Ödland - Thriller
Freilassung auf Kaution nach wer weiß wie vielen Tagen Leidensweg.
Irgendwann kehrt der Hauptmann zurück. Immer noch hat er die Luger in der Hand.
»Sie wissen sicher, dass der Besitz einer nicht legitimierten Waffe einen Straftatbestand darstellt«, verkündet er. Laurie nickt zerknirscht. Auf keinen Fall will sie ihm widersprechen, sonst würde alles vielleicht noch schlimmer werden. »Und angesichts der Tatsache, dass wir uns in einem Krieg befinden, könnte ein solches Delikt bis vor das Kriegsgericht gebracht werden«, fügt er mit einem verschmitzten Lächeln hinzu.
Wieder nickt Laurie. Dabei fragt sie sich, worauf er hinauswill und was das Lächeln zu bedeuten hat.
»Allerdings sind meine Vorgesetzten der Ansicht«, fährt der Soldat fort, »dass es unseren Interessen zuwiderliefe, Ihre humanitäre Mission zu behindern.«
»Das hört sich gut an.« Nun lächelt auch Laurie.
»Ich habe den Befehl erhalten, Ihre Situation mit den mir zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln zu legalisieren.«
»Das bedeutet?«
»Das bedeutet zunächst ein Bußgeld.«
Das musste ja kommen, denkt Laurie. Trotzdem ist sie bereit, für ihre Freiheit zu bezahlen - auch viel Geld, wenn es sein muss.
»Wie viel?«
»Fünfhundert Euro.«
Autsch! Laurie dreht sich zu Rudy um, der mit gerunzelten Brauen der in Französisch geführten Diskussion zu folgen versucht.
»Rudy, du ...«
»Warten Sie«, unterbricht sie der Hauptmann. »Dabei handelt es sich lediglich um das Bußgeld. Es legalisiert allerdings noch nicht den Besitz der Waffe. Dafür brauchen Sie einen Waffenschein. Zufällig bin ich berechtigt, Ihnen einen auszustellen.«
»Vermutlich nicht umsonst.«
Das Lächeln des Soldaten wird breiter.
»Sie begreifen wirklich schnell. Der Waffenschein kostet ebenfalls fünfhundert Euro.«
Das Arschloch hält sich an uns schadlos, tobt Laurie innerlich.
»Ist das alles? Sind wir dann frei?«
»Frei wie die Vögel«, nickt der Hauptmann. »Sollten Sie allerdings die Güte haben, noch ein kleines Geschenk obendrauf zu legen, können Sie alle folgenden Straßensperren ohne Probleme passieren.«
»Und welche Art Geschenk schwebt Ihnen da vor?«
»Nun ja.« Er beugt sich zu Laurie hinunter und haucht ihr seinen Knoblauchatem ins Gesicht, ehe er mit halblauter Stimme fortfährt: »Seit die ›Bartträger‹ an der Macht sind, ist es ziemlich schwierig geworden, Alkohol zu bekommen. Ich denke an ein, vielleicht zwei Flaschen Whisky...«
»Tut mir leid, aber so etwas besitzen wir nicht.« Laurie ärgert sich, weil sie nicht daran gedacht hat, dass Alkohol in arabischen Ländern immer ein höchst willkommener Tauschartikel ist.
»In diesem Fall ... ein kleiner Zwanzigeuroschein für jeden meiner Männer - das würde sie sicher aufmuntern.«
Laurie verzieht das Gesicht, denn es handelt sich um mehr als zwanzig Mann. Doch sie sieht keinen anderen Weg, sich aus der Affäre zu ziehen. Sie fasst das Ergebnis ihrer Verhandlungen für Rudy kurz auf Englisch zusammen.
»Was?«, fährt Rudy wütend auf. »Tausendfünfhundert Euro? Das ist doch Betrug!«
»Du rückst jetzt deine Knete raus - und keine Diskussion!«, befiehlt Laurie in einem Ton, der keinerlei Widerspruch duldet.
Fluchend zählt Rudy fünfzehnhundert Euro ab und reicht sie mit angeekelter Miene dem Hauptmann, der das Geld mit breitem Grinsen einstreicht. Er händigt Rudy die Luger aus und gibt seinen Männern einen kurzen Befehl auf Arabisch. Sie senken die Waffen und treten zur Seite. Der Hauptmann gibt Laurie und Rudy ein Zeichen, einzusteigen und weiterzufahren.
Erst zwanzig Kilometer weiter, etwa auf der Höhe von Boufarik, zerreißt ein wütender Aufschrei von Laurie die mürrische, wenngleich erleichterte Stille zwischen ihnen.
»So eine Scheiße! Dieser blöde Wichser! Wir haben uns total von ihm verarschen lassen!«
»Was ist denn passiert?«
»Er hat uns den Waffenschein vorenthalten.«
Armee der Unterdrücker
... sie verbrennen unser Land, vergiften unsere Quellen und bombardieren unsere Dörfer. Sie hungern uns aus, vergewaltigen unsere Frauen, töten unsere Kinder und schlachten unsere Herden. Wenn sie allerdings glauben, die Kabylen auf diese Weise ausrotten zu können, haben sie sich getäuscht. Der Mensch, der kabylische Männer und Frauen unterdrücken und sie der Scharia unterwerfen wird, ist noch nicht geboren. Und sollte er eines Tages geboren werden, so werden wir ihn noch in der Wiege töten. Jeder Schlag fügt uns fester zusammen,
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