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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Portal empfing sie Sallustus. Zweifellos hatte er das Geläut zu ihrer Begrüßung angeordnet.
    Ich erwartete Odo unter den Säulen des Eingangs. Unser Abschied war alles andere als freundlich gewesen, doch ich bemühte mich um eine versöhnliche Miene. Aber auch wenn ich ihm finster wie ein alter Uhu entgegengestarrt hätte, wäre ihm das wohl nicht einmal aufgefallen. Er war in prächtiger Laune, lachte, scherzte, hob einen alten Edlen mit Schwung vom Pferd, rief den Knechten Befehle zu, belud sich selbst bis zum Hals mit erlegtem Wild. Keuchend stapfte er die Treppe herauf. Als er mich sah, rief er: „Lupus, Herzensfreund!“ Dabei rannte er mich fast über den Haufen. Wir schmatzten uns Küsse auf, schlugen uns auf die Schultern, blickten uns gerührt in die Augen. Der frühere Groll war schon vergessen. Arm in Arm traten wir in das Haus ein.
    Zunächst war es allerdings ganz unmöglich, mit Odo ein ruhiges Gespräch zu führen. Die meisten der Männer, die er mitgebracht hatte, kamen ins Haus. Es waren Edle aus der Umgebung, Gutsherren, Verwalter von Domänen. Ich vermutete, daß es sich um eine Jagdgesellschaft handelte, die ihren erfolgreichen Beutezug mit dem üblichen Festschmaus krönen wollte. Mich wunderte allerdings, daß Frau Fausta das duldete. Die meisten hatten schon etwas getrunken, das Haus hallte wider von Lärm und Stimmengewirr. In der Küche entfaltete sich Geschäftigkeit, und bald zog Bratenduft durch die Räume.
    Odo lief hin und her, erteilte Weisungen, spielte den Hausherrn. Alle verfügbaren Tische ließ er nach der alten fränkischen Saalordnung in der Halle zusammenstellen. Wir mußten noch hastig Akten und Kodizes, Griffel, Federn und Tintenfaß retten, während die Knechte schon unseren Tisch hinaustrugen. Als Odo meine unwirsche Miene sah, legte er mir lachend den Arm um die Schultern und sagte:
    „Ach, du weißt ja noch gar nicht, was wir hier feiern! Warte, ich habe gleich Zeit für dich! Du wirst staunen!“
    Um dem Treiben im Hause zu entgehen, lud er mich etwas später zu einem Gartenspaziergang ein.
    „Viel ist inzwischen passiert, mein Teurer“, begann er, „und noch Größeres steht bevor. Du sollst der erste sein, der alles erfährt. Die da drinnen wissen ja auch noch nichts, obwohl ein paar Vorwitzige sich schon Anspielungen erlaubt haben. Zuvor aber laß dir berichten, daß wir hier die schönsten Erfolge hatten. Recht und Ordnung sind siegreich zurückgekehrt! Ich hoffe, auch du hast auf deiner Rundreise einiges ausrichten können …“
    „In einer bestimmten Angelegenheit bin ich sogar sehr gut vorangekommen!“ erwiderte ich mit Betonung.
    „Hier haben wir hundert Angelegenheiten erledigt!“ rief er begeistert aus, nachdem er mir kaum zugehört hatte. „Alle großen und kleinen Schurken im Comitat sind aus ihrem Bau gescheucht, wie die Füchse. Wenn wir demnächst Gerichtstag halten, Vater, winkt reichliche Ernte an Bußgeld. Der große Karl wird mit uns zufrieden sein! Wir werden zusätzlich Karren und Maultiere brauchen, um alles fortzuschaffen. Und weißt du auch, wem wir das verdanken?“
    „Ich ahne es …“
    „Ja, nur dieser erhabenen Frau!“ Er blieb einen Augenblick stehen und blickte schwärmerisch zum Himmel hinauf. „Sie ist nicht nur schön … sie ist auch ein Turm des Edelsinns und der Gerechtigkeit! In ihrer Nähe spürt man wahrhaftig, wie man unentwegt edler, gerechter und frommer wird!“
    Jedes Wort der Erwiderung blieb mir im Halse stecken.
    „Du siehst, mein guter Lupus, ich bin nicht mehr derselbe wie vorher“, fuhr er fort, wobei er weiterging und mich mit sich zog. „Ich habe ein Schlachtfeld betreten und gesiegt. Mit dieser herrlichen Bellona {23} als Schutzgöttin an meiner Seite – verzeih mir den heidnischen Vergleich – ist mir hier mehr gelungen als an jedem anderen Ort. Ich setze ein Siegeszeichen und bleibe! Ja, mein Freund, ich bin des Heldenlebens auf den Straßen, des ruhelosen Umherziehens müde. Das stolzeste Schiff muß einmal vor Anker gehen. Hier ist mein Hafen!“
    „Könntest du das etwas weniger poetisch ausdrücken?“
    „Mit Vergnügen! Ohne Umschweife also. Magnulf ist nur noch ein morscher Knochen. Wenn er sich auch mit duftendem Wasser besprengt, riecht er doch schon unerträglich nach Grab. Seinen Amtspflichten ist er nicht mehr gewachsen. Wenn hier so vieles im Argen liegt, ist dies weniger seiner Böswilligkeit als seiner Unfähigkeit zuzuschreiben. Kurz und gut, er muß verschwinden. Es wurde

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