Ödland - Thriller
stimmte mit den Worten zu, dass es immer noch weniger sei als das, was die beiden für Alkohol und Drogen ausgäben, und dass es die Steuerlast senke. Außerdem fand er es witzig, dass eine Gruppe mit dem Namen Kill Them All eine Hilfsorganisation unterstützen sollte, die Save OurSelves hieß.
Nachdem Franklin Rothschild verschwunden ist und die Gäste sich an der langen Theke am anderen Ende des Saales drängen, wird es auf der Bühne dunkel und still.
Der Lärm der Menschenmenge wird zunehmend von einem vagen Geräusch übertönt, das sich wie das ferne Dröhnen großer Turbinen anhört. Das Geräusch verstärkt sich; ein grelles Pfeifen gesellt sich hinzu, das aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen scheint. Alle Anwesenden drehen die Köpfe zur immer noch dunklen Bühne. Doch der unglaubliche Ton scheint nicht aus den Mikro-Boxen zu dringen, die rings um die hohe Decke angebracht sind. Plötzlich ertönt eine synthetische Frauenstimme: »Wir möchten unsere werte Kundschaft darauf aufmerksam machen, dass die Bahamas derzeit von einem Zyklon heimgesucht werden, und raten Ihnen in Ihrem eigenen Interesse, die Enklave nicht zu verlassen. Die Kuppel ist vollkommen sicher. Sie haben nichts zu befürchten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.«
Nervöses Lachen ist hier und da zu hören, ebenso Bemerkungen wie: »Jetzt übertreiben sie aber wirklich!« - »Mit solchen Dingen sollte man keine Scherze treiben.« Oder auch: »Eine tolle Idee für einen Auftritt.« Das Dröhnen ist inzwischen zu einem anhaltenden Kreischen geworden, das von einer dumpfen Vibration begleitet wird. Einige Gäste trauen sich, den Saal zu verlassen, um aus den Korridorfenstern zu schauen, und kommen bleich und ängstlich zurück. Draußen scheint eine wahre Hölle entfesselt zu sein, der Himmel ist pechschwarz, und riesenhafte Wellen brechen sich in der Ferne an der Kuppel - wird sie wohl halten?
In diesem Moment höchster Anspannung kommen Kill Them All auf die Bühne. Zwei rote Blinklichter drehen sich zwischen den Säulen; eine jaulende Sirene erklingt im ganzen Saal. Im pulsierenden Rhythmus des Lichtes flimmern blasse Hologramme über die Bühne und verteilen sich im Publikum. Es sind samt und sonders Kriegs- und Zerstörungsszenarien: Bombardements, Tsunamis, Vulkanausbrüche, Zyklone (wie passend!), Lawinen, Brandkatastrophen ... verängstigte Menschen, die vor Katastrophen fliehen, brennende Gebäude, die in sich zusammensinken, Großaufnahmen von Leichen, in deren Gesicht noch die Angst steht, Leute, die niedergetrampelt werden, Verletzte, die sich zwischen Trümmern dahinschleppen ... In der Mitte dieser morbiden Bilder tauchen plötzlich zwei in Lumpen gekleidete Zombies mit grünen Gesichtern und schleimigen Körpern auf. Einer hält sich ein Mikrofon in Form eines Phallus vor den Mund, der andere schwenkt einen tragbaren Synthesizer, der wie ein abgehackter Arm mit hängenden Fingern aussieht: Es sind Destroid, der Sänger, und Killing Machine, der Musiker. Während das Schrillen der Sirenen im Donnern eines heftigen Bombardements untergeht, vollführen die beiden Zombies einen grotesken Tank inmitten holografischer Leichenberge. Schließlich grölt Destroid in sein Mikro - es klingt wie ein abgestochenes Schwein, das man mit viel Echo und Hall unterlegt hat; Killing Machine misshandelt derweil seinen abgehackten Arm, der eine Reihe undeutlicher und ziemlich scheußlicher Rhythmen und Geräusche von sich gibt: Reaktoren, Metallsägen, Walzlager, unterschiedliche Arten von Explosionen, Turbinen, Wasserfälle, das Keuchen eines Kolbens (als beat), ein Mix aus qualvollen Todesschreien, Autozusammenstößen und anderen, zusammengebastelten Industriegeräuschen, die das Ganze noch unerträglicher machen. Das Brüllen des Zyklons draußen gesellt sich zu diesen Misstönen und bildet ein Grundgeräusch, das die »Harmonie« des Vortrags in keiner Weise stört.
Drei Viertel des Publikums haben schnell das Weite gesucht. Die meisten drängen sich in den Anbauten Orion und Zeus, die viel zu klein sind, um so viele Menschen aufzunehmen. Einige irren mit ihren Häppchen und Gläsern durch die Korridore; andere sind in ihre Hotels zurückgekehrt oder haben sich in die umliegenden Restaurants geflüchtet. Manche hängen wie gebannt an den Fenstern und beobachten die ferne Apokalypse, die durch das tropfende und immer wieder von umherfliegenden Trümmern getroffene Kuppeldach geradezu unwirklich erscheint. Etwa ein Viertel der
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