Odyssey 01 - In die Dunkelheit
ganze Situation war ihr ein Rätsel.
Irgendwann gab sie dem leeren Gefühl in ihrem Magen nach und schaltete den Computer ein. Aus irgendeinem Grund fuhr er äußerst langsam hoch. Schließlich gelang es ihr, den Cateringservice aufzurufen. Nachdem sie sich die unverständlichen Begriffe ein Weilchen angesehen hatte, seufzte sie und wählte einige Gerichte auf gut Glück aus.
Der Ruf kam genau in dem Moment, als Weston am Messe tisch den ersten Schluck dampfend-heißen Tee trank. »Das bringt der Job des Captains nun mal mit sich …« Er zuckte die Achseln und griff nach seinem Headset.
Steph rümpfte die Nase. »Die wollen bestimmt nur sichergehen, dass du nicht im eigenen Waschbecken ertrunken bist. Ist doch allgemein bekannt, dass man Schiffskapitäne ununterbrochen überwachen muss.«
Die Bemerkung löste erneutes Gekicher bei den Kampf piloten aus und brachte Steph den schockierten Blick des Stewards ein, der gerade den Tee servierte. Weston achtete weder auf das Eine noch das Andere, sondern setzte sich sein Headset auf und wartete darauf, dass sich das Gerät seinem Kinn anschmiegte und sich die Induktionsspannung legte.
»Hier Weston.«
»Captain«, meldete sich Dr. Rame, »ich sollte Sie ja benachrichtigen, wenn unsere Patientin aufwacht, stimmt’s?«
»Ja, Doktor. Geht es ihr gut?«
»Jedenfalls so gut, dass sie sich etwas zu essen bestellt hat. Allerdings glaube ich nicht, dass sie die Speisekarte richtig versteht.«
Weston runzelte die Stirn und zog damit neugierige Blicke der Kampfpiloten auf sich. »Und wie kommen Sie darauf?«
»Ehrlich gesagt würde es mich wundern, wenn irgendein mit Vernunft begabtes Wesen freiwillig Sahneeis zusammen mit Thunfisch in Öl verspeisen würde.« Rame lief ein Schauer über den Rücken.
Westons leises Kichern steigerte sich zu lautem Lachen, sodass alle am Tisch ihn leicht befremdet ansahen, aber er ließ sich zu keiner Erklärung erweichen. Besonders Stephanos schien seine Neugier kaum noch zügeln zu können.
Pech gehabt. Weston stand auf. »Leider muss ich euch jetzt verlassen. Bis irgendwann später.«
Als seinen Tischgenossen klar wurde, dass ihr früherer Boss sie nicht mitlachen lassen würde, sahen sie finster drein. Besonders amüsierte sich Weston über Stephs enttäuschte Miene.
»Doktor, benachrichtigen Sie bitte auch Palin. Sagen Sie ihm, er soll im medizinischen Labor auf mich warten.« Weston grinste, als er einen letzten Blick auf seinen alten Trupp und ihre langen Gesichter warf.
An manchen Tagen war es gar nicht mal so schlecht, der Captain zu sein.
Im medizinischen Labor zankten sich Rame und Palin ge rade mal wieder darüber, wie beim Gespräch mit der Über lebenden am besten vorzugehen sei.
»Doktor Rame«, unterbrach Weston den Streit und brachte die beiden damit zum Schweigen, »wie hat die Frau Ihrem Eindruck nach auf die Schutzanzüge reagiert?« Ist schon verblüffend, dass zwei gebildete Erwachsene sich dermaßen kindisch aufführen!
»Es war seltsam. Anfangs war sie angespannt, aber nachdem sie uns gründlich gemustert hatte, hat sie sich beruhigt und blieb in Anbetracht ihrer Lage bemerkenswert gelassen.«
Weston schnaubte mit unverkennbarer Befriedigung. »Gut, ich glaube, dann können wir jetzt auf die Schutzanzüge verzichten. Vorausgesetzt, die Frau stellt in medizinischer Hinsicht keine Gefahr für uns da.«
Dr. Rame warf ihm einen schwer zu deutenden Blick zu. »Na ja, in ihrem Körper finden sich jede Menge neuer Antikörper. Aber auf Grundlage der Blutproben, die ich ihr entnommen habe, können wir Medikamente und Impfstoffe gegen alles entwickeln, womit sie uns anstecken könnte. Wieso haben Sie Ihre Meinung im Hinblick auf die Schutzanzüge geändert?«
»Ich wollte zunächst sehen, wie die Frau darauf reagiert. Wären diejenigen, die sie angegriffen haben, Menschen oder auch nur Menschenähnliche gewesen, hätten unsere Schutzanzüge sie weitaus stärker beunruhigt. Ich würde sagen, die Geschichte dieser Frau ist noch sehr viel interes santer, als wir bisher angenommen haben.«
Einen Moment lang wirkte Dr. Rame nachdenklich.
»Wissen Sie, Captain, man kann die Reaktion der Frau auf die Schutzanzüge auch anders deuten«, warf Palin barsch ein.
»Das ist mir natürlich klar, Doktor, aber das ist die plausibelste Erklärung, und deshalb diejenige, von der ich derzeit ausgehen möchte.«
Weston brach das Gespräch ab und trat hinter die Spiegelscheibe. »Also gut, Doktor Palin, gehen wir
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