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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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stand der Stuhl, auf dem ich gesessen hatte, als sie mir den
Jollof
-Reis aufgetischt hatte. Bei dem Gedanken an etwas zu essen knurrte mir der Magen, meine Knie gaben nach und mir wurde klar, dass ich in den Schrein zurückkehren und Zaq gestehen musste, dass ich versagt hatte. Vorher musste ich mich aber ausruhen. Ich legte mich hin und schloss die Augen; als ich sie wieder aufschlug, war es dunkel. Ich schwitzte und zitterte, mein Mund war ausgetrocknet und ich konnte fühlen, wie die Hitze aus meinem Körper aufstieg. Ich hatte mir auf jeden Fall etwas eingefangen. Ich rollte mich auf dem Bett zusammen, beobachtete den Hof durch die geöffnete Tür; ich war zu schwach, um mir noch Gedanken darüber zu machen, was geschehen würde, wenn mich die Soldaten entdeckten.

17.
    Draußen strahlt die Sonne. In der Hütte rede ich mit Zaq; es ist einer dieser Tage, an denen er lebhaft und energiegeladen aussieht.
    »Hast du Anita wirklich geliebt? Kann man so jemanden trotz solcher Fehler weiter lieben? Vielleicht, weil man ihn retten will? Oder weil man nicht dagegen ankommt? Geht es in der Liebe nicht darum?«
    Zaq antwortet nicht. Er wendet das Gesicht ab, doch unmittelbar davor sehe ich den Schmerz, die Verbitterung, auf diesem Gesicht. Die Traurigkeit steht in einem derartigen Gegensatz zu dem schönen Tag da draußen, dass es mir leid tut, diesem herrlichen Tag einen bitteren Beigeschmack gegeben zu haben, doch möchte ich aus gutem Grund unbedingt seine Antwort hören. Er spricht mit sanfter, trauriger Stimme.
    »Was soll das? Das ist alles nur noch Erinnerung.«
    Anita starb in einem Londoner Gefängnis. Sie erhängte sich im Waschraum. Die Nachricht schaffte es nicht auf die Titelseiten der Zeitungen in Lagos, sie war nur eine kurze Meldung auf den hinteren Seiten von ein oder zwei Provinzzeitungen wert.

    Stimmen. Flüstern. Vielleicht die Soldaten. Dann schrie ein Kind, und ich fürchtete, dass ich mir alles nur einbildete. Ich ließ mich vom Bett gleiten und kroch auf allen vieren zur Tür. Es war dunkel, und die Stimmen kamen aus einem der vielen aufgebrochenen Zimmer zu meiner Rechten oder Linken. Ich wartete, hielt den Atem an, und auf einmal sah ich ein Licht flackern, das sofort wieder erlosch. Das waren keine Soldaten – die wären lauter und dreister. Ich stand auf und schob mich auf den Raum zu, aber kurz vor der Tür stieß ich mit dem Fuß an eine leere Blechbüchse, und das hatte ein kurzes huschendes Geräusch im nächsten Zimmer zur Folge. Dann herrschte Stille.
    »Hallo.«
    Schweigen.
    »Ist da jemand? Ich bin ein Freund. Ich weiß, dass ihr mich hören könnt.«
    Meine Stimme zitterte, meine Beine wollten nachgeben und ich musste mich mit beiden Händen am Türrahmen festhalten, um nicht umzusinken.
    »Ich bin ein Freund. Ich komme jetzt herein. Hier bin ich.«
    Die Nacht war mondlos, und das Zimmer bestand nur aus vagen Umrissen und Buckeln. Ich hielt den Atem an und wartete, und kurz darauf hörte ich Atmen, Bewegungen. Ich riss mich zusammen, obwohl ich erwartete, dass irgendetwas aus der Finsternis schnellen und in meinem Gesicht landen würde, aber stattdessen wurde ein Streichholz angerissen und ein Gesicht tauchte hinter seinem Glimmen auf. Eine Kerze wurde angezündet. Es war ein Mann. Er hockte in der Ecke auf dem Fußboden. Er hob die Kerze, drehte sein Gesicht zur Seite und versuchte, mein Gesicht zu erkennen. Ich trat ein und konnte hören, wie sich andere Gestalten in der Ecke bewegten, noch von der Finsternis verborgen, und mich anstarrten.
    »Ich heiße Rufus. Ich bin allein.«
    Ich redete ohne zu überlegen, bemühte mich, so viele Vertrauen weckende Informationen wie möglich zu vermitteln. Sein Gesicht konnte ich nicht sehen; er deckte die Kerze mit der Hand ab, sodass das Licht nur in meine Richtung schien.
    »Ich bin Reporter.«
    »Reporter?«
    Es sah so aus, als blickte der Mann in den dunklen Teil des Raums, als wollte er den anderen im Schatten seine Überraschung mitteilen.
    »Ja. Ich bin Reporter und komme aus Port Harcourt.«
    »Was machst du hier so ganz allein?«
    Jetzt stand für mich fest, dass er ungefährlich war.
    »Bitte, habt ihr irgendetwas zu essen für mich? Ich habe großen Hunger.«
    Er stand auf und verschwand hinter dem Licht, dann hörte ich es flüstern, die Stimme einer Frau, leise. Er kam zurück und hielt etwas in der Hand, das er mir gab. Es war ein Stück Fleisch, getrocknet, gummiähnlich, pikant. Ich setzte mich auf den Fußboden und aß,

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