Öffne die Augen: Thriller (German Edition)
hat er dafür gesorgt, seine Daten zu sichern.«
» Barley oder Szpilman zuerst?«
» Barley. Der Anwalt hatte mir Fotos über die Konditionierung von Patienten gezeigt, aber da war noch ein Film. Ein Film, den Sanders seinen Patienten für die Gehirnwäsche zeigte.«
Sharko kam der Bitte nach. Er klickte die Datei Brainwash01.avi an.
» 01… Das könnte bedeuten, dass es ein Dutzend weitere gab.«
Bereits bei den ersten Bildern war den beiden Polizisten alles klar. Sharko drückte auf Pause und deutete mit dem Zeigefinger oben rechts auf das Bild.
» Der weiße Kreis… derselbe wie auf dem verdammten Kurzfilm.«
» Und derselbe wie bei den Crash Movies. Das Markenzeichen von Jacques Lacombe.«
Es trat eine lastende Stille ein, dann war Lucies helle Stimme zu vernehmen:
» Er hat für die CIA gearbeitet. Jacques Lacombe hat für die CIA gearbeitet.«
Lucie hatte das Gefühl, dass ein neuer Puzzlestein hinzukam. Die Teile fügten sich logisch und unerbittlich zusammen.
» Das erklärt, warum er sich 1951 in Washington niederließ, wo der Nachrichtendienst seinen Sitz hat. Es erklärt auch seinen Umzug nach Kanada, als es dort mit Mkultra voranging. Sie haben ihn rekrutiert. Anfangs haben sie sich für seine Filme interessiert, für seine Techniken, das Unterbewusstsein zu manipulieren. Dann haben sie Kontakt zu ihm aufgenommen und ihm, wie dem Psychiater, einen Tarnjob als Filmvorführer verschafft, sicher mit einem hübschen Geldpolster im Hintergrund.«
Sharko stimmte ihr zu:
» Sie haben die Besten der Welt angeworben. Wissenschaftler, Ärzte, Ingenieure und sogar Cineasten. Irgendjemand musste ja diese Videos herstellen, die dann den Patienten gezeigt wurden.«
Lucie nickte.
» Rotenberg sagte mir, dass es sich bei dem Programm mit den Kindern und den Kaninchen nicht um Mkultra handelte und dass der Arzt, der nie im Bild zu sehen ist, nicht Sanders war. Also…«
» Jacques Lacombe hat an zwei Programmen gearbeitet. An Mkultra mit Sanders in Barley und an dem Programm mit den Kindern, mit nämlichem Peterson oder Jameson in Mont-Providence. Die CIA wusste, dass sie ihm vertrauen konnte. Sie brauchte natürlich eine zuverlässige Person, um zu filmen, was sich in diesen weißen Zimmern abspielte.«
Lucie stand auf und schenkte sich ein Glas Wasser ein. Die Nacht der Trunkenheit und der Lust lag weit zurück. Nun übernahmen die Dämonen erneut das Feld. Sharko wartete, bis sie zurückgekommen war, und streichelte zärtlich ihren Nacken.
» Schaffst du’s?«
» Machen wir weiter…«
Er klickte auf Wiedergabe. Brainwash01.avi …
Lacombes Film, den man Sanders’ Patienten gezeigt hatte, war atemberaubend skurril. Eine Mischung aus schwarzen und weißen Quadraten, aus Strichen und Kurven, die sich wellenartig bewegten. Man hatte den Eindruck, sich in einer psychedelischen Zen-Welt zu befinden, wo der Geist nicht mehr wusste, woran er sich halten sollte. Die Quadrate auf dem Bildschirm verschoben sich mal langsam, mal schnell, die Wellen wurden größer, bevor sie verschwanden. Sharko ließ das Video in Zeitlupe laufen, und dabei wurden die verborgenen Bilder sichtbar.
Lucie runzelte die Stirn. Man sah verschiedene gekrümmte Finger, die sich um Schädel auf einem Tisch legten. Spinnen in Großaufnahme, die mit ihren Fäden Insekten mumifizierten. Eine riesige schwarze Wolke an einem sonst völlig klaren Himmel. Einen großen Kieselstein in einer Blutlache. Grauenhafte Absurditäten, die Jacques Lacombe so sehr schätzte.
Sharko massierte seine Schläfen. Er war erschüttert.
» Sie haben die Patienten sicher pausenlos damit konfrontiert. Zusammen mit der akustischen Untermalung aus den Lautsprechern dürfte das wirklich eine Gehirnwäsche bewirkt haben. Dieser Lacombe war genauso verrückt wie Sanders.«
» Es war wahrscheinlich das Bild, das sich der Cineast von einer psychischen Krankheit machte: Szenen, die zeigen, wie etwas Fremdes Einfluss nimmt auf den Geist, ihn gefangen nimmt und überrollt. Das alles sollte dazu dienen, eine Art Gehirnschock auszulösen. Genau wie Sanders wollte er die Krankheit abtöten, indem er sich direkt ans Unterbewusstsein wandte. Er wollte sie bombardieren, wie man heute Krebszellen mittels Laser beschießt.«
Sharko ließ die Maus los und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
» Barbaren… Wir sind hier mitten in der Welt des Wettlaufs um neue Entdeckungen gelandet, im Kalten Krieg, dem Kampf zwischen Ost und West, wo die Menschen zu jedem Opfer bereit
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