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Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Homer
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zerstreute, die Glieder
    Sanft auflöste. Allein Odysseus’ edle Gemahlin
    Fuhr aus dem Schlafe, sie saß auf dem weichen Lager und weinte.
    Als sie endlich ihr Herz mit vielen Tränen erleichtert,
    Flehte sie Artemis an, die trefflichste unter den Weibern:
    Hochgepriesene Göttin, o Artemis, Tochter Kronions,
    Träfest du doch mein Herz mit deinem Bogen und nähmest
    Meinen bekümmerten Geist gleich jetzo! Oder ein Sturmwind
    Raubte durch finstere Wege mich schnell von hinnen und würfe
    Mich am fernen Gestade des ebbenden Ozeans nieder,
    So wie die Stürme vordem Pandareos’ Töchter entführten!
    Ihrer Eltern beraubt von den Göttern, blieben sie hilflos
    In dem Palaste zurück; da nährte sie Aphrodite
    Mit geronnener Milch und süßem Honig und Weine.
    Ihnen schenkte dann Here vor allen sterblichen Weibern
    Schönheit und klugen Verstand, die keusche Artemis Größe
    Und Athene die Kunde des Webestuhls und der Nadel.
    Aber da einst Aphrodite zum großen Olympos emporstieg,
    Daß der Donnerer Zeus den lieblichen Tag der Hochzeit
    Ihren Mädchen gewährte (denn dessen ewige Vorsicht
    Lenkt allwissend das Glück und Unglück sterblicher Menschen),
    Raubten indes die Harpyen Pandareos’ Töchter und schenkten
    Sie den verhaßten Erinnen zu harter sklavischer Arbeit.
    Führten die Himmlischen so auch mich aus der Kunde der Menschen!
    Oder entseelte mich Artemis’ Pfeil, damit ich, Odysseus’
    Bild im Herzen, nur unter die traurige Erde versänke,
    Eh ich die schnöde Begierd eines schlechteren Mannes gesättigt!
    Ach, zu erdulden ist noch immer das Leiden, wenn jemand
    Zwar die Tage durchweint und jammert, aber die Nächte
    Ruhiger Schlummer beherrscht; denn dieser tilgt aus dem Herzen
    Alles, Gutes und Böses, sobald er die Augen umschattet.
    Doch mir sendet auch nachts ein Dämon schreckende Träume!
    Eben schlief es wieder bei mir, ganz ähnlich ihm selber,
    Wie er gen Ilion fuhr; und ich Arme freute mich herzlich,
    Denn ich hielt es nicht für ein Traumbild, sondern für Wahrheit.
    Also sprach sie; da kam die goldenthronende Eos.
    Und der Weinenden Stimme vernahm der edle Odysseus.
    Ängstlich sann er umher; ihn deucht’ im Herzen, sie stünde,
    Ihn erkennend, bereits zu seinem Haupte. Da nahm er
    Hurtig Mantel und Felle, worauf er ruhte, zusammen,
    Legte sie schnell in den Saal auf einen Sessel, die Stierhaut
    Trug er hinaus und flehete Zeus mit erhobenen Händen:
    Vater Zeus, wenn ihr Götter nach vielem Jammer mich huldreich
    Über Wasser und Land in meine Heimat geführt habt,
    Oh, so rede nun einer der Wachenden glückliche Worte
    Hier im Palast, und draußen gescheh ein Zeichen vom Himmel!
    Also flehte der Held; den Flehenden hörte Kronion.
    Und er donnerte schnell vom glanzerhellten Olympos
    Hoch aus den Wolken herab. Da freute sich herzlich Odysseus.
    Plötzlich hört’ er ein mahlendes Weib, das glückliche Worte
    Redete, nahe bei ihm, wo die Mühlen des Königes standen.
    Täglich waren allhier zwölf Müllerinnen beschäftigt,
    Weizen- und Gerstenmehl, das Mark der Männer, zu mahlen.
    Aber die übrigen schliefen, nachdem sie den Weizen zermalmet,
    Sie nur feirte noch nicht, denn sie war von allen die schwächste.
    Stehen ließ sie die Mühl und sprach die prophetischen Worte:
    Vater Zeus, der Götter und sterblichen Menschen Beherrscher,
    Wahrlich, du donnertest laut vom Sternenhimmel, und nirgends
    Ist ein Gewölk; du sendest gewiß jemandem ein Zeichen.
    Ach, so gewähr auch jetzo mir armem Weibe die Bitte:
    Laß die stolzen Freier zum letztenmal heute, zum letzten,
    Ihren üppigen Schmaus in Odysseus’ Hause genießen,
    Welche mir alle Kraft durch die seelenkränkende Arbeit,
    Mehl zu bereiten, geraubt! Nun laß sie zum letztenmal schwelgen!
    Sprach’s, und freudig vernahm Odysseus ihre Verkündung
    Und Zeus’ Donnergetön; denn er hoffte die Frevler zu strafen.
    Jetzo versammelten sich die andern Mägde des Königs,
    Und es loderte bald auf dem Herde das mächtige Feuer.
    Auch der göttliche Jüngling Telemachos sprang von dem Lager,
    Legte die Kleider an und hängte sein Schwert um die Schulter,
    Band die schönen Sohlen sich unter die rüstigen Füße,
    Faßte den mächtigen Speer mit scharfer eherner Spitze,
    Ging und stand an der Schwelle und sagte zu Eurykleia:
    Mütterchen, habt ihr auch für die Ruh und Pflege des Fremdlings
    Hier im Saale gesorgt? Oder liegt er gänzlich versäumet?
    Meine Mutter, die ist nun so (wie gut sie auch denket),
    Daß sie den schlechteren Mann in ihres

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