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Öffne deine Seele (German Edition)

Öffne deine Seele (German Edition)

Titel: Öffne deine Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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gehören konnte.
    Vor dem Café wurde der Wagen langsamer.
    Mein Magen krampfte sich zusammen. Ich hatte die unverhoffte Begegnung mit Anstand hinter mich gebracht, doch noch ein Gespräch mit Joachim: ausgeschlossen.
    Nicht, wenn ich anschließend eine Unterhaltung mit Marius führen wollte.
    Doch als der Anwalt das Café passierte, drückte er nur einmal kurz auf die Hupe. Für eine halbe Sekunde glaubte ich hinter dem Autofenster seine Silhouette zu erkennen, dann trat er das Gaspedal durch, und die Rücklichter verschwanden in der Dämmerung, die sich über die Schwarzen Berge senkte.
    Mit einem tiefen Ausatmen entwich meine Anspannung, und ich schrumpfte auf meinem Caféhausstuhl um ungefähr fünf Zentimeter zusammen.
    Trotzdem, nachdem ich gezahlt hatte und aufstand, stellte ich fest, dass ich irgendwie unsicher auf den Beinen war.
    Ich wusste, dass es nicht am Kaffee lag, wobei gerade Joachims letzter Hinweis, der Hinweis auf den Kaffee, dazugehörte.
    Die Erinnerung an all das, was zwischen uns geschehen war. Nicht allein die Dinge Haut an Haut, die fordernde, fast brutale Umklammerung seiner Hände und seines Körpers. Nicht allein die Nacht in seinem Appartement, als ich mich ganz und gar in seine Hand gegeben hatte.
    Mehr noch der Morgen danach: eine einzelne, langstielige Rose und der Duft von frisch gebrühtem Kaffee, der sich mit seinem Duft gemischt hatte.
    Antaeus von Chanel.
    Ich glaubte ihn noch immer riechen zu können.
    Noch immer. Schon wieder.
    Ich schüttelte mich und versuchte den Kopf freizukriegen, während ich zu meinem Nissan ging.
    Joachim Merz durfte jetzt keine Rolle spielen, weniger denn je. Ich selbst durfte jetzt keine Rolle spielen.
    Als ich auf den Fahrersitz glitt, schloss ich sekundenlang die Augen.
    Ich musste das Bild nicht heraufbeschwören. Es kam von selbst, schob sich mit brutaler, plötzlicher Härte vor meine Augen, präzise in jedem erschreckenden Detail.
    Das totenblasse Gesicht an der Oberfläche des Bassins, brutal ausgeleuchtet von Martin Eulers Scheinwerfern.
    Die blutigen, weit aufgerissenen Augen, die nicht mehr ins Leere zu starren schienen, sondern auf mich allein gerichtet waren.
    Falk Sieverstedts im Todeskampf geöffneter Mund, der stumme, anklagende Schrei, der ungehört verhallt war. Sein Geheimnis, das er mit in den Tod genommen hatte.
    Wer unseren Job macht, muss sich darüber im Klaren sein, dass er den Toten etwas schuldet.
    Die Toten, könnte man sagen, sind unsere eigentlichen Auftraggeber.
    Vielleicht ist es kein sonderlich gesunder Gedanke, doch ich habe mir immer vorgestellt, dass, wenn wir zu wenig an diejenigen denken, für die wir den Job eigentlich machen, und zu viel an uns und unsere kleinlichen Probleme – dass dann etwas geschehen kann.
    Als wenn eine Art von Ausgleich zustande kommen müsste, eine Art von Balance.
    Wenn wir zu viel von unserer Welt in ihre Welt mit hineinnehmen – in die Welt der Toten und des Geheimnisses, warum sie auf diese Weise ihr Ende finden mussten – dann kommt etwas von ihnen zu uns zurück.
    Und zieht uns mit sich in eine Welt, in die wir nicht gehören.
    Es war immer noch warm draußen. Im Wagen sowieso. Der Nissan hatte stundenlang in der Sonne gestanden.
    Doch mit einem Mal war mir eisig kalt.
    Ich umfasste das Lenkrad, holte zwei Mal tief Luft und setzte zurück auf die Straße, die an dieser Stelle, auf der niedersächsischen Seite, Emmetal hieß. Eine lang gezogene Kurve bergab, zurück in Richtung Landesgrenze. Auf der linken Seite kam das Schild, an dem Joachim zu mir aufgeschlossen hatte.
    Ich bremste auf Schrittgeschwindigkeit. Es war kurz nach neun. Im Moment war mein Nissan das einzige Fahrzeug auf der Straße.
    Straßengräben auf beiden Seiten, halb überwuchert, dahinter steile Böschungen. Die Strecke folgte einem engen Tal – dem Emmetal vermutlich. Hundert Meter voraus sah ich eine Abzweigung, die mir auch heute Nachmittag nicht entgangen war. Doch das war nicht die Nummer zweiundneunzig, und es war auch nicht die Stelle, an der der Jaguar des Anwalts nach unserer Begegnung zwischen den Bäumen verschwunden war.
    Ich kniff die Augen zusammen.
    Ein Waldweg, im zunehmenden Zwielicht kaum zu erkennen und auf den ersten Blick zu schmal für ein Fahrzeug. Eine Brücke über den Straßengraben.
    Kein Hinweis, dass sich auf der anderen Seite etwas anderes verstecken sollte als Bäume und noch mehr Bäume.
    Ich wurde noch etwas langsamer und bog auf den engen Durchlass ein.
    Es rumpelte

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