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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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verlangt ihr von mir?«
    »Verschwinde von hier. Geh nach Port Harcourt und berichte den Redakteuren, was hier geschieht. Wir sind hier mindestens eine Woche lang gefangen – du hast gehört, was er gesagt hat. Da draußen weiß niemand, was hier los ist. Diese Menschen brauchen Hilfe. Bald schon, in ein oder zwei Tagen, werden sie langsam sterben, wenn keine Hilfe kommt …«
    »Mein Redakteur wird nicht mit mir reden. Er hat mich gefeuert.«
    »Dann wende dich an Beke, meinen Chef. Er hat seine Möglichkeiten. Er hat seine Fehler, aber er kann mit den anderen Redakteuren reden. Er hat gute Beziehungen nach Lagos. Erzähl ihm, was hier vor sich geht. Du musst das machen. Und du musst es sofort tun.«
    Die Flucht aus dem Lager war leichter, als ich erwartet hatte. Ich zog das weiße Gewand über, das Naman mir gab, und verhielt mich unauffällig. Ich ging in den Wald und in Richtung Friedhof, hatte immer ein Auge auf die Soldaten, aber keiner schien sich für mich zu interessieren. Erst später sollte ich herausfinden, warum: Es war schlichtweg unmöglich, mit einem Boot von der Insel zu fliehen, selbst wenn es einem gelang, aus dem Lager zu entkommen. Die Boote waren von den Soldaten systematisch mit Kugeln durchsiebt worden, und die schmalen Einbäume hatte man zerhackt und nutzte sie als Feuerholz. Ich machte es so, wie Naman mir aufgetragen hatte, und wandte mich nach Norden hin zum Wasser, nachdem ich den Friedhof hinter mir gelassen hatte. Ich schwamm in die Flussmitte, und dann atmete ich tief ein und tauchte. Naman hatte gesagt, dass die Strömung hier so stark war, dass ich mich nur treiben zu lassen brauchte und so in die Nähe des Piers gelangen würde, an dem die Fischer ihre Kanus vertäut hatten, und wäre ich erst einmal in einem Kanu, bräuchte ich nicht lange zu paddeln, das Wasser würde mich zu Tamunos Dorf tragen, und dort würde mir Chief Ibiram helfen, nach Port Harcourt zu kommen.
    Doch als ich tauchte und auf den Grund kam, wurde alles um mich herum dunkel. Ich verlor das Bewusstsein. Als ich die Augen wieder aufschlug, befand ich mich am Ufer, die Beine im Wasser, den Kopf auf dem Sand, und über mir hart die weiße Sonne, die mir das Gesicht versengte. Ich stand auf und sah mich um, versuchte herauszufinden, wo ich mich befand und wie lange ich ohnmächtig gewesen war. Ich schleppte mich zur ersten Baumreihe. Links von mir konnte ich den Friedhofszaun erkennen. Ich war also nicht besonders weit gekommen. Der Pier war immer noch ziemlich weit weg, ungefähr einen Kilometer entfernt. Ich beschloss, immer mit Blick auf das Wasser unter den Bäumen weiterzugehen, bis ich zum Pier gelangte. Ich hatte großen Hunger und fühlte mich so schwach, dass ich schon nach den ersten Schritten zusammenbrach. Ich hoffte, dass ich mir nicht dasselbe Fieber wie Zaq eingehandelt hatte, wollte aber auch nicht weiter darüber nachdenken. Ich zwang mich hoch und ging weiter, musste mich aber ab und zu eine halbe Stunde hinsetzen, um meine wackeligen Beine auszuruhen, und als ich näher an den Pier herankam, hielt ich nach den Kanus Ausschau und nach den Soldaten, die dort vielleicht patrouillierten und nach streunenden Dorfbewohnern oder einfallenden Rebellen suchten.
    Viel, viel später trat ich aus dem Wald und machte mich, vom Hunger getrieben, auf den Weg ins Dorfzentrum, duckte mich hinter einen Baum, sobald ich ein Geräusch hörte. Ich kam an Häusern vorüber, deren Türen weit offen standen, sodass ich in die leeren Höfe hinein sehen konnte. Bei einigen Häusern waren Wände und Dächer entzwei, und der Rauch stieg immer noch aus dem Dachgebälk auf, andere waren erstaunlicherweise intakt und unberührt. Irgendjemand hatte die Tür von Glorias Mietshaus eingetreten, sie lag jetzt auf dem Boden, das Zinkbleck verbogen und zerrissen. Langsam schlich ich hinein, hielt mich dicht an der Wand. Der Platz in der Mitte des Gehöfts war mit allen möglichen Gegenständen übersät, die die Bewohner auf der Flucht zurückgelassen hatten: ein Damenschuh, eine Zeitschrift, ein zerschlagener Keramiktopf neben der Küchentür. Die Tür zu Glorias Zimmer stand offen, und ich ging hinein. Ich schaute auf die Spiegelscherben hinunter, die auf dem Fußboden lagen, sah den geöffneten Kleiderschrank und das eingeschlagene Fenster und stellte mir vor, wie die Männer sie hinaus gezerrt und sie geweint und gefleht hatte, sie zu verschonen. Ich setzte mich auf das Bett, auf dem wir uns einmal geliebt hatten. Gegenüber

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