Ödland - Thriller
Fahrt durch die Sahara«, berichtet Laurie, »haben wir in den Oasen ein einfaches, aber sehr wirksames System kennengelernt, das zudem nicht einmal viel kostet, weil es mit vor Ort vorhandenen oder wiederverwendeten Materialien funktioniert. Es handelt sich um die sogenannten foggaras, mit denen das Wasser auf die einzelnen Parzellen verteilt wird. Rudy hat sich sehr dafür interessiert - er könnte es dir sicher besser erklären.«
»Das System ist mir bekannt«, nickt Moussa. »Wir haben in Berlin an der Uni etwas darüber gelernt. Leider können wir es hier kaum anwenden. In den Oasen stammt das Wasser von den Hochplateaus und wird in geringer Tiefe aufgefangen. Es fließt daher aus eigener Kraft in die niedriger gelegenen Parzellen. Hier aber ist es genau umgekehrt - das Wasser kommt vom tiefsten Punkt, und die Felder liegen auf den Hügeln. Wir müssten also mit Pumpen arbeiten, um das Wasser an den höchsten Punkt zu bringen.« Er schüttelt den Kopf. »Nein, das wäre zu kostspielig und zu kompliziert.«
»Hast du einen besseren Vorschlag?«
»Also, da wäre zum Beispiel...«
Es klopft.
»Das muss Keita sein.«
Laurie steht auf und öffnet die Tür.
»Wir sind entzückt, Sie wiederzusehen, ehrenwerte Beraterin«, begrüßt der Chinese sie mit einer kleinen Verbeugung. »Hätten Sie vielleicht einen Augenblick Zeit für uns?«
Laurie tritt seufzend beiseite. Die vier Delegierten - es sind die gleichen, die sie schon im Präsidentenpalast kennengelernt hat - drängen sich in den winzigen Bauwagen. Moussa wirft ihnen einen fragenden Blick zu.
»Eine chinesische Handelsdelegation«, erklärt Laurie. »Ich hätte nicht gedacht, Sie so schnell wiederzusehen. Sie sind ganz schön hartnäckig, nicht wahr?«
Der Wortführer schenkt ihr ein honigsüßes Lächeln.
»Der weise Laozi hat gesagt, nichts sei geschmeidiger und schwächer als Wasser. Wolle man jedoch etwas Hartes gefügig machen, finde man nichts Besseres. Ihre Versprechungen waren bestechend, gnädiges Fräulein, doch leider geben unsere Auftraggeber sich nicht damit zufrieden. Soweit ich weiß, sagt ein europäisches Sprichwort: ›Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach.‹«
Der Chinese stellt sein E-Case auf den mit Papieren überhäuften Schreibtisch und öffnet es. Auf dem Bildschirm erscheint das dreidimensional rotierende Logo des Tensing-Konzerns, eines auf Wasserversorgung und Bewässerungsanlagen spezialisierten Unternehmens. Die einzige Frau der Gruppe wendet sich mit einem verführerischen Lächeln an Moussa:
»Werter Herr und ausgezeichneter Ingenieur, zufällig wurden wir Zeuge, dass Sie sich mit einem Problem im Bereich der Bewässerung beschäftigen. Sie können sich freuen, denn Ihr Problem ist gelöst. Wir liefern Ihnen gern eine schlüsselfertige Anlage.«
»Äh ...«
Moussa wirft Laurie einen Blick zu. Mit einer Handbewegung versucht sie ihm klarzumachen, dass er sich hüten soll, sich einwickeln zu lassen.
»Also ... ehrlich gesagt ist es so, dass solche Entscheidungen nicht in mein Ressort fallen«, weicht er aus. »Sie müssten sich mit Moussa Keita in Verbindung setzen, dem Direktor der CooBam.«
»Wir haben den ehrenwerten Herrn Keita bereits getroffen«, säuselt ein anderer Delegierter. »Er war ausgesprochen interessiert und sollte eigentlich jede Minute hier sein.«
»Da ist er bereits«, verkündet der dritte Delegierte, der an der offenen Tür stehen geblieben ist.
»Sehr schön. Die Vorführung ist bereit«, erklärt der Wortführer und dreht den Bildschirm so, dass alle etwas sehen können.
»Ah, Sie sind ja schon da!«, stellt Moussa Keita fest. »Haben Sie Monsieur Diallo Ihr Bewässerungssystem bereits vorgestellt?«
»Wir haben nur auf Sie gewartet, ehrenwerter Direktor«, flötet der Wortführer mit einer kleinen Verbeugung. »Meine Herren, wenn Sie bitte Ihre Aufmerksamkeit dem Bildschirm zuwenden würden...«
»Okay«, seufzt Laurie, »ich habe hier nichts mehr zu suchen. Wie ich sehe, haben Sie Ihren Fisch längst an der Angel.«
Sie verlässt den Bauwagen und muss draußen angesichts des Staubes und des lebhaft roten Sonnenuntergangs blinzeln. Mit verbitterter Miene schüttelt sie den Kopf. Diese Chinesen! Hinterhältig bis zum Gehtnichtmehr! Selbst der zungenfertigste Amulettverkäufer kann ihnen nicht das Wasser reichen. Natürlich würden sie Moussa und den Direktor der CooBam umgarnen - und anschließend dürfte etwa die Hälfte der Fördermenge dem chinesischen Markt
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