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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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er die Nacht. Ich spürte, wie Hoffnungslosigkeit und Müdigkeit mich immer niedergeschlagener werden ließen, und ohne zu wissen, was ich tat, drehte ich mich zu ihm um und ergriff seine Hand. Mein Arm zitterte genauso stark wie seiner.
    »Was machen wir hier, Zaq? Es hat doch keinen Sinn. Es ist völlig sinnlos.«
    Gegen Morgen schlief ich ein, und als ich erwachte, sah ich Naman und Zaq miteinander flüstern und ich konnte meine Überraschung nicht verbergen, wie frisch und ausgeruht sie beide schienen. Zaq saß ohne Hilfe aufrecht und sprach klar und deutlich. Er lächelte mir zu.
    »Hallo.«
    »Wo ist Boma?«
    »Irgendwo in der Nähe.«
    Die Soldaten trieben uns wie eine Herde zum Strand, damit wir unsere morgendlichen Waschungen erledigten, die Frauen durch einen riesigen Felsbrocken von den Männern getrennt. Ich sah zu, wie die Männer ins Wasser gingen und wieder herauskamen, die Gesichter ins Wasser tauchten und sich unter den Achseln wuschen, die Gesichter ausdruckslos, die Bewegungen mechanisch. Manch einer versuchte ohne großen Erfolg, die Blutflecke aus den weißen Gewändern zu waschen. Ich saß mit ihnen am Strand, während sie warteten, dass ihre Gewänder trockneten. Einige hatten nur ihre Hosen an, andere nur die Unterhosen, ihre Blicke waren leer, verloren. Etwas später bemerkte ich, dass die Leute ins Lager zurück zogen. Vorn winkte sie ein Soldat zum Major hin, der eine Ansprache hielt. Er stand auf einem riesigen, noch schwelenden Baumstamm, blickte über die Menschen hinweg, Uniform und Stiefel wie immer makellos. Er hob sein Gewehr und beschrieb damit einen Kreis, der die Menge verstummen ließ.
    »Wir haben erfahren, dass die Rebellen, die gestern unsere Männer umgebracht und die schweren Zerstörungen auf eurer Insel zu verantworten haben, immer noch da draußen sind, nicht weit von hier entfernt, und vielleicht einen weiteren Angriff planen.«
    Die Männer sahen einander matt an, die Frauen zogen die Kinder dichter an sich heran.
    »Uns ist ebenfalls bewusst, dass es hier einige gibt, die mit den Rebellen sympathisieren, mit ihnen unter einer Decke stecken. Wir werden euch aufspüren und uns mit euch befassen. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Solange ihr tut, was wir sagen, werdet ihr sicher sein. Es wird euch nichts geschehen. Ihr werdet mindestens eine Woche lang auf dieser Insel gefangen sein. Keiner kommt rein, keiner fährt raus. Ihr habt ausreichend Nahrung hier. Und für eure Verletzten haben wir einen Arzt. Man wird ihn heute hierher bringen, damit er eure Wunden versorgt. Er ist gut. Er hat mir einmal das Leben gerettet, als ich …«
    Unter den Menschen hob ein Murmeln an, das sich bald zu einem Aufschrei steigerte. Der Major verstummte und schaute auf die Menschen herunter. Nervös brachten seine Männer die Gewehre in Anschlag, und der Tumult legte sich so plötzlich, wie er aufgekommen war. Der Major senkte sein Gewehr und wandte sich wieder an die Menge.
    »Ihr könnt wegtreten.«
    »Wenn du willst, kannst du ganz einfach von hier verschwinden.«
    Ich sah Zaq an. Seit wir von der Ansprache des Majors zurück waren, hatten Naman und er erneut miteinander getuschelt, und ich hatte mich gefragt, was sie flüsternd besprachen. Jetzt wusste ich es. In einiger Entfernung, neben den Trümmern dessen, was einmal die Gemeinschaftsküche gewesen war, hatte man eine Art Feldküche aufgebaut, von den Frauen überwacht, über die wiederum die Soldaten wachten. Vor den dreieckigen Herdstellen hatte sich eine Schlange aus hungrigen Männern, Frauen und Kindern gebildet.
    »Verschwinden, und wohin? Außerdem ist meine Schwester hier. Ich muss mich um sie kümmern. Und was dich angeht, Zaq, dich müssen wir nach Port Harcourt bringen.«
    »Mach dir um mich keine Sorgen. Auch deiner Schwester wird nichts passieren. Das Schlimmste haben wir hinter uns, denke ich.«
    Boma befand sich bei den Kochstellen inmitten einer Frauengruppe. Ich konnte ihre rote Bluse sehen, die aus der Traube weißer Gewänder heraus leuchtete, die sie umgab. Sie eilte hierhin und dahin, stellte die Kinder in einer ordentlichen Reihe auf, löffelte Brei aus einem Topf in Tassen und Schalen und lachte. Sie sah richtig glücklich aus, und einen Augenblick lang begann auch ich fast zu glauben, dass das Schlimmste überstanden war.
    »Was verlangt ihr von mir?«
    »Es geht nicht darum, was wir von dir verlangen, es geht darum, was getan werden muss, und es ist nun mal so, dass du der einzige bist, der es tun kann.«
    »Was

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