Odyssey 01 - In die Dunkelheit
bezeugten, war in diesem Sternsystem nicht alles so sauber wie frisch gefallener Schnee.
Eine Stunde nach dem Abstieg in die Gravitationssenke meldete sich Weston von der Brücke ab und machte sich auf den Weg zur Messe, um etwas zu essen. Der von Daniels eingegebene Kurs zum vierten Planeten bedeutete einen rund vierundzwanzigstündigen Anflug, Beschleunigung und Bremsmanöver eingeschlossen.
In der Messe ging es genauso lebhaft zu, wie er erwartet hatte. Ein Großteil der Besatzung nutzte die durch den Kurs bedingte Arbeitspause zur Erholung.
Weston musste lächeln, als er an einem Ecktisch eine bestimmte Gruppe entdeckte, die sich miteinander unterhielt. Manche davon sind nur hier, um die Zeit totzuschlagen. Als er hinüberging, verbarg er seine Belustigung. »Was haben wir denn hier? Eine Versammlung von Faulenzern, wie?«
Alle am Tisch schreckten zusammen – bis auf einen.
»Na so was, Cap«, erwiderte Stephanos und grinste ihm aus der Ecke zu. »Warum erzählst du uns nicht ehrlich, wie’s dir hier so geht?«
Am liebsten hätte Weston breit gegrinst und mit den Augen gerollt, aber er wollte es mit den Vertraulichkeiten nicht übertreiben. Außerdem war ihm klar, dass die Archangels ihn auch ohne so offensichtliche Mimik verstanden. Deshalb setzte er sich einfach nur zu ihnen. »Also, wie gefällt’s euch als Passagieren auf dieser Kreuzfahrt?«
Die Kampfpiloten lachten und entspannten sich, als sie im Captain ihren alten Staffelführer wiedererkannten und begannen, ihn ihrerseits auf den Arm zu nehmen.
»Alles wunderbar, Raz.« Ein großer, kräftiger Mann mit dem Flieger-Rufnamen »Brute« feixte. »Aber wann geben Sie uns mal richtige Arbeit?«
Weston zuckte die Achseln. »Kann sein, dass bald was auf euch zukommt. Nur Geduld.«
Blaze, die als eine der ersten Frauen bei den Archangels angeheuert hatte, schnaubte leicht. »Das sagt der Richtige, wie, Raz?«
»Genau.«
Weston lehnte sich zurück, bestellte etwas zu essen und nahm sich die Zeit, in Erinnerungen an die glorreichen Zeiten der Archangels zu schwelgen.
Es dauerte ein bisschen, bis Milla das Reich der Träume verließ. In ihrer Schlaftrunkenheit war ihr zunächst nicht klar, wo sie sich befand und was geschehen war. Den Übergang von dem Moment seliger Unwissenheit zu dem der schmerzlichen Einsicht in ihre Lage empfand sie wie einen körperlichen Schlag. Die zierliche Frau rollte sich auf dem harten Krankenhausbett zusammen und rührte sich nicht mehr. Am liebsten wäre sie dort einfach liegen geblieben und gestorben, aber das war natürlich nicht so einfach möglich. Sie wurde nicht schlau aus den eigenen Emotionen und Empfindungen. Dauernd schienen sie sich ohne Vorankündigung zu verändern, ohne dass sie wusste, was als Nächstes kommen würde. Diese Stimmungsschwankungen machten ihr mehr als alles andere zu schaffen und brachten sie regelrecht um den Verstand.
Da draußen, jenseits der Wände dieses unbekannten Schiffs, waren die Drasins und brachten ihre Leute um. Sie durfte nicht sterben, schließlich brauchte ihr verzweifeltes Volk sie dringend.
Also glitt sie aus dem harten Bett und stellte sich auf den kalten Boden. Sie hüpfte herum, bis sich ihre Füße an die Kälte gewöhnt hatten, und starrte den unangenehmen Belag böse an. Dann kniete sie sich hin und strich über die kühle Oberfläche, die ihrem Körper die Wärme entzog.
Ein Metallboden. Wer baut denn noch Raumschiffe mit Metallböden? Das macht man einfach nicht! Sie seufzte und sah sich in dem Raum um. Sie mochte gar nicht daran denken, wie dick die Wände isoliert sein mussten, um die unerträglichen Nachteile dieser Konstruktion auszugleichen.
Und es war nicht nur das Metall. Der ganze Raum war völlig daneben. Die Beleuchtung war zu grell, die Rotation zur Erzeugung künstlicher Schwerkraft brutal. Bei diesem Gedanken fühlte sie sich sofort schwerer als normal. Es kam ihr so vor, als befände sie sich nicht auf einem echten Raumschiff, sondern auf einer schlechten Imitation.
Und was hat dieses Gefühl ständigen Fallens zu bedeuten? Sie schüttelte den Kopf und schob den Gedanken kurz beiseite, aber er wollte sie nicht loslassen. Dieses Schiff muss doch über gewisse Technologien verfügen!
Zweifellos konnten diese Leute von einer Raumdimension in die nächste wechseln. Wie hätten sie sonst so plötzlich auftauchen können, um sie zu bergen? Aber Milla begriff nicht, wieso Leute, die so etwas schafften, immer noch Raumschiffe aus Metall bauten. Die
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