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Öffne deine Seele (German Edition)

Öffne deine Seele (German Edition)

Titel: Öffne deine Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Komisches daran, nicht hier.
    Das tote Mädchen, ein Kind noch, das noch kaum gelebt hatte und einen großen Teil der Zeit, die es gelebt hatte, mit dem Gedanken an den Tod zugebracht hatte.
    «Ich kann Sie verstehen», sagte ich leise. «Ich bin schon eine Weile dabei, aber so was wie das hier, das haben wir nicht oft», murmelte ich. «Zum Glück.»
    «Das ist mir … Ehrlich, das ist mir noch nie passiert.» Er war schon wieder in der Hocke.
    Ich kniff die Augen zusammen.
    Er trug noch immer seine Handschuhe und strich der toten Jasmin die Haare aus dem Gesicht.
    «So klein», wisperte er. «So jung. Sie hatte noch so viel vor sich. Wie konnte sie das nur tun?»
    Ich sah auf die Szene, doch gleichzeitig rührte sich etwas in mir.
    Eine Chance, dachte ich. Eine Chance, mit der ich überhaupt nicht gerechnet hatte.
    Es war das Einzige, was ich noch tun konnte – auch für dieses tote Mädchen.
    Doch ich musste vorsichtig sein. Ich operierte hart am Rande der Dienstvorschriften, und noch hatte ich keine Ahnung, wie weit ich sie womöglich würde überschreiten müssen.
    «Ist das …» Ich zögerte, zögerte ganz bewusst, bis ich sicher war, dass ich seine Aufmerksamkeit hatte. «Ist das wirklich hundertprozentig sicher?», fragte ich.
    Detlef Langen blinzelte und wischte sich noch einmal über das Gesicht. Dann sah er mich aus großen Augen an.
    Er selbst war noch so unglaublich jung. Wie lange konnte er überhaupt schon dabei sein?
    «Was meinen Sie?», flüsterte er. «Die Todesursache? Denken Sie, dass …» Er schüttelte den Kopf. Noch einmal. «Nein.» Nur ein Hauch. «Ich … Tut mir leid, dass ich so die Kontrolle verliere, aber rein medizinisch ist es absolut eindeutig. Wir haben genaue Vorschriften, bestimmte Dinge, die wir prüfen, und … Hier.» Wieder, zitternd, strich er die Haare des Mädchens beiseite. «Die Zwischenblutung ist ein eindeutiges Zeichen. Die beiden Stränge des Seils haben sich unter dem Gewicht des Körpers in die Haut gegraben. Das hat die Suffokation verursacht und damit den Tod. Es gibt manchmal Fälle, in denen ein Freitod vorgetäuscht werden soll, nachdem ein Täter das Opfer erdrosselt hat, doch dann wäre die Zwischenblutung nicht aufgetreten. Nein, unmöglich.»
    «Die Augen …», begann ich vorsichtig.
    «Ja.» Er schluckte. «Das ist sehr, sehr deutlich. Weil der Knoten verrutscht ist und sie so lange gebraucht hat, bis sie …»
    «Könnte …» Pass auf, Friedrichs! Lass ihn selbst seine Schlüsse ziehen! «Könnte der Knoten mit Absicht so platziert worden sein?», fragte ich.
    Er kniff die Augen zusammen, sah auf die Tote, schüttelte dann aber den Kopf. «Nein. Ich meine: doch, natürlich. Aber warum hätte sie das tun sollen? Die meisten Selbstmörder rücken den Knoten automatisch in den Nacken – auf diese Weise geht es auch am schnellsten. Durch den symmetrischen Druck werden die Halsschlagadern praktisch augenblicklich verschlossen, und die Bewusstlosigkeit tritt binnen Sekunden ein. Bei den Wirbelschlagadern ist ein viel größeres Gewicht notwendig, und es kann überhaupt …» Wieder schüttelte er den Kopf. «Doch selbst wenn sie das alles gewusst hätte: Warum hätte sie das tun sollen?»
    Ich nickte.
    Jasmin hatte keinen Grund gehabt, den Knoten an dieser Stelle anzulegen – und doch hatte er sich genau dort befunden, seitlich am Hals, wo er ein langsameres und qualvolleres Sterben verursacht hatte.
    Und intensivere Blutungen in der Lederhaut der Augen.
    «Wobei …»
    Ganz langsam beugte Langen sich über die Tote, nahm den Hals noch einmal in Augenschein, tastete den wulstigen Umriss der Zwischenblutung ab, folgte dem Eindruck des aufsteigenden Seils an der Halsseite.
    Dann griff er nach der rechten Hand des Mädchens, betrachtete sie eingehend, schob das Bündchen des Pullovers zurück, wiederholte den Vorgang mit der anderen Hand.
    Er schüttelte den Kopf.
    «Das wäre kaum zu beweisen, aber theoretisch könnte ihr natürlich jemand anders das Seil umgelegt haben und es von Anfang an an dieser Stelle platziert haben. Jemand, der sich am Anblick dieses langen und schrecklichen Todes …»
    Bitte, dachte ich. Nicht wieder weinen.
    «Aber müssten dann nicht irgendwelche Zeichen von Gegenwehr zu erkennen sein? Abwehrverletzungen, fremde Hautpartikel unter den Fingern … Selbst wenn er sie mit der Waffe bedroht hätte: Der Überlebenswille ist stark. Ich kann mir nicht vorstellen, welcher Mensch das ohne jeden Widerstand über sich

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