecken ihre Bestimmung war. Solche ans Licht gebrachten unkeuschen Teile erregten doppelten Ingrimm, denn nun stürzten auch Weiber herbei. Sie zerrten kreischend an kahlen Strünken und kratzten mit ihren Nägeln blutige Muster in Hinterbacken. Männer, Weiber, Fäuste, Füße, zerfurchte Ärsche und wüste Strubbelköpfe bildeten bald ein so apokalyptisches Durcheinander, daß Gott der Herr selber Mühe gehabt hätte, darin seine weißen und schwarzen Schafe

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