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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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betrieben - stehen bewegungslos auf der rissigen Autobahn. Kinder mit überdimensionalen Taschen, Kisten und Kühlboxen wuseln zwischen den Fahrzeugen herum und verkaufen Getränke, Trockenfrüchte, Kleinelektronik und manchmal auch Haschisch an die im Stau festsitzenden Fahrer. Das Wetter ist grau, die Umgebung ziemlich hässlich: halb fertige Häuser, bröckelnde Slums, mit Abfall übersätes Brachland und stillgelegte Fabriken, so weit das Auge reicht. Hier und da zeugen zerstörte, verbrannte oder mit Geschosseinschlägen übersäte Gebäude vom Guerillakrieg, der im Land tobt. Die blassen, zerlumpten Kinder stammen aus der Gegend, und angesichts der Hartnäckigkeit, mit der sie ihren Ramsch an den Mann zu bringen versuchen, muss man davon ausgehen, dass die Autobahn ihre einzige Einkommensquelle ist. Hier bei Nacht eine Panne zu haben dürfte ganz schön gefährlich sein, denkt Laurie. Mit einem Kopfschütteln weist sie einen kleinen Jungen zurück, der an die Scheibe klopft und ein ganzes Bündel in Malaysia hergestellter Telefone mit Kamerafunktion schwenkt. Rudy scheint denselben Eindruck zu haben, denn er mustert die Umgebung mit angespannter Miene.
    Der Grund für den Stau ist eine Straßensperre durch das Militär. Sperrzäune, Jeeps, Lastwagen und leichte Panzerfahrzeuge blockieren die Fahrbahnen. Soldaten in schusssicheren Westen kontrollieren mit vorgehaltener Waffe, überprüfen, geben Daten ein, befragen Zivilisten und durchsuchen Autos. Trotz des in überdimensionalen Buchstaben auf dem Aufleger stehenden Logos von Save OurSelves machen die Soldaten für den Mercedes keine Ausnahme. Mit energischer Geste werden Laurie und Rudy an den Straßenrand gewinkt. Sie müssen aussteigen. Ein Soldat mit einem Detektor sucht sie von Kopf bis Fuß ab, während ein anderer die Pässe und die Identifikations-CD des Lkw mit einem sperrigen, an seinem Gürtel hängenden Terminal überprüft. Zwei Soldaten klettern im Aufleger herum und filzen die gesamte Ladung mit Scannern und Sonden, ein dritter widmet seine Aufmerksamkeit der Führerkabine nebst persönlichem Gepäck. Rudy wirkt immer noch sehr angespannt. Laurie versteht den Grund dafür nicht, denn im Prinzip müsste alles in bester Ordnung sein.
    Plötzlich stößt der Soldat im Führerhaus einen triumphierenden Schrei aus. Mit einem breiten Grinsen springt er auf die Straße und hält seinen Kollegen etwas Dunkles vor die Nase. Verblüfft erkennt Laurie, dass es sich um eine mattschwarze Waffe mit langem Lauf handelt, die ziemlich gefährlich aussieht.
    Sofort verändert sich die Haltung der Soldaten. Sie befehlen Laurie und Rudy, die Hände über den Kopf zu nehmen, richten ihre Gewehre auf sie und rufen einen Vorgesetzten, der gleich mit Verstärkung anrückt. Schnell finden sich die Europäer von nervösen Soldaten mit ihren Waffen im Anschlag umringt.
    »Haben Sie einen Waffenschein für diese Waffe?«, will der Hauptmann von Rudy wissen, der Laurie um eine Übersetzung bittet. Laurie wiederholt die Frage auf Englisch und wirft Rudy dabei einen mörderischen Blick zu. Rudy schüttelt den Kopf.
    »Wo haben Sie die Waffe her?«, fragt der Hauptmann auf Englisch weiter.
    »Aus Deutschland.«
    »Wieso?«
    »Ich habe an einem vom Kommando Survival organisierten Selbstverteidigungskurs teilgenommen.«
    Der Hauptmann nickt. Er scheint zu wissen, wovon Rudy spricht, und bringt die Luger zum Jeep, wo er ein langes Telefonat führt, während er die Waffe dabei aus allen Blickwinkeln begutachtet. Gleichzeitig werden sechs oder sieben Männer von der Verkehrskontrolle abgezogen, um den Mercedes mit allen möglichen Detektoren auf Herz und Nieren zu überprüfen. Laurie und Rudy müssen sich vor die Panzerfahrzeuge stellen, wo sie mit vorgehaltenen Gewehren bewacht werden.
    »Bravo, Rudy«, schimpft Laurie zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. »Eine echt tolle Idee, eine Knarre in dieses Land zu schmuggeln! Wie blöd bist du eigentlich?«
    »Wie sollen wir uns denn verteidigen, wenn wir von Piraten angegriffen werden?«
    »Und wie willst du uns jetzt da wieder rausholen?«, giftet Laurie zurück.
    »Ruhe da!«, bellt ein Soldat sie an. »Reden ist nicht gestattet!«
    Laurie und Rudy tauschen zwar noch wütende Blicke, sagen aber nichts mehr.
    Die Durchsuchung des Mercedes dauert eine gute Stunde. Eine Stunde Frösteln im Nieselregen, eine Stunde, während derer sie sich die schlimmsten Konsequenzen ausmalen: Festnahme, Gefängnis, schließlich Ausweisung oder

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