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Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Homer
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Eber.
    Nie durchstürmte den Ort die Wut naßhauchender Winde,
    Ihn erleuchtete nimmer mit warmen Strahlen die Sonne,
    Selbst der gießende Regen durchdrang ihn nimmer; so dicht war
    Dieses Gesträuch, und hoch bedeckten die Blätter den Boden.
    Jener vernahm das Getös von den Füßen der Männer und Hunde,
    Welche dem Lager sich nahten, und stürzte hervor aus dem Dickicht,
    Hoch die Borsten gesträubt, mit feuerflammenden Augen,
    Grad auf die Jäger, und stand. Odysseus, welcher voranging,
    Flog, in der nervichten Faust den langen erhobenen Jagdspieß,
    Ihn zu verwunden, hinzu; doch er kam ihm zuvor und hieb ihm
    Über dem Knie in die Lende; der seitwärts mähende Hauer
    Riß viel Fleisch ihm hinweg, doch drang er nicht auf den Knochen.
    Aber Odysseus traf die rechte Schulter des Ebers,
    Und bis vorn durchdrang ihn die Spitze der schimmernden Lanze:
    Schreiend stürzt’ er dahin in den Staub und das Leben verließ ihn.
    Um ihn waren sogleich Autolykos’ Söhne beschäftigt.
    Diese verbanden dem edlen, dem göttergleichen Odysseus
    Sorgsam die Wund und stillten das schwarze Blut mit Beschwörung,
    Und dann kehrten sie schnell zu ihres Vaters Palaste.
    Als ihn Autolykos dort und Autolykos’ Söhne mit Sorgfalt
    Hatten geheilt, da beschenkten sie ihn sehr reichlich und ließen,
    Froh des Jünglings, ihn froh nach seiner heimischen Insel
    Ithaka ziehn. Sein Vater und seine treffliche Mutter
    Freuten sich herzlich, ihn wiederzusehen, und fragten nach allem,
    Wo er die Narbe bekommen; da sagt’ er die ganze Geschichte,
    Wie ein Eber sie ihm mit weißem Zahne gehauen,
    Als er auf dem Parnaß mit Autolykos’ Söhnen gejaget.
    Diese betastete jetzo mit flachen Händen die Alte
    Und erkannte sie gleich und ließ den Fuß aus den Händen
    Sinken; er fiel in die Wanne. Da klang die eherne Wanne,
    Stürzt’ auf die Seite herum, und das Wasser floß auf den Boden.
    Freud und Angst ergriffen das Herz der Alten; die Augen
    Wurden mit Tränen erfüllt, und atmend stockte die Stimme.
    Endlich erholte sie sich und faßt’ ihn ans Kinn und sagte:
    Wahrlich, du bist Odysseus, mein Kind! Und ich habe nicht eher
    Meinen Herren erkannt, bevor ich dich ringsum betastet!
    Also sprach sie und wandte die Augen nach Penelopeia,
    Willens, ihr zu verkünden, ihr lieber Gemahl sei zu Hause.
    Aber die Königin konnte so wenig hören als sehen;
    Denn Athene lenkte ihr Herz ab. Aber Odysseus
    Faßte schnell mit der rechten Hand die Kehle der Alten,
    Und mit der andern zog er sie näher heran und sagte:
    Mütterchen, mache mich nicht unglücklich! Du hast mich an deiner
    Brust gesäugt, und jetzo, nach vielen Todesgefahren,
    Bin ich im zwanzigsten Jahre zur Heimat wiedergekehret.
    Aber da du mich nun durch Gottes Fügung erkannt hast,
    Halt es geheim, damit es im Hause keiner erfahre!
    Denn ich sage dir sonst, und das wird wahrlich erfüllet:
    Wenn mir Gott die Vertilgung der stolzen Freier gewähret,
    Siehe, dann werd ich auch deiner, die mich gesäuget, nicht schonen,
    Sondern ich töte dich selbst mit den übrigen Weibern im Hause!
    Ihm antwortete drauf die verständige Eurykleia:
    Welche Rede, mein Kind, ist deinen Lippen entflohen?
    Weißt du nicht selbst, wie stark und unerschüttert mein Herz ist?
    Fest wie Eisen und Stein will ich das Geheimnis bewahren!
    Eins verkünd ich dir noch, und du nimm solches zu Herzen:
    Wann dir Gott die Vertilgung der stolzen Freier gewähret,
    Siehe, dann will ich selbst die Weiber im Hause dir nennen.
    Alle, die dich verraten und die unsträflich geblieben.
    Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus:
    Mütterchen, warum willst du sie nennen? Es ist ja nicht nötig.
    Kann ich nicht selbst aufmerken und ihre Gesinnungen prüfen?
    Aber verschweig die Sache und überlaß sie den Göttern.
    Also sprach er. Da eilte die Pflegerin aus dem Gemache,
    Anderes Wasser zu holen; das erste war alles verschüttet.
    Als sie ihn jetzo gewaschen und drauf mit Öle gesalbet,
    Nahm Odysseus den Stuhl und zog ihn näher ans Feuer,
    Sich zu wärmen, und bedeckte mit seinen Lumpen die Narbe,
    Drauf begann das Gespräch die verständige Penelopeia:
    Fremdling, ich will dich jetzo nur noch ein weniges fragen;
    Denn es nahet bereits die Stunde der lieblichen Ruhe,
    Wem sein Leiden vergönnt, in süßem Schlummer zu ruhen.
    Aber mich Arme belastet ein unermeßlicher Jammer!
    Meine Freude des Tags ist, unter Tränen und Seufzern
    In dem Saale zu wirken und auf die Mägde zu sehen.
    Aber kommt nun die Nacht, da alle

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