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Öffne deine Seele (German Edition)

Öffne deine Seele (German Edition)

Titel: Öffne deine Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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das Handschuhfach auf!»
    «Was?»
    «Schau ins Handschuhfach.» Sie wechselte die Fahrspur, nachdem sie einen Renault rechts überholt hatte.
    Mit einem Knurren riss Albrecht die Klappe auf.
    Der Geruch von Lederpflegemittel – und ein Briefumschlag.
    «Was ist das?»
    «Schau rein.»
    Albrecht öffnete die Umschlaglasche.
    Fotos.
    Falten bildeten sich auf seiner Stirn, während er die Bilder durchblätterte.
    Ein Containerschiff. Die Flagge, die es gesetzt hatte, trug dieselben Farben wie der Wimpel auf dem Diplomatenfahrzeug des Konsuls.
    Die nächste Aufnahme zeigte einen untersetzten Mann in einem anthrazitfarbenen Geschäftsanzug, der sich mit einem zweiten Mann unterhielt, der dem Betrachter den Rücken zuwandte. Im Hintergrund war ein Schiffsrumpf zu erkennen. Die Aufnahme war verschwommen, als wäre sie aus großer Entfernung aufgenommen worden.
    «Holger Retzlaff.» Eine rote Ampel. Elisabeth wurde langsamer, gottlob. «Der, der in unsere Richtung schaut. Einer der Prokuristen bei Sieverstedt Import/Export.»
    «Und was soll das? Was sind das für Fotos?» Albrecht blätterte weiter.
    Im nächsten Moment blieb ihm die Luft weg.
    Die Aufnahme war noch verschwommener als die vorangegangene. Und sie war dunkel, sehr dunkel. Eine Nachtaufnahme, ohne Blitz, mit langer Belichtungszeit.
    Doch sie war deutlich genug, um zu erkennen, was der Fotograf festgehalten hatte. Ein offener Container, in dessen Innerem mehrere Menschen kauerten. Zwei von ihnen kauerten nicht einmal, sondern lagen in gekrümmter Haltung am Boden. Kleine Menschen.
    Kinder. Mädchen, soweit Albrecht erkennen konnte.
    «Was zur Hölle …» Seine Stimme war rau. Das Foto zitterte in seiner Hand.
    Und im selben Moment begriff er.
    «Falk», flüsterte er. «Diese Fotos hat dein Sohn gemacht.»
    «Sie lagen in seinem Zimmer», murmelte sie. «Unter dem Schrankboden, wo er früher seine Magazine versteckt hat.» Die Betonung des Wortes – nicht eigentlich amüsiert, doch nicht weit davon entfernt – machte deutlich, von welcher Sorte Magazinen die Rede war. «Diese Kopien habe ich mir vor einigen Wochen gemacht, und es ist gut, dass ich das getan habe. Jetzt sind sie nicht mehr da.»
    Albrecht blätterte weiter. Eine zweite Aufnahme des offenen Containers, nicht deutlicher als die erste, dann die Rückseite eines Lkw. Er kniff die Augen zusammen. Nein, es war nicht der Kastenwagen, den die Bürgerwehr am Volkspark aufgenommen hatte.
    «Eines eurer Schiffe schleust Kinder ins Land? Was geschieht mit diesen Kindern?»
    Selbstverständlich dachte er den Gedanken zu Ende. Und ihm wurde übel bei der Vorstellung.
    «Blätter weiter», murmelte sie.
    Ein verfallenes Industriegelände. Im Vordergrund ein Lagerschuppen aus Wellblech, die Türen geschlossen. Am rechten Bildrand war ein Gabelstapler zu erkennen, vermutlich nicht mehr funktionstüchtig, so verrostet, wie das Gefährt aussah.
    Im Hintergrund …
    «Die Stahlwerke am Dradenauhafen», murmelte er. «Der Schatten ganz links könnte das Klärwerk sein.»
    «Die Firma hat ein Gelände dort», erklärte Elisabeth. «Ich glaube nicht, dass es noch genutzt wird, aber Friedrich hält eine ganze Reihe solcher Objekte, in der Hoffnung, dass die Preise wieder steigen.»
    «Dort werden die Kinder hingebracht?»
    «Ich weiß es nicht.» Elisabeth veränderte die Position ihrer Hände um das Steuer, als sie auf den Grindelberg einbog. «Die Fotos gehören offenbar zusammen.»
    «Andere gab es nicht?»
    Sie schüttelte den Kopf und schien einen Moment zu zögern. «Keine, mit denen ich etwas hätte anfangen können», sagte sie schließlich. «Straßenszenen. Leute in der Fußgängerzone, beim Spazierengehen im Park. Kunden im Einkaufszentrum, beim Schlangestehen.»
    Albrecht kniff die Augen zusammen. « Irgendwelche Leute?»
    «Für Falk hatten sie vielleicht eine Bedeutung, wer weiß? Eine ganz eigene Geschichte.»
    «Eine Geschichte?»
    Sie holte Luft. «Geheimnisse, Jörg. Das war es, was Falk fasziniert hat. Die Dinge, die sich nicht auf den ersten Blick erschließen. Die unsichtbar sind. Ich glaube, deshalb hat er fotografiert. Er war besessen von diesen großen, berühmten Bildern, die in einer einzigen Aufnahme eine ganze Geschichte erzählen: das kleine vietnamesische Mädchen, das nach einem Napalmangriff aus seinem Dorf flieht, die Flugzeuge, die ins World Trade Center rasen.»
    « Ich kriege nie das ganze Bild », murmelte Albrecht. « Nie die ganze Geschichte. »
    «Was?» Die dunkel

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