Ödland - Thriller
Fleischspießen eine Salatauswahl aus den Gärten vor, was sie freudig akzeptieren. Außerdem gibt es bei ihm gekühlte Cola, die sowohl Laurie als auch Rudy gerade recht kommt.
Nachdem sie gegessen, getrunken und sich im zarten Schatten der Tamarinde entspannt haben, entschließt sich Rudy, endlich die angespannte Stille zubrechen, die seit dem Morgen zwischen ihnen herrscht.
»Na, Laurie, verrätst du es mir?«
»Was soll ich dir verraten?«
»Warum du nicht mehr sprichst.«
Laurie schweigt lange.
»Ich habe ... Angst«, murmelt sie schließlich zögernd.
»Angst? Wovor denn? Vor mir?«
»Nein, nicht vor dir.«
»Wovor dann? Mensch, Laurie, wir sitzen doch im selben Boot! Wenn du Ängste hast oder dich vor etwas fürchtest, ist es wirklich nicht gut, es für dich zu behalten. Das bringt nichts, schon gar nicht für uns als Team. Wovor hast du denn Angst?«
»Vor ... vor der Wüste.«
»Vor der Wüste?«, ruft Rudy überrascht. »Ja, ist es denn nicht herrlich hier?« Seine weite Armbewegung schließt die Medina, die Palmen, die felsigen Anhänge, den zerfallenen Ksar, die ockerfarbenen Klippen und die fernen Sanddünen ein, die unter dem glühenden Himmel schimmern.
»Hier schon. Aber hier gibt es auch Bäume, Früchte, Wasser und Menschen. Leben halt! Aber da draußen?« Laurie fröstelt trotz der Hitze. »Dieser Sand, diese schwarzen Felsen, die verbrannten Hügel und die blendenden Salzfelder ... Und dann diese einsamen und leeren Geröllebenen ... Als wir da durchgefahren sind, hätte ich um Haaresbreite die Nerven verloren und dich gebeten, umzukehren und mich in Ghardaia zurückzulassen.«
»Ach, Laurie!« Rudy rutscht auf der Bank näher an Laurie heran und legt ihr die Hand auf die Schulter. Die junge Frau zittert. »Weißt du, abgesehen von ein paar Banditen, Schlangen und Skorpionen gibt es nichts zu befürchten. Wir haben eine super Ausrüstung, haben einen Lastwagen, der fantastisch läuft, und nehmen eine relativ viel befahrene Straße. Wir werden uns weder verirren noch verdursten, wenn wir vorsichtig und vorausschauend handeln.«
»Auch das ist es nicht, was mich ängstigt. Es ist die Wüste selbst. Sie riecht nach Tod. Da ist kein Leben. Und genau davor fürchte ich mich. Keinen Baum zu sehen, kein Gras, keine Tiere, nichts als ein paar verkümmerte Sträucher über Hunderte von Kilometern. Vergiss nicht, woher ich komme, Rudy. In der Bretagne ist alles grün und ziemlich feucht.«
»Ich stamme auch aus einem feuchten Land - jetzt sogar aus einem, das ganz unter Wasser steht. Aber die Trockenheit, der nackte Fels, die reinen Formen beruhigen mich eher, ganz im Gegensatz zu dir.« Laurie nickt ratlos. »Trotzdem müssen wir jetzt weiter. Wir können nicht ewig hier sitzen bleiben.«
»Obwohl mir das gerade recht wäre. Man hat den Eindruck, als wäre hier die Zeit stehen geblieben.« Verträumt lehnt sie einen Moment lang ihren Kopf an den von Rudy, der einen Arm um ihre Schulter legt. »Man könnte seinen Garten bestellen, von Tag zu Tag leben, ohne sich Sorgen zu machen...« Plötzlich richtet sie sich auf. Ihr zaghaftes Lächeln erlischt. »Bei der Vorstellung, wieder in diesen ganzen Sand zurückzumüssen, und das für ich weiß nicht wie viele Kilometer, kriecht mir kalte Angst in die Eingeweide.«
»Ich versuche, so schnell wie möglich zu fahren«, verspricht Rudy und zieht mit einem gewissen Bedauern die Hand zurück. »Wie wäre es, wenn du dich inzwischen auf die Ruheliege zurückziehst und ein bisschen schläfst? Dann siehst du den Sand wenigstens nicht.«
»Aber ich spüre ihn. Er dringt in meinen Mund und meine Nase ein, kriecht unter meine Augenlider und erfüllt mich mit seinem Geruch nach Stein. Wer weiß, vielleicht werde ich auf der Ruheliege noch zum Fossil.«
»Nicht, solange ich am Steuer sitze.«
Sie trödeln noch eine Weile herum, trinken noch einen Pfefferminztee und plaudern mit dem Wirt über Europa. Einer seiner Söhne ist dort, lässt aber schon lange nichts mehr von sich hören. Irgendwann nimmt Rudy Lauries Hand und zieht sie hinter sich her zu ihrem Mercedes, in den sie ohne große Begeisterung einsteigt. Und dann geht es mühselig weiter auf der sandigen Straße, die sich zwischen den Dünen hindurchschlängelt.
Zweihundert Kilometer weiter, nachdem sie die Abzweigung nach Hoggar passiert haben, und nach einer Pinkelpause in Hassi Targui mit dem vergeblichen Versuch, noch einmal den Wassertank aufzufüllen, geraten sie in ihren ersten
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